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Lokalradio-Macher Andreas Nickl: „Das Lokalradio profitiert vom Niedergang des Printsegments"

Vor der Radio-Marktanalyse am Mittwoch stellen wir ein paar unbequeme Fragen: Andreas Nickl über den Nervfaktor der Dauerrotation, Angst vor Spotify und seine positive Zukunftsvison vom Radio 2027.

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Zur Person: Andreas Nickl

Andreas Nickl sammelte seine ersten journalistischen Erfahrungen schon während des Studiums der Kommunikationswissenschaft bei seinem heutigen Arbeitgeber Radio Charivari. Nach dem Studium volontierte er bei der Gemeinschaftsredaktion der Bayerischen Lokalradios, wechselte zum Bayerischen Rundfunk und kehrte wieder zum Bayrischen Lokalradio zurück - als stellvertretender Chefredakteur. Parallel dazu war Nickl als Programmberater für Radio Chiemgau tätig. Heute ist er Sendeleiter bei seiner ersten beruflichen Station: Radio Charivari und dem Schwestersender Radio Galaxy.
Herr Nickl, wie gehts dem Radio?
Gar nicht so schlecht, denn Totgesagte leben länger. Es geht uns seit den letzten Jahren sogar etwas besser. Das Lokalradio profitiert ein bisschen vom Niedergang des Printsegments, denn gerade Kunden, die reine Onlinewerbung noch nicht wollen, aber gleichzeitig die immer kleinere Verbreitung der lokalen Printmedien merken, landen bei uns, beim Lokalradio.

Welche Rolle hat das Radio denn noch, wo doch das Internet längst die Rolle als schnellstes Informationsmedium vom Radio übernommen hat?
Man muss da unterscheiden zwischen den Sendern, die landesweit verbreitet sind und Sendern, die nur lokal senden. In Teilen ist gerade im lokalen Bereich das Radio immer noch das erste Informationsmedium. Hier bei uns in Rosenheim gibt es ein großes Lokalportal, Rosenheim24, die durch die lokale Berichterstattung auch wieder ein Interesse am Lokalen erweckt haben. Davon profitieren wir. Man teilt sich die Arbeit: Früher haben die elektronischen Medien die ersten Informationen geliefert und die Tageszeitung dann vertieft. Heute ist es bei uns im Lokalen so, dass das Radio oft immer noch als Erstes berichtet, später findet man dann einen ausführlichen Bericht im Netz. Das merken wir immer wieder an Rückmeldungen ins Studio oder auf unseren Social Media Kanälen.

Auf der Facebook-Homepage von Radio Charivari haben Sie momentan 8.000 Fans, aber es findet kaum Interaktion statt.
Die Interaktionen sind nicht sehr umfangreich, aber wir merken, dass die Verbreitung über die sozialen Medien relativ viele Menschen erreicht, gerade dann, wenn wir außergewöhnliche Ereignisse haben. Vor ein paar Jahren hatten wir in der Stadt ein großes Hochwasser und die Menschen haben sich per Facebook und im Studio gemeldet. Wir haben die vielen Informationen mit unseren eigenen abgeglichen und dann weitergegeben, beispielsweise wo es gerade am schlimmsten ist.

Welchen Stellenwert hat das Wort bei Radio Charivari?
Wir sind kein reiner Wortsender und kein Infokanal und senden die üblichen Wortanteile von Formatradios. Der Wortanteil an sich ist aber auch nicht so wichtig, sondern das Wort an sich. Bei uns kommt das aus der Region, denn wir berichten aus der Region und das unterscheidet uns. Die beste Musik spielen heute alle Radiosender. Auch als Lokalsender muss man ein durchhörbares Programm liefern.

Aber die Inhalte werden ihnen doch durch einen Dienstleister zugeliefert.
Zugeliefert werden uns nur die überregionalen Inhalte, denn auch bei uns vermelden wir, was Präsident Trump gerade twittert. Das gehört zur Grundversorgung.

Die SWR-Journalistin Sandra Müller sagte vor Kurzem bei uns im Interview, dass Radiomacher die Angst haben, dass das Wort ein Abschaltfaktor ist und man deswegen mit Musikbetten suggeriert, dass es gleich wieder vorbei ist. Stimmen Sie dem zu?
Das stimmt teilweise. Der Einsatz von Musikbetten ist aber in den letzten Jahren zurückgegangen und aus den Auswertungen, die beispielsweise die Landesmedienanstalten machen, geht hervor, dass die Durchhörbarkeit durch Musikbetten nicht unbedingt gesteigert wird.

Wenn ich hier im Büro den ganzen Vormittag Radio Galaxy höre, habe ich am Ende zum Beispiel zwei oder drei Mal „Dye my hair“ gehört. Unsere Hörer hören uns aber nicht den ganzen Vormittag.
Radiomacher Andreas Nickl
Bei Radio Charivari haben Sie gerade 1500 Titel in der Rotation, bei Radio Galaxy 600. Welchen Titel können Sie nicht mehr hören?
600 Titel in der Rotation bei Radio Galaxy ist ziemlich hochgegriffen. Und es gibt sogar eine Menge Titel, die ich nicht mehr hören kann, was aber vor allem daran liegt, dass ich dauernd Radio höre. Wenn ich hier im Büro den ganzen Vormittag Radio Galaxy höre, habe ich am Ende zum Beispiel zwei oder drei Mal „Dye my hair“ gehört. Unsere Hörer hören uns aber nicht den ganzen Vormittag. Man darf die enge Rotation da auch nicht zu sehr verteufeln. Wenn ich an die durchschnittliche Hördauer denke, bekommt man als durchschnittlicher Hörer Alma nur zweimal zu hören - in der Woche.

Sie sind als Sendeleiter also vom eigenen Musikprogramm genervt.
Nein, ich glaube, dass niemand so viel Radio hört, wie wir unseren eigenen Radiosender hören. An manchen Tagen höre ich 12 Stunden Radio Galaxy oder Radio Charivari. Und dann schalte ich manchmal noch zur Konkurrenz, das ist bei uns der Platzhirsch Antenne Bayern, das völlig unterschätzte Bayern 1 und aus der Nachbarschaft Ö3.

Lesen Sie auf der nächsten Seite: Worauf Andreas Nickl beim Hören der Konkurrenz achtet, wieso die wichtige Zeit für ihn die bis April ist und wieso Funkanalysen zwar fehlerbehaftet, aber trotzdem wichtig sind.
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07.03.2017 11:45 Uhr Kurz-URL: qmde.de/91591
Sascha Blättermann

super
schade

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Es gibt 8 Kommentare zum Artikel
rosebowl
07.03.2017 19:28 Uhr 6

Mir ist ein Schlumpf immernoch lieber als ein Bazi oder Dosenfan ;)



Das klingt interessant, aber ich befürchte, Radio Bremen kriege ich hier ganz im Süden nicht. Und ich hör lieber über meine Anlage als über Laptop...
Traber
07.03.2017 20:18 Uhr 7
Ich sags mal so, drücke international jedem deutschen Verein die Daumen, auch Mittwoch gegen Benfica, nur einem nicht. Hab sogar gejubelt als ihnen Manu vor Jahren ihnen in den letzten 3 Minuten 2 eingeschenkt hat.

Arroganz pur und kein Bundesligist ist seit Beckenbauers Zeiten dermaßen von den Schiris bevorteilt wurden, wie dieser Club.



Ich kanns auch nur über Internet hören, also jetzt nicht die Bayern.
Gnutzhasi
08.03.2017 10:01 Uhr 8
Ob die Ansichten des Herrn alle so stimmen ? Es gibt genug Leute die den ganzen Tag, auch vielleicht nur im Hintergrund, bei einem Sender bleiben (Arbeitsplatz, Küche etc) Wenn man dann z.B. bei Sendern wie Gong 96.3 bleibt, dann denkt man eher an Gehirnwäsche. Schlechte Moderation, nervige Stimmen, grottige Musikauswahl, klar , bei einer so kleinen Auswahl, Regionales was kaum interessiert, Werbung die nicht zur Zielgruppe paßt und als Krönung das einschleimende "Du"! Wider besseres Wissen wird sich dann noch in der Tagespresse mit riesigen Anzeigen als erfolgreicher Sender hingestellt.
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