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Besondere Defizite der Glaubwürdigkeit

Das undurchdachte Drehbuch von «Besondere Schwere der Schuld» lässt den Film misslingen - und nimmt Götz George jede Möglichkeit, zu glänzen.

Cast & Crew

  • Vor der Kamera:
  • Götz George als Joseph Komalschek
  • Hanno Koffler als Tom Barner
  • Hannelore Elsner als Agnes Barner
  • Thomas Thieme als Heinz Braun
  • Manfred Zapatka als Klaus Barner
  • Hans-Martin Stier als Fritz Reet
  • Wilfried Hochholdinger als Polizeirat Scherler
  • Hinter der Kamera:
  • Produktion: Eyeworks Germany GmbH
  • Drehbuch: Sascha Arango
  • Regie: Kaspar Heidelbach
  • Kamera: Daniel Koppelkamm
  • Produzentin: Sabine de Mardt
Wie schade, dass Götz George schon wieder einen tatterigen alten Mann spielen muss: Erst dieses an die Wand gefahrene Schimanski-Remake. Und jetzt sein neuer ARD-Fernsehfilm «Besondere Schwere der Schuld».

Dort spielt er den schon etwas älteren Knacki Joseph Komalschek, der nach dreißigjähriger Haft wegen des Mordes an einer Prostituierten und ihrem Kind aufgrund juristischer Formfehler wieder auf freien Fuß gesetzt wird. Die Polizei lässt ihn von drei Beamten rund um die Uhr beobachten, zu groß scheint die Gefahr, dass Komalschek nach seiner steilen kriminellen Karriere wieder ein schweres Verbrechen begeht. Oder dass er hinter die düsteren Machenschaften der Strafverfolgungsbehörden kommen könnte. Denn die Polizisten, die ihn damals hinter Gittern gebracht haben, scheinen allesamt ordentlich Dreck am Stecken zu haben. War Komalschek am Ende gar unschuldig?

Diesen mittlerweile ebenfalls alten Männern geht jedenfalls gehörig die Muffe, als der Ex-Häftling wieder seine Wohnung in der Dorstener Siedlung bezieht, in der auch die Ex-Polizisten von damals ihre Häuser haben.

Gehen wir einmal davon aus, dass es realistisch ist, dass ein ehemaliger Knacki nach dreißig Jahren hinter schwedischen Gardinen schnurstracks wieder in seine Eigentumswohnung zieht, in der während seiner gesamten Haftzeit niemand gewesen sein soll. Das ist an sich bereits wenig glaubwürdig, doch man könnte an dieser Stelle noch beide Augen zudrücken. Schwieriger mit der Glaubwürdigkeit wird es schon, wenn die Schmalspurcops, die ihn überwachen, ungehindert Sätze von sich geben wie „Wenn er einen Schritt in unseren Garten macht, dann knall‘ ich ihn ab“ oder hinter ihm herlaufen und ihn mit ihrer schlechten Interpretation von Costa Cordalis‘ „Anita“ drangsalieren. Anita – so hieß nämlich die Bardame/Prostituierte, die Komalschek vor drei Jahrzehnten ermordet haben soll.

Seine Wohnung scheint damals auch nur schlampig durchsucht worden zu sein: Der olle Komalschek muss nämlich nur mal kurz seine angemuffte Herdplatte heben und schon hat er wieder eine Schusswaffe. Nein, glauben kann man all diesen Quatsch keine Minute. Vor allem wenn man weiß, wie die Polizei wirklich mit Leuten umgeht, die frisch aus dem Knast kommen und nach Meinung der Behörden noch eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellen.

Doch das scheint für die ARD schlicht nicht spannend genug zu sein – und somit setzt «Besondere Schwere der Schuld» lieber auf billige Effekthascherei statt auf eine kluge Reflexion über Justizirrtümer, Polizeikorruption und lebenslanges Wegsperren. Stattdessen muss der Provinzcop was mit der Bardame anfangen, das laute Geschrei als notdürftiger Ersatz für leise Zwischentöne herhalten und die alten Männer müssen ängstlich bis furchteinflößend dreinblicken. Viel Tamtam, aber nichts dahinter. Außer Plot-Holes und Erklärungslücken, zumindest.

«Besondere Schwere der Schuld» setzt vielmehr auf belanglosen Pathos, auf übertrieben klischeehafte Figurenkonstellation, auf leeres Gepolter statt auf wirkliche Konfrontationen. Und Götz George – der muss wieder als tatteriger alter Mann herhalten, der die Welt nicht mehr versteht. Dabei könnte er auch heute sicher noch tausendmal mehr.

Das Erste zeigt «Besondere Schwere der Schuld» am Samstag, den 1. November um 20.15 Uhr.
30.10.2014 12:33 Uhr Kurz-URL: qmde.de/74117
Julian Miller

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Besondere Schwere der Schuld

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