Die deutschen Programmeinkäufer sprachen mit Quotenmeter.de-Experte Markus Ruoff über ihre Eindrücke von den unlängst in Los Angeles vorgestellten neuen Serien. Neben einigen Zeitreise-Serien gab es auch Nachschub bei den von den Free-TV-Sendern so geschätzten Procedurals.
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Im Mai dieses Jahres haben sich die Programmeinkäufer aus aller Welt wieder in Los Angeles versammelt, um die neuen Serien der Hollywood-Studios zu begutachten. Die deutschen Sender bekommen - dank ihrer langjährigen Lizenzverträge mit CBS Studios, Disney Media Distribution, NBCUniversal, Sony Pictures, Twentieth Century Fox und Warner Bros. - damit schon einmal einen Eindruck davon, welche Produktionen sie in den kommenden Monaten erhalten werden. Insgesamt waren die Sender mit dem Output dieses Jahr ganz zufrieden, auch weil die Studios wieder verstärkt auf Procedurals gesetzt haben. „Als klarer Bekenner zum Procedural freut es mich immer, wenn die Studios das Feld der episodisch erzählten Shows nicht aus dem Auge verlieren. Wir alle wissen, wie sich die Ausrichtung in Richtung Serialized in den letzten Jahren entwickelt hat und wie wenig erfolgreich selbst toll produzierte serialized erzählte Serien bei den deutschen Sendern gelaufen sind. Insofern ist es aus meiner Perspektive gut zu sehen, dass Procedurals weiter bedient werden“, erklärt Jörg Graf, Bereichsleitung Produktionsmanagement und Produktionseinkauf der Mediengruppe RTL Deutschland. Diesen „ganz leichten Trend zurück zum Procedural-Drama“ konnte Sky-Fictionchef Marcus Ammon ebenfalls beobachten.
Hervorzuheben ist hier besonders die TV-Adaption der erfolgreichen Action-Filme-Reihe «Lethal Weapon», die bei allen Einkäufern positiv ankam. „Eine der besten Neuvorstellungen war «Lethal Weapon». Hauptdarsteller Clayne Crawford, der den Mel Gibson-Charakter spielt, war für mich eine der überraschendsten Figuren der Screenings. Die Serie ist super produziert, die Charaktere haben Tiefe - alle Zutaten für einen Hit“, lobt Rüdiger Böss, Executive Vice President Group Programming Acquisitions der ProSiebenSat.1 Media SE, nicht ganz uneigennützig. Die Serie wird aufgrund des bestehenden Output-Deals mit Warner Bros. International Television auf einem Sender der ProSiebenSat.1 Group laufen. Die Mediengruppe RTL Deutschland erhält unterdessen von NBCUniversal International Television Distribution mit «Chicago Justice» den bereits vierten Ableger der «Chicago»-Reihe, zudem «The Blacklist: Redemption» von Sony Pictures Television.
Nach dem eher überschaubaren Erfolg von «DC’s Legends of Tomorrow» (ab Herbst 2016 bei ProSieben) bei The CW widmen sich dennoch weitere Networks dem Thema Zeitreise. „Time-Travel-Serien waren offensichtlich hoch im Kurs“, analysiert RTL-Einkäufer Jörg Graf. „Fox hat in «Making History» eine gute Portion Humor gepackt und geht das Thema amerikanische Historienbereinigung mit Augenzwinkern an. Sony Pictures setzt mit toller Besetzung bei «Timeless» das Thema eher als Abenteuer um, Warner Bros. schickt in «Time After Time» auch den Urvater der Zeitmaschine H.G. Wells in Rennen.“
Während die Mediengruppe RTL Deutschland den Zuschlag bei «Timeless» erhält, geht «Time After Time» ebenso wie das Teen-Drama «Riverdale» zur Freude von Rüdiger Böss an die ProSiebenSat.1 Group. Darüber hinaus war Jörg Graf über die für die Sony-Plattform Crackle hergestellte Serie «StartUp» mit Adam Brody und Martin Freeman begeistert, wenngleich er relativierend ergänzt, dass er mit dieser Serie „nicht gleich einen Primetime-Platz“ bei RTL oder VOX bespielen würde.
Viel Lob erhielt obendrein die HBO-Serie «The Night Of», die auf der BBC-Serie «Criminal Justice» aus dem Jahre 2008 basiert. Das erfreute besonders Sky-Fictionchef Marcus Ammon: „Wir freuen uns, im Herbst 2016 die grandiose HBO-Miniserie «The Night Of» mit John Turturro zeigen zu können, die bei den Screenings für großes Aufsehen gesorgt hat.“ Sky wird die Serie überdies non-linear zeitgleich zur US-Ausstrahlung im Original ab dem 10. Juli 2016 auf Sky Go, Sky Online und Sky On Demand anbieten. Außerdem bekommt Sky aller Voraussicht nach 2017 die Showtime-Serie «I’m Dying Up Here» über die Stand-up-Comedy-Szene der 1970er Jahre in Los Angeles.
Als weiteres Highlight nannten alle Einkäufer das Drama «This Is Us», das von einer Gruppen Menschen handelt, die am gleichen Tag Geburtstag haben und deren Leben miteinander verwoben werden. Der Trailer wurde in den sozialen Netzwerken bislang schon über 80 Millionen Mal angeklickt - diese Marke erreicht ansonsten keine der neuen Serien. Die Vorzeichen für einen Hit stehen also mehr als gut und das würde Rüdiger Böss, der vor allem die Besetzung von Mandy Moore und Milo Ventimiglia hervorhebt, gefallen. ProSieben könnte «This Is Us» etwa am Mittwochabend ausstrahlen.
„Auffallend war die hohe Anzahl an Reboots beziehungsweise Fortsetzungen bekannter Marken, wie zum Beispiel «24», «Lethal Weapon», «MacGyver», «Prison Break», «Taken» oder «Training Day»", so Sky-Mann Marcus Ammon. Hinzufügen könnte man noch «The Exorcist», «Frequency», «Shooter», «Star Trek» und «Twin Peaks». Angesichts der jüngsten Flops von «Limitless», «Minority Report» und «Rush Hour» verwundert es schon ein wenig, dass die Sender weiterhin auf die Produktion von Film-Remakes setzen, während nach dem Erfolg der neuen Staffel von «Akte X» Fortsetzungen der jüngeren FOX-Serien «24» und «Prison Break» wohl ein Kinderspiel waren. Im Falle der horizontal erzählten «24: Legacy» und «Prison Break» dürfte für die ProSiebenSat.1 Group die Programmierung wieder eine Herausforderung darstellen.
In den vergangenen beiden Jahren kam ProSiebenSat.1-Einkäufer Rüdiger Böss aufgrund der mageren Sitcom-Ausbeute der Studios jedes Mal ziemlich unzufrieden aus Los Angeles zurück. Und wie war es in diesem Jahr? „Wir haben im Comedy-Bereich zwar nicht wieder die Masse, aber zumindest die Qualität, so Böss im Gespräch mit Quotenmeter.de. Geradezu euphorisch äußert er sich über die FOX-Sitcom «The Mick» (Bild), die laut seiner Einschätzung die „beste Sitcom seit Jahren“ gewesen sei. Kaitlin Olson spielt darin eine großmäulige Frau, die sich plötzlich um die drei verwöhnten Kinder ihrer reichen Schwester kümmern muss. Ebenfalls positiv erwähnt Böss die im DC Comics-Universum spielende Sitcom «Powerless». Damit würde ProSieben im Idealfall die Brücke zwischen den Sitcoms und den Superhelden-Serien am Dienstag schlagen.
Ohnehin kann sich ProSiebenSat.1 über den Sitcom-Output nicht beklagen: Von den 15 vorgestellten halbstündigen Serien haben sie an zwölf unmittelbar die Ausstrahlungsrechte, darunter neben «The Mick» und «Powerless» zum Beispiel noch an «The Good Place» mit Kristen Bell, «The Great Indoors» mit Joel McHale und «Man with a Plan» mit «Friends»-Darsteller Matt LeBlanc (eine Programmierung mit der Matthew Perry-Sitcom «The Odd Couple» würde sich sicherlich anbieten). Für RTL Nitro könnte die neue Kevin James-Sitcom «Kevin Can Wait» interessant sein, zumal RTL-Mann Jörg Graf ein Fan davon war.
„Im Großen und Ganzen gab es quer durch alle Studios ein breitgefächertes Angebot unterschiedlicher Genres und qualitativ hochwertige Inhalte mit zum Teil beeindruckenden Storytelling und tollen Darstellern“, attestiert Sky-Fictionchef Marcus Ammon. „Unter dem Strich denke ich, es ist ein Screening-Jahr in dem Sender, die breite Zielgruppen ansprechen, noch viel über die besten Sendeplätze diskutieren werden“, ergänzt RTL-Einkäufer Jörg Graf. „Wir haben vieles in guter Qualität gesehen, ob diese immer in seiner Erzählweise gleich den Geschmack der breiten Zuschauermasse trifft, werden wir auf Senderseite ausprobieren. In diesem Zusammenhang ist vielleicht der wichtigste Trend, was sich in L.A. jenseits der klassischen Major-Studio-Screenings abgespielt hat. Aus den Screenings ist in diesem Jahr deutlich spürbar ein Markt geworden, bei dem Themen wie Co-Produktion einen großen Platz eingenommen haben. Die Gesprächstermine zu Einzelprojekten jenseits der Majors, haben in diesem Jahr nochmals deutlich zugenommen.“
Auf der folgenden Seite sind zur Übersicht alle neuen Network-Serien inklusive dem zugehörigen Studio aufgelistet
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06.06.2016 18:50 Uhr 1