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Der Fernsehfriedhof: Bendels Tele-Terror

Quotenmeter.de erinnert an all die Fernsehformate, die längst im Schleier der Vergessenheit untergegangen sind. Folge 273: Das rotzfreche Alter-Ego des späteren Dschungelkandidaten.

Liebe Fernsehgemeinde, heute gedenken wir der dunklen Seite eines beliebten Gameshow-Gesichts.

«Vitamin B» wurde am 09. Juni 1995 bei RTL II geboren und entstand zu einer Zeit, als der Fernsehmoderator Jochen Bendel hauptsächlich für die kleine Privatstation Tele 5 tätig war. Dort hatte er zunächst die Musiksendung «P.O.P» präsentiert und ab dem Jahr 1992 den legendären Vorabend-Klassiker «Ruck Zuck» von Werner Schulze-Erdel übernommen. Nebenbei schlüpfte er regelmäßig in die von ihm erfundene Rolle des „durchgeknallten Medienterroristen“ Dr. Ben. Dieser erinnerte durch die feuerrote Perücke, die rotgeschminkten Nase und Lippen, die blassweiße Haut und die tiefschwarzen Augenringe optisch an einen sehr abgehalfterten Joker. Zusätzlich trug er grüne Hände aus Plüsch und - wie es sich für einen echten Doktor gehörte - stets einen weißen Arztkittel. Außerdem war die Figur mit einem auffälligen Sprachfehler sowie der Angewohnheit, fortwährend Fremdwörter zu erfinden, ausgestattet.

Zwar tauchte diese bereits vereinzelt bei seinem Musikmagazin auf, für ein nachhaltiges Aufsehen sorgte sie jedoch erst im Hörfunk, wo sie Bendel bei Radio Gong benutzte, um Scherzanrufe durchzuführen und kritische Kommentare darzubieten. Diese Aktionen kamen derart gut an, dass er kurz darauf von Radio Energy für eine bundesweite Show abgeworben wurde. Unter dem Titel «Ben FM» trieb er sein anarchistisches Konzept aus Parodien, Spaßanrufen und Beleidigungen am späten Samstagabend derart auf die Spitze, dass er zur wahren Kultfigur avancierte. So warnte er seine Hörer regelmäßig vor den „extraterrestrischen Zwitterwesen, die uns mit Ihren Impotenzstrahlen versuchten zu eliminatzualisieren“. Diese gelungene Mischung aus Chaos, Intelligenz und gezielten Grenzüberschreitungen begeisterte zwar seine Anhänger, sorgte indessen nicht selten auch für juristische Schwierigkeiten.

Als der Fernsehkanal RTL II dann ein Gesicht für eine neue, provokante Comedy-Schiene suchte, lag die Verpflichtung von Bendel samt seines Alter-Egos nahe. Bei jenem Format «Vitamin B» handelte es sich allerdings nicht um eine klassische Late-Night-Show, sondern vielmehr um ein Mantelprogramm wie es der «Disney Club» oder «Die Lange Kulmbacher Filmnacht» ebenso darstellte. Seine dreiminütigen Auftritte bildeten lediglich den Rahmen und die Überleitung zwischen eigenständigen Elementen. Zu diesen gehörte insbesondere die damals genauso populäre wie umstrittene MTV-Serie «Beavis und Butthead», die erstmals abseits des Musikkanals und in synchronisierter Fassung im deutschen Fernsehen gezeigt wurde. Zusätzlich war in der Sendung die Sitcom «Dream On» von den späteren «Friends»-Erfinder Marta Kauffman und David Crane zu sehen.

Obwohl die Kombination der Anti-Helden von MTV mit dem radikalen Dr. Ben eine erfolgsversprechende Kombination zu bilden schien, schalteten am Freitagabend um 23.00 Uhr weniger als eine halbe Million Menschen ein, wodurch der Marktanteil in der Zielgruppe bei rund vier Prozent verharrte. Die Produktion entwickelte sich damit zu einem solchen Flop, dass sie nach nur zwei Ausgaben wieder eingestellt wurde und die Erlebnisse von «Beavis und Butthead» fortan ohne übergreifende Fläche gezeigt wurden.

Damit gelang es Bendel vorerst nicht, sich selbst oder seine Figur bei einem größeren Sender zu etablieren. Rund ein Jahr später, im August 1996, ergab sich ein zweiter Anlauf, denn er durfte das Programmfenster des Drittanbieters Kanal 4 am späten Sonntagabend bei RTL füllen. In «Dr. Bens Tele-Terror» schlüpfte er erneut in seine Paraderolle und zeigte neben seinen üblichen Kommentaren auch Einspieler, in denen er unbedarfte Passanten auf offener Straße schockierte und veralberte. Dass dieser erneute Versuch von Erfolg geprägt sein würde, war nicht zu erwarten, denn dafür waren Sendeplatz und Umfeld, die gewöhnlich durch sperrige Kulturmagazine geprägt waren, zu ungeeignet, sodass das Format keine hohen Sehbeteiligungen erreichen konnte. Davon unbeirrt, lief seine Radioshow «Ben FM» bis zum Jahr 1997 stetig weiter, bevor diese aus diversen Gründen ebenfalls endgültig eingestellt wurde und Dr. Ben weitestgehend in der Versenkung verschwand.

«Dr. Bens Tele-Terror» wurde am 13. Oktober 1996 beerdigt und erreichte ein Alter von acht Folgen. Die Reihe hinterließ den Moderator Jochen Bendel, der parallel zu diesen Entwicklungen konstant durch den Dauerbrenner «Ruck Zuck» führte. Diese Tätigkeit konnte er bis 2005 auf verschiedenen Kanälen (Tele 5, RTL II, ATV+) fortsetzen. Außerdem war er im Call-In «Nachtfalke» bei Tele 5 zu sehen, wo er unter anderem regelmäßig die Geschehnisse bei «Big Brother» kommentierte, was ihm im Jahr 2005 sogar die kurzzeitige Co-Moderation der Reallity-Show einbrachte. Weil sich daran kaum noch Engagements anschlossen und seine Sendungen «Die neue Hitparade» sowie «Der Kreuzfahrtkönig» schnell scheiterten, zog er Anfang 2014 ins Dschungelcamp von «Ich bin ein Star, holt mich hier raus!» als Kandidat ein.

Möge die Reihe in Frieden ruhen!

Die nächste Ausgabe des Fernsehfriedhofs erscheint am kommenden Donnerstag und widmet sich dann einem 1-Million-Mark-Quiz, das nie einen Millionär hervorgebracht hat.

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30.01.2014 11:03 Uhr Kurz-URL: qmde.de/68718
Christian Richter

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