Menschen zünden neuerdings selbst das Auto der Freundin von Til Schweiger an. Kein Schauspieler ist in Deutschland so verhasst und hat gleichzeitig solchen Erfolg.
Til Schweiger darf man nicht mögen. Das gehört in meiner Generation mittlerweile zum guten Ton. Bestenfalls Mädels dürfen die DVD von «Kokowääh» im Expedit-Raumteiler von Ikea stehen haben. Seine Version vom Tatort ist als Hassobjekt auf Twitter so beliebt wie schlechte Nachrichten über Justin Bieber. Dabei hat Til Schweiger für das deutsche Kino enorme Verdienste geleistet.
Ist der Rob nun etwa Fan vom Schweiger? Ich muss ehrlich sein. Meine kleine Schwester wollte «Kokowääh» auf meinem großen Fernseher schauen. Mag es nur ein technisches Gerät sein, so kam es mir wie die Entweihung des Plasmas vor. Eher soll der neue Papst hunderte von Damenfüßen waschen und Kim Jong Un heilig sprechen. «Kokowääh» auf meinem Fernseher? Til Schweiger auf 50 Zoll in meiner Wohnung? Natürlich habe ich am Ende nachgegeben. Sogar ansehen musste ich mir das Spektakel und kam mir in den ersten Minuten wie ein Insasse auf Guantanamo beim Waterboarding vor. Hoffentlich sehen meine Freunde nicht gerade durchs Fenster.
Es dauerte aber gar nicht lang und ich war verwundert. Til Schweiger schafft es endlich einmal deutsche Städte "cool" aussehen zu lassen. Deutsches Kino im Stil von aktuellen Hollywood-Produktionen? Das kennt man ansonsten nur von Michael Herbig. Im Film verweist Schweiger dann sogar auf Bully. Ich war fasziniert. Zwar nervte mich immer noch Til mit seinen zwei Gesichtsausdrücken, doch der Film war handwerklich gut gemacht. Die Charaktere einfach, das Casting perfekt und selbst die vollkommen unterschätzte Friederike Kempter wurde grandios in Szene gesetzt. Der Look des Films stand einem «Ziemlich beste Freunde» in nichts nach.
Schweiger hält seine Filme einfach, addiert ein wenig Humor und anscheinend können auch gerade weibliche Kinozuschauer viel mit den Geschichten anfangen. Der Erfolg gibt ihm Recht. Nur könnte man auch ruhig einmal Kamerafahrten machen. Ein Schweiger-Film besteht aus Nahaufnahme vom Kopf, Totale und Schnittbild vom Käsebrot im Kühlschrank. Dieses Muster wiederholt sich 768 Mal und ist irgendwann nur noch als Witz zu ertragen.
Nur bleibt das anfängliche Problem bestehen. Schweiger ist unbeliebt. Warum? Ich glaube man nimmt ihm das Ego krumm. Er stilisiert sich in seinen Filmen selbst wie Bruce Willis und ist dagegen doch nur die Markus Lanz Version von jenem kernigen Typen. Männer mögen seine Coolness nicht. In Amerika hat Schweiger es ebenfalls nicht weit gebracht. Nur haben wir es weit gebracht in Hollywood? Schweiger hat immerhin an die Türe geklopft.
Ich glaube für Schweiger wäre ein Experiment interessant. Filme ohne Til Schweiger, aber produziert von ihm. Er könnte vielleicht wirklich eine Alexandra Neldel extrem gut in Szene setzen. Sie mit einer einfachen Geschichte zum Gegenstück von Julia Roberts aufsteigen lassen. Nur würde er es nie tun. Er würde immer auch selbst die Rolle von Richard Gere übernehmen und damit wäre es nur ein weiterer Schweiger-Film.
Ihr
Rob Vegas
31.03.2013 21:14 Uhr
Kurz-URL: qmde.de/62956
Rob Vegas