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360 Grad: We've Got the Power

Mit dem «TV Lab» will ZDFneo seine Zuschauer Programmmacher spielen lassen. Kann das funktionieren? Ein Kommentar.

Das ZDF traut sich mal etwas. Besser gesagt der kleine Schwestersender ZDFneo, der erst einmal Versuchskaninchen spielen darf. Im Rahmen des Projektes «TV Lab» will man zwischen dem 27. August und dem 3. September zehn von insgesamt 91 produzierten Piloten zeigen, von denen einer schließlich in Serie gehen wird.

Welcher das sein wird, darüber werden die Zuschauer via Internetabstimmung entscheiden – nicht die Einschaltquoten. Das ist vielleicht der kleine, aber feine Unterschied. Denn so wird nun eine engagierte Fanbase, der ein paar Klicks diese Mühe wert sind, den Ausschlag über Gedeih und Verderb der einzelnen Formate geben; und nicht der lethargische Allesgucker in Feinripp-Unterwäsche mit der Bierflasche in der Hand, der die Sendung nur guckt, weil er zu faul zum Umschalten oder ohnehin schon beim sechsten Bier eingenickt ist.

«TV Lab» soll etwas frischen Wind in die öffentlich-rechtliche Fernsehlandschaft bringen und Formaten eine Chance geben, die aus deutscher Feder stammen und nicht aus dem Ausland zusammengekauft wurden. Wenn man schon ein Risiko eingeht, dann aber auch ohne Netz und doppelten Boden, und ohne dass man sich dann darauf hinausreden kann, dass das Format in Zypern oder Mexico ja ein riesiger Hit war. Ein wenig kurios wirkt es da zwar schon, dass die Idee zum «TV Lab» ursprünglich aus den Niederlanden stammt, aber immerhin zeigt es eine gewisse Bereitschaft vom ZDF, deutsche Autoren und Produzenten den Stift einmal selbst in die Hand nehmen und eigenständig kreativ werden zu lassen. (Thomas Bellut, der designierte Intendant des Zweiten Deutschen Fernsehens, scheint sich ohnehin recht hohe Ziele gesetzt zu haben; unter anderem die Suche nach einem deutschen «Two and a Half Men». Auch im ZDF selbst will er nächstes Jahr eine Lösung für den Vorabend mit Hilfe eines «TV Lab»s finden.)

Unter den für ZDFneo angekündigten Formaten sind auch durchaus einige dabei, die zumindest auf dem Papier sehr interessant klingen: etwa das provokante Comedy-Magazin «German Angst», in dem man sich auf humoristische Weise mit Vorurteilen gegenüber Randgruppen in unserer Gesellschaft auseinandersetzen will (im Piloten wird man beispielsweise die Angst der Deutschen vor Muslimen thematisieren), oder auch «Ausgekuschelt! Die Puppen-WG», eine Sitcom, in der ehemals bekannte Puppen auf ihrem Weg zurück ins Rampenlicht begleitet werden.

Das kann zwar alles auch richtig in die Hose gehen, doch die Chance, dass dort am Schluss ein spannendes Format herauskommt, ist wohl ohne Zweifel gegeben. Und das Schöne ist: Wir haben es selbst in der Hand und dürfen Programmmacher spielen – sind aber dann auch schuld, wenn wir das nicht gebacken kriegen sollten.

Mit 360 Grad schließt sich auch nächste Woche wieder der Kreis.
19.08.2011 00:00 Uhr Kurz-URL: qmde.de/51515
Julian Miller

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360 Grad

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