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Die Kino-Kritiker: «The F-Word: Von wegen nur gute Freunde»

«Harry Potter»-Star Daniel Radcliffe feiert mit der charmanten RomCom «The F-Word» sein Debüt im Bereich der leichteren Unterhaltung. Filmkritikerin Antje Wessels verrät, wie dieses Experiment geglückt ist.

Filmfacts: «The F-Word»

  • Kinostart: 09. April 2015
  • Genre: Romanze, Komödie
  • FSK: 6
  • Laufzeit: 98 Min.
  • Kamera: Rogier Stoffers
  • Musik: A.C. Newman
  • Buch: Elan Mastai
  • Regie: Michael Dowse
  • Darsteller: Daniel Radcliffe, Zoe Kazan, Megan Park, Adam Driver, Rafe Spell, Mackenzie Davis, Lucius Hoyos, Meghan Heffern, Tommie-Amber Pirie
  • OT: What If (IE/CA 2013)
Auch wenn es für einen Schauspieler in manchen Fällen unangenehm sein mag, immer mit ein und derselben Rolle in Verbindung gebracht zu werden, so muss diese Filmkritik dennoch mit den Worten begonnen werden, dass die breite Öffentlichkeit beim Namen Daniel Radcliffe vorzugsweise an den Zauberlehrling Harry Potter denkt. Die acht Filme umfassende Blockbusterreihe ebnete dem mit zwölf Jahren ins Hollywoodbusiness eingestiegenen Schauspieler den Weg zu einer steilen Karriere. Nach Beendigung der «Harry Potter»-Saga ging er als Theaterschauspieler an den Broadway, spielte in der britischen Schauermär «Die Frau in Schwarz» einen Witwer, der es mit einer übernatürlichen Macht zu tun bekommt und ist in der überragend verschrobenen Miniserie «A Young Doctor’s Notebook» als jüngeres Ich von Hollywoodstar Jon Hamm zu sehen. Es ist bereits knapp zwei Jahre her, da begab sich Radcliffe erstmals hinaus aus seiner vorzugsweise düsteren Rollenauswahl und wagte sich für die Komödie «What If» auf das für ihn bislang ungewohnte Terrain des oft belächelten Genres der Romantic Comedy. Regisseur Michael Dowse («Goon – Kein Film für Pussys») und Drehbuchautor Elan Mastai («Alone in the Dark») bieten dem Akteur mit ihrer Theaterstückadaption eine ordentliche Ausgangslage – Radcliffe muss also nur noch seine ihm nahezu auf den Leib geschriebe Rolle des unwirschen Herzensbrechers ausfüllen. Hierzulande kommt der mittlerweile mit dem sperrigen Artikel «The F-Word – Von wegen nur gute Freunde» ausgestattete Film nun mit knapp zwei Jahren Verspätung ins Kino und ist gleichsam ein äußerst herzlicher Vertreter seines Segments. An der Seite der zuckersüßen Zoe Kazan («Ruby Sparks – Meine fabelhafte Freundin») wertet Radcliffe das zu Beginn nur schwer in Gang kommende Skript auf und schafft es mitsamt seiner Kollegen, die Schwächen des Films gekonnt zu verschleiern. Schlussendlich profitiert davon vor allem einer: der Zuschauer.

Wie alle Romantiker versteckt Wallace (Daniel Radcliffe) sein weiches Herz hinter einer witzig-coolen Fassade. Nach einer gescheiterten Liebe hat er sein Medizin-Studium hingeschmissen, jobbt für eine Softwarefirma und betrachtet nachts den Sternenhimmel über Toronto. Als er sich eines Abends doch zu einer Party aufrafft, trifft er auf Chantry (Zoe Kazan), eine junge Trickfilmzeichnerin mit sanften Augen und schrägem Humor. Wie er liebt sie Wortspiele und pariert seine Provokationen charmant. Wallace ist hingerissen, doch Chantry hat einen Freund, den erfolgreichen Juristen Ben (Rafe Spall), mit dem sie zusammenlebt. Obwohl sie sich zu Wallace hingezogen fühlt, will sie nur mit ihm befreundet sein. Für die beiden sensiblen Endzwanziger ein guter Deal. Zunächst. Wenn sich Gefühle nur kontrollieren ließen... Chantry und Wallace tun jedenfalls alles dafür - was immer wieder zu Situationen von grotesker Komik führt. Denn eigentlich wissen sie, dass sie zusammengehören. Aber haben sie auch den Mut dazu?

Im Kern erinnert «The F-Word» ziemlich genau an die vor wenigen Monaten erschiene RomCom «Love, Rosie – Für immer vielleicht» und vermutlich steckt hinter dem in dieser Woche in die Kino entlassenen Film auch ein ähnlicher Grundgedanke. Normalerweise funktionieren romantische Komödien nach dem immer selben Schema und bewegen sich davon nur selten weg. Im Falle von diesen beiden Genrevertretern kennen die Regisseure das RomCom-Segment und dessen Zuschauer jedoch so genau, dass sie wissen, wie sie hantieren müssen, um trotz der Vorhersehbarkeit in Plot und Charakterentwicklung für die so wichtigen Alleinstellungsmerkmale zu sorgen. Im Falle von «Love, Rosie» waren dies das irrwitzige Tempo sowie eine teils ins Karikatureske abdriftende Erzählstruktur. Im Falle von «The F-Word» wiederum besinnt sich Drehbuchautor Elan Mastai auf das genaue Formen von Alltagsszenarien, die der Geschichte einen vollkommen realistischen und damit zur Identifikation einladenden Rahmen bilden sollen. Seine Haupt- und Nebenfiguren sind Leute wie Du und Ich, sie erleben ihren Alltag wie wir alle und haben nicht einmal außerweltliche Vorstellungen von den Themen Freundschaft, Liebe und Zuneigung. Dass das zum Teil nicht nur zum Vorteil von «The F-Word» ist, ist schade. Denn um glaubhafte Alltagsszenerien zu gestalten, braucht es zwischen den wichtigen Storywendepunkten auch so etwas wie Füllmaterial. Im Falle von «The F-Word» wird jedoch gerade diese Banalität allzu oft zum Stolperstein. Wenn sich Michael Dowse sichtlich darin abmüht, die normalen Gewohnheiten seiner Figuren zu inszenieren, mündet dies nicht selten in hanebüchene Dialoge, in der mitunter ernsthaft darüber diskutiert wird, weshalb es gesundheitlich nicht gerade förderlich ist, seine eigenen Exkremente zu verspeisen. Das raubt «The F-Word» immer mal wieder viel seines ehrlich-bodenständigen Charmes, denn mit seiner FSK-Freigabe ab 6 ist die Produktion eben nicht auf jedweden Krawallhumor Hollywoods aus, mit dem anderweitige Brachialcomedys auftrumpfen können.

Abseits dieser szenenbasierten Geschmacksverirrungen möchte «The F-Word» jedoch viel lieber die Geschichte einer Freundschaft erzählen, die sich recht realitätsgetreu entwickelt und damit gerade dem Teenie-Publikum aus der Seele sprechen dürfte. Natürlich verzichten die Macher in ihrer Inszenierung nicht auf Klischees, sind sich allerdings gleichsam nicht zu schade, die Erwartungshaltung des Publikums an entscheidender Stelle zu unterwandern. So nutzt das Skript mal den konventionellen RomCom-Weg, nur um ein anderes Mal dann eben doch eine mutige Sichtweise einzunehmen. Die Konflikte seiner Geschichte lasssen sich eben nicht mithilfe banaler Liebeserklärungen lösen. Auch Rührseligkeit und Schmalz sucht man in «The F-Word» vergebens. Die hervorragend miteinander harmonierenden Hauptdarsteller spielen sich tolle Dialogbälle zu und wickeln nicht nur einander, sondern auch das Publikum schnell um den Finger. Die daraus entstehende Unberechenbarkeit, die bis in die aller letzte Szene konsequent durchgezogen wird, lässt «The F-Word» anders als diverse Genrekollegen frisch und neu erscheinen und schlägt dem voreingenommenen Zuschauer ein kleines Schnippchen. Ganz so, als würde der Film dem Publikum immer mal wieder verstohlen zuzwinkern, um so zu beweisen, dass Trailer und Titel nicht automatisch auf die Qualität des Films schließen lassen müssen.

Technisch erfüllen alle Beteiligte in Musik- und Kameraausstattung ihren Zweck und machen aus «The F-Word – Von wegen nur gute Freunde» eine charmante Popverfilmung, die zwischendurch immer mal wieder mit kleinen visuellen Spielereien wie etwa einer zum Leben erwachenden Zeichnung aufwarten kann. Auch der Soundtrack ist angenehm zurückhaltend und verzichtet dankenswerter Weise auf allzu oft verwendete Balladen oder gar sentimentale Streicher. Das Hauptaugenmerk liegt auf den Figuren, zu deren namhaftesten Darstellern neben den beiden Protagonisten auch Adam Driver («Sieben verdammt lange Tage») und Rafe Spell («Das hält kein Jahr...!») gehören. Auch auf sie trifft die anfänglich getätigte Charakterisierung der „Typen von nebenan“ zu; sie sind zugleich auch für den Großteil des Humors zuständig. Dieser basiert nicht auf billigem Slapstick, sondern auf der Skurrilität unser aller Alltags und zieht damit besser als jede noch so fokussierte Pointe.

Fazit: Die Macher wissen darum, dass eine weitere „Können Frauen und Männer wirklich Freunde sein?“-Geschichte mehr braucht als eine bloße Filmauffrischung der Marke «Harry und Sally». Michael Dowse tritt mit «The F-Word – Von wegen nur gute Freunde» einen Schritt zurück und erzählt mit seiner RomCom eine Geschichte, die zwischen realistischer Komik und leiser Tragik balanciert. Die sympathischen Figuren und die herrlich bodenständige Inszenierung können über die Schwächen, zu denen insbesondere das Drehbuch gehört, locker hinwegtäuschen. Und obwohl man meint, das Genre zu kennen, schafft es «The F-Word» für einen Moment, das Publikum dies vergessen zu lassen. Sehenswert!

«The F-Word – Von wegen nur gute Freunde» ist ab dem 9. April in ausgewählten deutschen Kinos zu sehen.
09.04.2015 09:30 Uhr Kurz-URL: qmde.de/77450
Antje Wessels

super
schade


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