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'Auch Factual-Content wird vom Netflix-Erfolg profitieren'

...sagt Historys Director Production, Emanuel Rotstein. Sein «Kapt'n Kasi» rund um einen schrulligen Berliner Schrauber startet am Montag. Gemeinsam mit Produzent Christoph Bauer spricht er mit uns exklusiv über ungewöhnliche Charaktere und die Zusammenarbeit mit Promis.

Infobox: Die Befreier

Am 29. April 1945 befreiten amerikanische Truppen das nahe München gelegene Konzentrationslager Dachau. Anlässlich des 70. Jahrestages berichteten ehemalige Häftlinge und US-Soldaten in der deutschen History-Eigenproduktion „Die Befreier“ von ihren Erlebnissen. Der Befehl lautete zunächst, ein vermeintliches Waffen- und Benzinlager in Dachau zu „zerstören und dann weiterzuziehen“. Doch was die US-Soldaten vorfanden, überstieg jede Vorstellungskraft: Zugwaggons voller Leichen und ein Lager mit 32.000 inhaftierten Menschen, alle dem Tode nahe. In der History-Dokumentation «Die Befreier» berichten US-Veteranen und ehemalige Häftlinge von den Erlebnissen, die ihr Leben veränderten und noch heute prägen. Einige der Zeitzeugen treten in der Produktion zum ersten Mal vor die Kamera. Neben den exklusiven Interviews mit Zeitzeugen dokumentieren teilweise unveröffentlichte Farbaufnahmen die Ereignisse. Nächster «Die Befreier»-Ausstrahlungstermin im deutschsprachigen Raum: 13.12.2015 um 17.50 Uhr auf History.
Es sind gute Tage aktuell für Emanuel Rotstein, beim TV-Sender History in Deutschland als Director Production für eigenproduzierte Formate zuständig. Am zurückliegenden Wochenende schaffte es seine deutsche Produktion «Die Befreier» zum amerikanischen Muttersender. Die Dreharbeiten dazu endeten im Frühjahr, wenig später feierte die bewegende TV-Doku Weltpremiere im deutschsprachigen Raum. Erstmalig in der Geschichte des Pay-TV schafft eine solche Produktion somit den Sprung in die Staaten – und erreicht theoretisch 98 Millionen Haushalte. Für History ist «Die Befreier» aber nur eines der Projekte, die schon umgesetzt wurden. Mit « Der elfte Tag – Die Überlebenden von München 1972 » machte der Bezahlsender vor vier Jahren hierzulande den Anfang, «Die Legion – Deutscher Krieg in Vietnam» folgte 2013. Mit «Käpt’n Kasi – Auf hoher Spree» folgt ab dem 16. November nun die nächste Stufe – nach zwei Staffeln „Rost’n’Roll – Kasis Werkstattgeschichten“ eine weitere eigenproduzierte Factual-Serie des Senders. Verantwortlich dafür: Emanuel Rotstein, der fest daran glaubt, dass Factual-Entertainment ein Genre der Zukunft ist.

In der Tat ist es so, dass vor allem weltweit das Genre Serie im Fokus steht. Anbieter wie Netflix oder Amazon investieren derzeit hauptsächlich in diese Richtung. „Am Ende geht es in jedem Format aber um die Identifikationsfiguren“, sagt Rotstein im exklusiven Quotenmeter.de-Doppelinterview zusammen mit Christoph Bauer, der „Käpt’n Kasi – Auf hoher Spree“ als Geschäftsführer des Produktionspartners Propellerfilm verantwortet. Entsprechend falle Emanuel Rotstein die trennscharfe Unterteilung zwischen Fiction und Non-Fiction auch zunehmend schwerer. Ein Format wie das nun startende «Käpt’n Kasi», das früher als Doku im weitesten Sinne durchgegangen wäre, will er heute lieber als Factual-Entertainment benannt haben. „Ich bin mir sicher, dass wir durch den weltweiten Erfolg von Netflix, der freilich hauptsächlich auf Fiction-Content beruht, unterschiedliche Modelle bekommen haben, wie künftig auch mehr Factual-Content verbreitet werden kann“, sagt der History-Mann. Produzentenkollege Christoph Bauer stimmt ihm zu: Dass lokale deutsche Serien von Netflix oder Amazon alsbald realisierbar sind, glaubt er nicht. „Man sieht an «Babylon Berlin» von Sky, wie lange so etwas dauern kann. Bei Netflix stehen die Produzenten doch Schlange. Aber bis da etwas passiert, wird noch viel Wasser die Spree hinunterfließen“, so Bauer.

In Deutschland eine gute Idee zu finden für lokale Eigenproduktionen, ist ziemlich einfach. Die Sender geben den Machern in der Regel nur zu selten eine Chance, auch ungewöhnliche Charaktere zu präsentieren.
Christoph Bauer, Produzent von «Käpt'n Kasi»
Netflix vergleicht Rotstein gerne mit der Marke „Tempo“ auf dem Markt der Papier-Taschentücher. Andere Anbieter wie maxdome oder watchever, die es in Deutschland schon länger gibt, hätten ähnliche Vorabarbeit geleistet, meint er. Um mit einem Produkt nun erfolgreich zu sein, brauche es eine gute Idee und einen tollen Cast. Und History hat es sich auf die Fahnen geschrieben, mit lokalen Produktionen in seinen jeweiligen Märkten Presse und Publikum zu begeistern. In Deutschland hat man sich dafür Tobias Kasimirowicz ausgeschaut. Kasimirowicz ist nun ein weniger geeigneter Name, weshalb der schrullige Berliner auf den Namen „Kasi“ hört. Christoph Bauer von Propellerfilm: „In Deutschland eine gute Idee zu finden für lokale Eigenproduktionen, ist ziemlich einfach. Die Sender geben den Machern in der Regel nur zu selten eine Chance, auch ungewöhnliche Charaktere zu präsentieren.“

Zur Person: Christoph Bauer

Christoph Bauer begann seine Karriere Anfang der 1990er-Jahre als Autor und Redakteur der Jugendkultursendung «Live aus dem Schlachthof» (BR/ARD), die er von 1992 bis 1996 auch moderierte. Als Regisseur drehte er in dieser Zeit eine Vielzahl von Auslandsreportagen und Dokumentationen für die ARD, die ihn u.a. nach Vietnam, Thailand, Südafrika, Canada und in die USA führten. Es folgten unzählige Reportagen und Doku-Produktionen überwiegend für die öffentlich-rechtliche Fernsehlandschaft. Nach weit über 100 Regiearbeiten in unterschiedlichen TV-, Film- und Videoproduktionen wechselte er schließlich auf die Produzentenseite und gründete 2006, zusammen mit Felix Blum, die Film- und Fernsehproduktion Propellerfilm, die in den letzten Jahren eine Vielzahl von Dokumentarstoffen und TV-Formaten realisierte, darunter «Bauer ermittelt» (ZDFneo), «Cowboy & Dandy» (ProSieben MAXX) und «Rost’n’Roll» (History).
Genau so einer ist dieser Kasi: Manch einer würde ihn als komischen Kauz bezeichnen. Eigentlich hat Kasi nur eine große Leidenschaft – und das sind Autos und andere reparaturbedürftige Dinge. Dieses Talent hat ihm schon zwei Staffeln der Serie «Rost’n’Roll – Kasis Werkstattgeschichten» bei History verschafft. Produzent Christoph Bauer von Propellerfilm, die beide Formate umgesetzt hat, erinnert sich auch noch genau daran, wie man Kasi für das Fernsehen entdeckt hat. „Uns geht es darum, dass wir an das Charisma und die Authentizität von US-Protagonisten in Factual-Formaten herankommen“, erklärt er und bezeichnet „seinen“ Kasi als Lebenskünstler, wie er im Buche steht. Eigentlich hat Kasi mit ein paar Kumpels eine Schrauberwerkstatt in der Hauptstadt. Als sich Kasi zum ersten Mal mit den Leuten vom Fernsehen traf, wurde vor allem auch über sein Auto, einen Maxi (kein Mini!) gesprochen. „Er sprühte einfach vor Witz“, ergänzt Emanuel Rotstein. „Und er hat damals schon mit geschichtlichem Wissen gepunktet.“ Sofort war klar: Diesen „Kasi“ kann man nicht stellen oder inszenieren – er würde immer er bleiben. So punktet er nun auch im neuen Format, in dem er auf einem anfangs sehr klapprigen Boot über die Berliner Gewässer fährt und Folge für Folge Gaststars begrüßt. „Kasis Universum muss immer echt sein“, betont Rotstein. Heißt: Was seine Kumpels in den Kasi-Formaten heranschleppen, hätten sie auch ohne Kamera und ohne Drehbuch herangetragen.

Für die TV-Formate werde lediglich die Handlung in geordnete Bahnen gebracht. „Scripted Reality“ nennt das Produzent Christoph Bauer – wenngleich damit nicht das meint, was der durchschnittliche Zuschauer bei diesem Begriff denkt. Geschrieben sei das grobe Drumherum, der Aufbau der Sendung. Pure Reality sei Kasi, wenngleich er in der neuen Produktion mit Themen rund um Hausboote und das Leben auf dem Wasser zu tun bekommt, die völlig neu für ihn sind. „Anfangs haben wir uns überlegt, wie man einen Charakter wie Kasi dann im Fernsehen entwickeln kann. Da ging es in die eine und die andere Richtung. Am Ende wurden wir immer eines Besseren belehrt, weil Kasi einfach Kasi geblieben ist.“

In der neuen sechsteiligen Sendung begrüßt Kasi auf seinem Boot Schauspielerin und Moderatorin Nova Meierhenrich, Schauspielerin Mariella Ahrens, Schauspieler und Ex-«Das Boot»- Besatzungsmitglied Claude-Oliver Rudolph, Sänger und Hausboot-Bewohner Gunter Gabriel, Schauspieler und Moderator Thomas Ohrner sowie Schauspieler Gedeon Burkhard. Die Prominenz für ein Format von History zu begeistern, sei gar nicht so schwer gewesen. Eine Tatsache, die man der eigenen Pionierarbeit und auch der von Sky zu verdanken habe. „Sky hat in den vergangenen Jahren wirklich viel richtig gemacht“, lobt Rotstein. Das einstige Schmuddelimage von Vorgänger Premiere sei komplett verschwunden. „Diese Hürde in Sachen Überzeugungsarbeit müssen wir bei Prominenten also nicht mehr nehmen“, erklärt Rotstein. „Hannes Jaenicke etwa, der für uns schon Dokus vertont hat, kennt History zudem aus den USA sehr gut. Wir profitieren also auch von unserem weltweit guten Image.“

Zur Person: Emanuel Rotstein

Vor seiner Tätigkeit für A&E und History war Emanuel Rotstein Redaktionsleiter bei der Münchner MPR Film und Fernseh-Produktion GmbH, wo er eine Reihe von hochwertigen Primetime-Dokumentationen und Eventmovies für den nationalen und internationalen TV Markt realisieren konnte. Emanuel Rotstein ist Absolvent der University of Westminster in London und seit 2010 Juror der International Academy of Television, Arts & Sciences. Seit November 2010 ist er für History und A&E tätig, Mit seinen Eigenproduktionen stärkt A+E Networks Germany die Lokalisierung der Sender im deutschsprachigen Verbreitungsgebiet. Seine TV-Karriere begann Rotstein Ende der 1980er-Jahre: als Studiokind im Kinderfernseh-Klassiker «Bim Bam Bino» (Tele 5).
In der Kasi-Sendung geht es neben Unterhaltung auch um die Vermittlung von geschichtlichem Wissen. Mit seinem Hausboot ist Käpt’n Kasi immer auf der Suche nach dem spektakulären oder nostalgischen Fund. Das möge eine neue Form von Geschichts-Fernsehen sein, gibt Rotstein zu. Sie sei aber längst nicht die einzige, die heutzutage funktioniere, sagt er und verweist darauf, dass im Programm von History durchaus noch sehr klassische Geschichts-Dokus zu finden seien. Eines aber verbinde alle Formate: „Wir wollen Protagonisten zeigen oder Perspektiven, die so noch nie im deutschen Fernsehen zu sehen waren. Unser Format mit Kasi zeigt letztlich, dass an jeder Ecke im Alltag spannende Geschichte steckt.“ Das weckt auch Begehrlichkeiten beim Free-TV. Für ProSieben machte der History-Partner und „Käpt’n Kasi“-Co-Produzent Proppellerfilm das Format «History Now», für Sat.1 liefert er Anfang Dezember eine begleitende Dokumentation zum Fiction-Event «Mordkommission Berlin 1» über die Ermittlungsarbeit der Polizei im Berlin der 20er Jahre. Kasis «Rost’n’Roll» wurde längst im Free-TV bei N24 gezeigt. Verkauft wurde es auch nach Japan, Polen und Kanada. „Das ist für uns aber eher ein Zubrot“, meint Rotstein. Aber ein Schönes. „Der primäre Anspruch einer solchen Produktion ist es nicht. Der wichtigste Punkt ist es, dass wir lokalisierte Formate auf den Sender bringen, die Aufmerksamkeit generieren. Aber wenn Free-TV-Sender dann mal über den Tellerrand blicken und auf unsere Produktionen aufmerksam werden, sind wir durchaus glücklich.“
15.11.2015 23:25 Uhr Kurz-URL: qmde.de/81945
Manuel Weis

super
schade


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