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Der Maschendrahtzaun lässt grüßen

In dieser Woche testete Sat.1 mit «Nachbar gegen Nachbar» den wahrscheinlichen Barbara-Salesch-Nachfolger. Eine Kehrtwende in der Sat.1-Strategie am Nachmittag?

Leise, still und heimlich hat Sat.1 in dieser Woche einen möglichen Nachfolger für «Richterin Barbara Salesch» getestet. Kaum Trailer, kaum Werbung, kaum jemand wusste am Montagmittag, dass es nachmittags um 15.00 Uhr nicht um Auseinandersetzungen in einem Gerichtssaal in Sat.1 gehen wird. «Nachbar gegen Nachbar – Barbara Salesch Spezial» hieß die fünfteilige Sendung in dieser Woche, wobei man sich den Titelzusatz hätte sparen können. Dieser Kniff mag inhaltlich herzuleiten sein, produziert wurde die Scripted Reality aber unabhängig von Salesch. Die Idee dahinter: Am Gartenzaun kracht‘s besonders gerne, denn seine Nachbarn kann man sich ja nicht wirklich aussuchen. «Nachbar gegen Nachbar» entstand übrigens nicht in Eile als Reaktion auf das Ende der Sat.1-Richterin: Die Pilotfolgen wurden teils schon vor Monaten in Berlin hergestellt, wie am Schnee in einer Episode zu erkennen ist.

Dass Salesch die Episoden mit kurzen Aufsagern einleitet, hat seinen Charme. Die kultige Richterin erklärt darin mehr oder weniger, dass nun das zu sehen ist, was vor einer gerichtlichen Auseinandersetzung passiert. Dann aber erinnert die Sendung eher an «Verdachtsfälle» als an das übliche Sat.1-Programm. Allerdings – und das muss gesagt werden – «Nachbar gegen Nachbar» hat schon eine eigene Anmutung. Ob das am Herstellungsort Berlin oder den nicht ganz so platten Geschichten wie im RTL-Format liegt, sei dahingestellt.

Fakt ist: Auch «Nachbar gegen Nachbar» wird sich nicht für einen Grimme-Preis empfehlen. Aber: Mietnomaden, eine Nachbarin, die knapp 30 Katzen in ihrem Haus beherbergt und somit auch für die Anwohner zum Problem wird, die Sorgen einer alleinerziehenden Mutter mit fünf Kindern… alles Themen, die recht lebensnah klingen und so im Format auch umgesetzt sind. Das liegt zum einen an für Scripted Realitys wirklich guten Schauspielern und auch an zu Grunde liegenden Büchern, die eben nicht die Art der Überspitzung und Dramatisierung wählen, wie eben oft bei «Familien im Brennpunkt» der Fall.

Genau das ist der Casus-Knacksus: Ohne große Werbung kam der mögliche Salesch-Nachfolger am Montag noch auf 15,3 Prozent Marktanteil und somit den drittbesten Wert, den Sat.1 in diesem Jahr auf dem 15.00 Uhr-Slot einfuhr. Das ist erstaunlich und ein Zeichen dafür, dass Interesse an Geschichten außerhalb des Gerichtssaals um diese Zeit durchaus vorhanden ist. Die Tendenz innerhalb dieser Woche spricht aber nicht gerade für das Format, womöglich weil eben die von RTL bekannten Zuspitzungen nicht stattfanden. Am Dienstag ging es auf 12,6 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen hinab, am Mittwoch wurden noch 11,6 Prozent gemessen. Am Donnerstag dann der Tiefpunkt mit nur noch genau elf Prozent, ehe es am Freitag noch einmal mit 13,4 Prozent der Jungen für den zweitbesten Wert reichte.

Der Trend zeigt demnach eigentlich in eine falsche Richtung. Ob sich Sat.1 wirklich entschließt, die Sendung in Serie zu schicken, kann deshalb am Ende der Woche nicht mehr so klar beantwortet werden wie zu Beginn, wenngleich die Freitags-Quote wieder Hoffnung macht. Der eingeschlagene Weg ist aber erkennbar: Der Münchner Kanal wird sich 2012 wohl ebenfalls eine Nachmittags-Scripted-Reality gönnen. Nur: Entschließt man sich wirklich, diese auf die vergangene Woche gezeigte Art und Weise von «Verdachtsfälle» und Co. abzugrenzen, dann wird der herausragende Quotenerfolg von RTL nicht eintreten. Und auch wenn es vielleicht weh tut, nur aus Quotensicht betrachtet, wäre eine inhaltliche Überarbeitung angebracht.

Übrigens: Dass Salesch die ganze Woche über auf Nachbarschaftsstreitfälle hinwies, hat auch etwas Nostaligisches. Schließlich dürfte der Zoff um den Maschendrahtzaun samt Knallerbsenstrauch der bekannteste Fall der Richter-Show überhaupt sein.
29.10.2011 09:57 Uhr Kurz-URL: qmde.de/52917
Manuel Weis

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Salesch

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