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Die Kritiker: «Tatort: Die fette Hoppe»

Wie schlägt sich das neue Ermittlerduo Christian Ulmen und Nora Tschirner in seinem ersten Fall? Können sie mit Ironie und Witz tatsächlich eine Verjüngung herbeiführen, ohne alte «Tatort»-Fans zu verschrecken?

Inhalt


Die Macher hinter dem «Tatort»

  • Produktion: Wiedemann & Berg Television GmbH & Co. KG
  • Musik: Eike Hosenfeld, Moritz Denis und Tim Stanzel
  • Kamera: Philip Peschlow
  • Buch: Murmel Clausen und Andreas Pflüger
  • Regie: Franziska Meletzky
An seinem ersten Arbeitstag in Weimar wird Kriminalkommissar Lessing direkt mit einem brisanten Fall betraut, denn die Fleischfabrikantin Brigitte Hoppe wird vermisst. Zusammen mit seiner neuen ortskundigen Partnerin Kommissarin Kira Dorn nimmt er die Ermittlungen auf und erkennt bald, dass Hoppe nicht nur entführt wurde, sondern bereits tot ist. Verdächtige und Motive gibt es haufenweise, denn die sogenannte „Wurstkönigin von Weimar“ war genauso reich wie unbeliebt.

Darsteller


Nora Tschirner («Keinohrhasen», «FC Venus») als Kriminalkommissarin Kira Dorn
Christian Ulmen («FC Venus», «Herr Lehmann» als Kriminalkommissar Lessing
Thorsten Merten («Halbe Treppe») als Kriminalhauptkommissar Kurt Stich
Wolfgang Maria Bauer («Siska») als Hans Bangen
Dominique Horwitz («Stalingrad», «Verrückt nach Paris») als Caspar Bogdanski
Stephan Grossmann («Weißensee», «Heiter bis tödlich: Alles Klara») als Sigmar Hoppe
Palina Rojinski («Circus Halligalli», «Got To Dance») als Nadine Reuter

Kritik


„Es ist ein «Tatort»! Keine Parodie“, warnte Nora Tschirner jüngst noch bei «TV Total» vor. Damit hatte sie zwar recht, denn tatsächlich gibt es einen Mordfall, Zeugenvernehmungen, Verfolgungsjagden und ständig wechselnde Verdächtigungen, doch es sind gerade nicht diese Elemente, die den Reiz der Folge ausmachen. Wer letztlich der Mörder oder die Mörderin der Wurstkönigin und aus welchem Grund ist, bleibt zweitrangig. Obwohl sich die Autoren durch zahlreiche Wendungen und Sackgassen nicht ungeschickt bemühen, Spannung aufzubauen, wirkt die eigentliche Krimihandlung nur als notwendiges Beiwerk, denn der wahre Unterhaltungswert basiert auf der Wirkung der neuen Ermittler Christian Ulmen und Nora Tschirner.

Wo Til Schweiger im Frühjahr noch versuchte, eine allgemein angestrebte Verjüngung mit mehr Action und optisch reizvollen Effekten herbeizuführen, kann sich die Inszenierung des neuen «Tatorts» aus Weimar fast vollständig zurücknehmen und auf die Komik der Figuren sowie die Chemie der Hauptdarsteller vertrauen. Dass sich Tschirner und Ulmen seit Jahren kennen und mögen, merkt man in jeder Szene. Für den perfekten Zuschnitt ihrer Rollen dürfte nicht zuletzt die Tatsache verantwortlich sein, dass mit Wiedermann und Berg eine Produktionsfirma für die Umsetzung verantwortlich war, die bereits mehrfach mit beiden gearbeitet hat (u.a. in «Männerherzen», «Wer’s glaubt wird selig» und «Liebe und andere Turbulenzen»).

Kommissar Lessing - Ulmens Figur – wird zunächst als äußerst tough, professionell, geradlinig und unlustig eingeführt, wodurch anfangs Nora Tschirner als Kira Dorn das Geschehen dominiert und fast ausschließlich für die schlagfertigen Sprüche zuständig ist. Ihre freche Schnauze wirkt dabei allerdings nie nervig oder übertrieben und macht schlichtweg nur Spaß. Erst langsam taut Lessing in seinem neuen Umfeld auf und offenbart sein witziges Potential, erinnert jedoch niemals zu sehr an frühere Ulmen-Charaktere wie etwa aus «Dr. Psycho». Ebenso lobenswert ist es, dass die Autoren Murmel Clausen und Andreas Pflüger merklich versucht haben, gängige Krimi-Klischees zu vermeiden. Auch wenn das nicht immer gelingt – es sollte schließlich ein «Tatort» bleiben – ist es vor allem erfrischend, dass auf Streitigkeiten mit Vorgesetzten und Staatsanwälten vollständig verzichtet wurde. Im Gegenteil, der obligatorische Chef Kriminalhauptkommissar Stich vertraut ebenfalls blind auf das Team Lessing/Dorn und lässt ihnen erfrischend viel Raum.

Und noch etwas macht diesen «Tatort» besonders sehenswert. Er erlaubt sich nämlich eine dezente Selbstreferentialität. So basiert nahezu die komplette musikalische Untermalung auf dem legendären «Tatort»-Motiv, das gekonnt in zahlreichen Varianten interpretiert wurde und sich als erstaunlich vielseitig herausstellt. Dazu kommen kleinere, überraschende Seitenhiebe auf andere Formate wie etwa das RTL-Dschungelcamp und sogar die eigene Legende, etwa wenn der Sohn der Wurstkönigin folgendes zu Protokoll gibt: „Eigentlich hat sie sich auf einen ruhigen Sonntagabend gefreut. Sie schaut gern «Tatort»“. Diese Anspielungen dürften bei der jungen Zielgruppe besonders gut ankommen. Genauso wie das Engagement von Palina Rojinski für eine Nebenrolle und die damit verbundene Vereinigung von gleich drei ehemaligen MTV-Gesichtern. Letztlich stellt die Ausgabe damit eine Art Meta-«Tatort» dar.

«Die fette Hoppe» ist damit nicht nur unterhaltsam, sondern zugleich kurzweilig und dürfte vor allem denjenigen Menschen gefallen, denen die bisherigen Episoden zu ernst und behäbig waren. Insofern geht die Rechnung der angestrebten Verjüngung vollends auf. Doch auch angestammte «Tatort»-Fans dürfte das Ergebnis nicht allzu sehr vor den Kopf stoßen, denn den Autoren gelingt es durchweg, ein angemessenes Maß an Ironie und Komik beizubehalten, sodass kein Klamauk entsteht. Am Ende des ersten Einsatzes von Tschirner und Ulmen wünscht man sich direkt eine baldige Fortsetzung. Glücklicherweise hat der MDR bereits angekündigt, diese im kommenden Jahr umsetzen zu wollen.

Das Erste zeigt «Tatort: Die fette Hoppe» am 26. Dezember, dem zweiten Weihnachtsfeiertag, um 20.15 Uhr.
25.12.2013 11:00 Uhr Kurz-URL: qmde.de/68098
Christian Richter

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