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Die Kritiker: «Nur eine Nacht»

Toller Gesang, wenig anderes dahinter: Das ZDF lässt einen Film aus der Reihe tanzen.

Inhalt


Hinter den Kulissen

  • Regie & Drehbuch: Thorsten Näter
  • Kamera: Joachim Hasse
  • Schnitt: Julia von Frihling
  • Casting: Gitta Uhlig
  • Originalmusik: Ingo Ludwig Frenze & Alex Geringas
  • Choreographie: Marvin A. Smith
Für den Musikproduzenten Marc Simon muss dringend ein neuer Erfolg her, um sich beruflich wieder zu beweisen – und so ganz nebenher erträumt er sich, durch die Erarbeitung eines von Teamwork getragenenen Musicals auszudrücken, welch gemeinschaftlich denkender Mann er sein kann. Dies würde seine Chancen bei seiner Ex-Frau, der Profi-Sängerin Ina, immens erhöhen. Und es sieht gut aus für Marc, folgen doch 28 überaus talentierte Jugendliche seinem Castingaufruf.

Aber sowohl Marcs Hoffnungen als auch die der 28 verzweifelten, desillusionierten Jugendlichen, die in ihrem Leben kaum noch etwas anderes als die Musik haben, werden auf eine harte Probe gestellt, als bekannt wird, dass es arge Probleme mit dem Hauptsponsor des Musicals gibt. Die Vorbereitungszeit reduziert sich radikal – nämlich auf nur eine einzige Nacht ...

Darsteller


Pasquale Aleardi («Männerherzen... und die ganz ganz große Liebe») als Marc Simon
Yvonne Catterfeld («Das Mädchen auf dem Meeresgrund») als Ina Grede
Matthias Brenner («Das Hochzeitsvideo») als Walter Bolt
Gudrun Gundelach («Allein unter Bauern») als Hannah Pehlke
Patrick Baehr («Schloss Einstein») als Ollie
Jesse D'Lane («Liebling, weck die Hühner auf») als Ronnie

Kritik


Der Musical-Fernsehfilm «Nur eine Nacht» ist eine dieser TV-Produktionen, die zwiegespaltene Reaktionen bei einem Zuschauer hervorzurufen vermögen. Einerseits hat sich die Produktion aus dem Hause Relevant Film jedes erdenkliche Lob verdient: In Zeiten, in denen die deutsche TV-Fiction unter rigidem Sparzwang leidet und sich daher solche abstoßenden Auswüchse wie Scripted Reality stehen lässt, ist es nur zu begrüßen, dass ein Fernsehsender ins kalte Wasser springt und einen aufwändigen Fernsehfilm in einem kaum erprobten Genre versucht.

«Nur eine Nacht» bietet zwar keine besonders prachtvollen Kulissen, mit einer nahezu endlosen Schauspielerliste, komplexen Choreographien sowie einem feschen Mix aus neu arrangierten Versionen altbekannter Songs und neuen Liedern ist „der Film, der aus der Reihe tanzt“ im deutschen Fernsehfilmsektor genau das, was ihm das ZDF als Etikett aufdrückt. Zwischen drei Dutzend Krimifilmen, einem Dutzend lauwarmer Romantikkomödien und vereinzelten Gesellschaftsdramen fällt ein Musical mit eingängiger Musik und starken Stimmen positiv auf und verspricht nicht nur Abwechslung, sondern auch, dass Fernsehdeutschland tatsächlich noch gewillt ist, sich neues auszudenken.

Auf der anderen Seite ist «Nur eine Nacht» auch ein Film, über den Liebhaber durchdachter, klassischer Musicals nur den Kopf schütteln dürften. Denn dieser ZDF-Film macht inhaltlich ähnlich desaströse Antiwerbung für das Genre wie der 2012 in die Kinos entlassene Musicalunfall «Rock of Ages» mit Tom Cruise. In beiden Fällen ist die Handlung nahezu nonexistent, und das bisschen Story ist voller hölzern abgehandelter Klischees. Die jugendlichen Figuren in «Nur eine Nacht» sind genau die Standard-Abziehbildchen, die man bei Geschichten über eine große Gruppe von jugendlichen Künstlern erwartet: Die Reiche, deren Vater nicht will, dass sie sich mit Pöbel abgibt. Der krasse Ghetto-Typ, der in seiner Hood verlacht wird, weil er sich mit Pussykram wie Musicals beschäftigt. Der Schüchterne. Und so weiter. Charakterisiert werden diese Figuren, indem sie offen heraus genau das über sich sagen, was das Publikum wissen muss (zum Beispiel: „Isch bin aus dem Ghetto!“), mehr darf man vom Skript nicht erwarten. Die Handlung fällt noch dünner aus und so ist es zwischen den zahlreichen Songs, die nahezu durchgehend den Fortlauf des Plots anhalten statt ihn voranzutreiben, nicht möglich, eine Bindung zu den Figuren zu erstellen oder sich als Zuschauer emotional besonders für das Gelingen oder Scheitern der Show zu reizen.

Wie soll da nun also ein Fazit zu «Nur eine Nacht» aussehen? Einerseits sind die Neuinterpretationen der Songs gelungen, die Choreographien einfallsreich und voller Schwung, was manche der Jungschauspieler in den Dialogszenen nicht hinbekommen, machen sie durch herausragende Singstimmen wett und die Frontdarsteller Yvonne Catterfeld und Pasquale Aleardi harmonieren toll mit ihren weniger erprobten Kollegen. Gleichwohl haben 90 Minuten «Nur eine Nacht» weniger Handlung als eine Folge «Glee» vor ihrer ersten Werbeunterbrechung, so dass dieser Musicalfilm letztlich kaum mehr ist als eine lose verknüpfte Aneinanderreihung von Gesangsmomenten. Da hat tatsächlich eine Ausgabe «Deutschland sucht den Superstar» einen solideren Spannungsbogen. Somit gibt es 90 Prozent für die Idee, den Mut, etwas Neues im deutschen Fernsehen zu tun und die Musik und 30 Prozent für die inhaltliche Umsetzung. Anders gesagt: Der Kandidat ist ambitioniert, in seinem Können jedoch sehr einseitig.

«Nur eine Nacht» ist am Samstag, den 1. Juni 2013, ab 20.15 Uhr auf ZDFneo zu sehen und am Donnerstag, den 6. Juni 2013, ab 20.15 Uhr im ZDF.
31.05.2013 12:00 Uhr Kurz-URL: qmde.de/64089
Sidney Schering

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