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«Secret Eaters»: Big Brother is watching your Essverhalten

Das neue Sat.1-Format fiel am Mittwoch vor allem durch grenzwertige Überwachungsmethoden auf. Abgesehen davon war es jedoch kaum der Rede wert.

Während sich die meisten großen TV-Sender inzwischen mehr oder minder auf Sommerpause umgestellt haben, möchte Sat.1 am Mittwochabend endlich richtig durchstarten. Um 20:15 Uhr sucht Julia Leischick in «Bitte melde dich» einmal mehr sehr tränenreich nach verschwundenen Menschen, knapp zwei Stunden später hilft Barbara Eligmann «Mietern in Not». Nicht ganz so prominent besetzt ist das dazwischen gezeigte «Secret Eaters», in dem die Ernährungsexpertin Silke Kayadelen ihrer televisionären Lieblingsbeschäftigung nachgeht: Übergewichtigen Menschen beim Abspecken helfen. Bis auf umfangreiche Überwachungsmethoden bleibt von der Auftaktepisode allerdings kaum etwas in Erinnerung.

Konzeptionell setzt man hier auf Altbekanntes: Eine Ernährungsexpertin nimmt sich pro Folge je einer "Problemfamilie" an, in der sämtliche Personen stark übergewichtig sind. Hier ist es die Familie Heinrich aus Gelsenkirchen, in der alle vier Familienmitglieder mit 115 bis 165 Kilogramm deutlich zu viel auf den Rippen haben. Zunächst wird das Essverhalten drei Tage lang beobachtet und anschließend analysiert, anschließend beginnt ein zehnwöchiges Training, in dessen Fokus die Klassiker gesunde Ernährung und sportliche Betätigung liegen. Abschließend kommt es zur großen Abrechnung auf der Waage sowie einem kleinen Gesamtfazit.

So konventionell und altbacken dieses Konzept klingt, wirkt letztlich auch die Umsetzung. Jeder Zuschauer, der in den letzten zehn Jahren hin und wieder einmal einer Abspeck-Doku beigewohnt hat und sich darüber hinaus noch etwas für Ernährung interessiert, wird bei diesem Format kaum neue Informationen erhalten. Dafür bemühen sich die Macher allerdings redlich um einen spektakulären Rahmen, der über den altbekannten Inhalt hinwegtäuschen soll. Und das umfasst nicht nur die mittlerweile im Privatfernsehen beinahe schon obligatorischen Zeitlupen und Schwarzweißaufnahmen sowie die über-emotionalisierte musikalische Untermalung - die hier einmal mehr zum Einsatz kommen, wenn mal wieder eines der Familienmitglieder in Tränen ausbricht.

Nein, bei «Secret Eaters» nimmt man es mit der Dokumentation des Essverhaltens ganz genau: In der kompletten Wohnung der Familie werden Kameras aufgestellt, die drei Tage lang sämtliche Fressalien festhalten. Während hiervon die Protagonisten immerhin noch in Kenntnis gesetzt wurden, baut man die Überwachung noch durch zwei zusätzliche "Privatdetektive" aus, welche den Personen auch außerhalb ihrer Wohnung mit versteckter Kamera auf Schritt und Tritt folgen sollen. Ob derartige Überwachungsmethoden tatsächlich adäquat und nötig sind, um die Ernährungsgewohnheiten der Familie aufzuzeigen, darf zumindest hinterfragt werden. Die Protagonisten selbst scheinen keine Probleme damit gehabt zu haben - oder zumindest wurden diese nicht ausgestrahlt.

Davon abgesehen gibt es kaum Momente in der Sendung, die in besonderem Maße Lob oder Kritik rechtfertigen würden. Die Macher bemühen sich um eine spektakuläre Inszenierung und eine sehr starke Visualisierung von kulinarischen Eskapaden und Gewichtsüberschreitungen, untergraben hierbei allerdings selten bis gar nicht die Menschenwürde der Teilnehmer. Der Sprecher aus dem Off legt mitunter einen sehr flapsigen Tonfall an den Tag, übertreibt es hierbei jedoch nie, sodass auch hier die Bloßstellung der Familie begrenzt bleibt. Und die Abnehm-Expertin Kayadelen sollte zwar noch etwas an ihrer Telegenität arbeiten, macht aber ansonsten einen nicht allzu anstrengenden und heuchlerischen Eindruck, da sie meist das Mindestmaß an Distanz gegenüber ihren Kandidaten wahrt.

Die zeitliche Einteilung innerhalb der Sendung offenbart allerdings, worauf sie ihren Fokus legt: Während die Vorstellung der Familie sowie die Analyse ihres Essverhaltens über 30 Minuten Sendezeit in Anspruch nimmt, wird auf die eigentliche Abnehmaktion kaum eingegangen. In gerade einmal fünf Minuten werden zehn Wochen Ess- und Fitnesstraining abgefrühstückt, sodass der Zuschauer hier kaum einen Einblick erhält, wie genau die Heinrichs eigentlich ihre Pfunde haben purzeln lassen. Das abschließende Wiegen wird hingegen wieder auf eine Viertelstunde aufgebläht, indem man den Einmarsch der Protagonisten mit pathetischer Musik und Lichteffekten unterlegt. Vor allem hier fühlt man sich doch sehr an «The Biggest Loser» erinnert, wo Kayadelen ebenfalls als Ernährungsexpertin tätig ist.

Insgesamt ist «Secret Eaters» kein Format, das großartig aneckt. Man kann sich die Doku-Soap anschauen, ohne peinlich berührt oder wirklich stark angewidert zu sein, gleichzeitig bleibt jedoch auch der Mehrwert bei dieser Sendung weitgehend aus. Die vermeintlich zentrale Abnehmaktion wird nur am Rande thematisiert, die Aufmachung der Sendung gleicht zumeist derer in ähnlichen Formaten. Interessant ist, dass die erste und einzige Werbeunterbrechung erst nach 35 Minuten gezeigt wurde - ob das der mangelnden Werbebuchung geschuldet ist oder dem Publikum den Einstieg in das neue Format erleichtern soll, darf jeder für sich selbst entscheiden. In jedem Fall ist die "neue" Sat.1-Sendung so vergänglich wie die Kilos der übergewichtigen Teilnehmer: Über 100 Kilo nahmen die vier insgesamt binnen zehn Wochen ab. Zumindest für die Heinrichs hat es sich also gelohnt.
12.06.2013 23:50 Uhr Kurz-URL: qmde.de/64311
Manuel Nunez Sanchez

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Bitte melde dich Mietern in Not Secret Eaters Silke Kayadelen The Biggest Loser

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