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«Terra Nova»: Die Katastrophe ist da

Wir lieben die USA und wir lieben ihre Serien. Zum Season-Start in den Staaten liefert Quotenmeter.de täglich den First Look auf die brandheißen TV-Highlights. Heute: Die neue Spielberg-Serie «Terra Nova», die in Deutschland schon von ProSieben gekauft wurde.

Deutlich mehr erwartet hatten sich die Amerikaner von der neuen FOX-Dinoaction. Herausgekommen ist ein Pilot, der mit altbekannten Problemen zu kämpfen hat. Was alles besser werden muss…

FOX erbt das Science-Fiction-Genre vom ehemaligen Kabelsender SciFi, welcher als SyFy sich inzwischen dem Realityprogramm und einer kleinen Anzahl fantastischer Serien zugeschrieben hat. Mit «Fringe» retteten sie das Genre für das Networkfernsehen in das aktuelle Jahr, und mit «Terra Nova» gibt es jetzt schon Nachschub. Nun hatte die Dinoaction-Zeitreise-Abenteuer-Familienserie nicht gerade eine positive Entwicklung hinter sich. 2009 fiel der Startschuss für die Vorproduktion, um einen Start im Herbst 2010 zu garantieren. Erste Schwierigkeiten in eben jener Vorproduktion und im Castingprozess (die von den Produzenten favorisierten Kevin Bacon und Kyle Chandler lehnten die Hauptrolle ab) verzögerten den Start der ersten Klappe, weshalb FOX während der Mai-Upfronts in 2010 «Terra Nova» für die Midseason ankündigte. Ein Start im Frühjahr 2011 schien also garantiert. Doch nichts da. Weitere Produktionsschwierigkeiten, vornehmlich das Wetterchaos im Produktionsland Australien, verzögerten die Filmarbeiten, weshalb das Projekt wieder einmal verschoben wurde. Der zweistündige Pilotfilm sollte jedoch als „Sneak Peek“ im Mai 2011 ausgestrahlt werden, um die Zuschauer vor der Sommerpause auf die Serie aufmerksam zu machen. Doch nichts da. Die Post-Produktion verzögerte sich und der Mai-Termin wurde gestrichen. Für FOX endete die Situation eher peinlich, nachdem schon erste Trailer im Februarprogramm zu sehen war, besonders während des Super Bowl. Jetzt haben wir Herbst 2011 und «Terra Nova» hat endlich seine Premiere gefunden. Besser spät als nie. Unglücklicherweise hatten das Publikum und die Kritiker genügend Zeit gehabt, um sich auf eine Katastrophe vorzubereiten. Und siehe da, «Terra Nova» ist gewissermaßen eine Katastrophe.

Wir schreiben das Jahr 2149, in welcher Mutter Erde und seine intelligenten Lebewesen vor dem Aussterben stehen. Die Überbevölkerung und die Umweltverschmutzung macht es für die Menschheit schwieriger zu leben. Bisher eingesetzte Maßnahmen, wie die Kinderbegrenzung auf zwei pro Familie, zeigen nicht die gewünschte Wirkung. Wissenschaftler haben jedoch einen Riff in Raum und Zeit gefunden, welcher 85 Millionen Jahre in die Vergangenheit führt. Die Hoffnung der Menschheit besteht nun im Projekt „Terra Nova“, welches in unregelmäßigen Abständen Pilgerfamilien durch die Zeit schickt, um in einer neuen Zeitlinie eine neue Chance auf Leben zu haben. Die Familie Shannon, geführt vom ehemaligen Cop Jim (Jason O'Mara) gehört zur zehnten Gruppe von Pilgern, die ihr Leben im Jetzt verlassen und in der fernen Vergangenheit ein neues starten. Was die neuen Bürger von „Terra Nova“ in der Vergangenheit finden, ist jedoch alles andere als ein wundervolles Paradies. Im Dschungel lauern tödliche Gefahren, und Commander Nathaniel Taylor (Stehen Lang) hat selbst einige Geheimnisse, welche er (noch) nicht teilen will. Letzten Endes muss Familie Shannon sich nur eine Frage stellen: Was ist der wahre Grund des Projektes „Terra Nova“?

Wenn hier von Katastrophe gesprochen wird, ist nur vom Drehbuch die Rede, welches unzählige Klischees ausgepackt und vergewaltigt hat, dass das fertige Produkt kein schöner Anblick mehr war. Nachdem FOX bekannt gegeben hat, dass die Pilotfolge zwei Stunden lang sein und dementsprechend ein richtiger Pilotfilm sein wird (etwas, was in der heutigen Zeit fast gar nicht mehr passiert – der letzte Network-Pilotfilm nach Definition vor «Terra Nova» war die Serieneröffnung von «Lost» vor sieben Jahren), kamen Hoffnungen auf, dass die Premiere sich auf die Einführung der Charaktere und der Situation fokussieren wird, statt im Eiltempo alles vor die Kamera zu bringen, was nicht bei Drei von den Dinosauriern aufgefressen wurde. Leider wurden alle Hoffnungen mit dem Pilotfilm zerstört. Wenn schon der Teaser satte 17 Minuten lang ist und die komplette Handlung in der Zukunft abhandelt, welche immerhin aus drei verschiedenen Teilen besteht, muss man sich fragen, ob die Autoren hier nicht zu voreilig waren, die ersten Dinosaurier aufs Papier und damit vor die Linse zu bringen. Alle Möglichkeiten, die Hauptcharaktere – die fünfköpfige Familie Shannon – so einzuführen, dass die Zuschauer in deren Schicksale involviert sind, wurden nicht genutzt und für den Science-Fiction-Einschlag einfach so zur Seite gedrückt. Anständiges Storytelling war nicht möglich, stattdessen hüpfte man mit Höchstgeschwindigkeit von einer Minute zur nächsten, um schnellstmöglich die Zeitreise durchzuführen.

Das war jedoch noch nicht das Ende, immerhin waren erst 17 von 85 Minuten vergangen. Was die Zuschauer danach zu sehen bekommen, ist ein Anreihen von altbekannten Storys, die dutzende Male in anderen Serien schon zu sehen waren, Klischees und noch mehr Klischees, gefolgt von den dümmsten Entscheidungen, welcher ein Teenager nur treffen kann. Und all das wird abgerundet mit einem CGI-Feuerwerk, bei dem man sich zurecht fragt, ob die andauernden Verlegungen der Serienpremiere sich dafür lohnten. Die Dinos sahen nämlich nicht gerade speziell aus, und die Effektarbeit allgemein zeigt wieder einmal, dass es keinen Sinn hat, wenn TV-Serien mit der Qualität von 100 Millionen Dollar schweren Kinofilmen in Konkurrenz stehen. «Terra Nova» ist das neueste Beispiel, warum teuer nicht gleich Qualität bedeutet, und warum man besser auf weniger hätte setzen sollen, um am Ende mehr zu erreichen. Nicht, dass die Effekte wirklich schlecht und künstlich aussehen, bei einem Budget von geschätzten 14 Millionen Dollar hat man jedoch mehr erwartet. «Skyline», welches nur 10 Millionen Dollar kostete, hatte bessere Effekte, und der Film spielte in seiner ersten Halbzeit nur in einem billigen Apartment. Nörgler, die schon vor der Premiere von «Terra Nova» befürchteten, dass die Serie ein qualitativer Reinfall wird, werden sich hiermit bestätigt fühlen.

Das größte Problem ist aber die eigentliche Story, die die Shannons in der neuen Siedlung zeigt. Schon während der ersten Stunde kommt man nicht vom Gefühl los, dass «Terra Nova» nichts anderes als eine Familienserie ist, in welcher besagte Familie von Dinosauriern bedroht wird. Das Wort „Familie“ kommt vermutlich ein paar dutzende Male in den ersten 30 Minuten vor, und das Leitmotiv der Autoren dürfte aus dem Satz „Wir werden das als Familie durchstehen“ bestehen. Eine himmlische Familie als Zeitreisende? Der Gedanke kann dem geneigten Zuschauer wirklich aufkommen. Und im Science-Fiction-Genre passen solche Geschichten eher wenig hinein, selbst nachdem «Battlestar Galactica» das Genre mit einer Primetimesoap verheiratete und das Ganze zu einem waschechten Genremix wurde. «Battlestar Galactica» hatte aber den Vorteil, dass nach 90 Minuten die Charaktere ausgearbeiteter waren als die Shannons hier, und demnach für die Zuschauer identifizierbarer.

In der zweiten Stunde werden die Zuschauer neben der Idiotie des Teenagersohnes Josh (Landon Liboiron) dann endlich mit Action belohnt, die sich sehen lassen kann, obwohl das meiste davon im Dunkeln stattfindet, wo sowieso nichts zu sehen ist. Das letzte Drittel der Premiere war immerhin in der Lage, etwas wie Spannung aufkommen zu lassen, bei der auch ein paar Leben gelassen werden mussten. Schnell machen die Autoren klar, dass das „Terra Nova“-Projekt für die neuen Siedler kein Zuckerschlecken ist und schon hinter der Baumlinie allerhand tödliche Gefahren mit scharfen Schneidezähnen lauern. «Terra Nova» schreckt auch nicht davor zurück, gewalttätig zu sein, und das, obwohl die Serie einen Anreiz für die ganze Familie haben sollte. Vergleiche mit «Jurassic Park» kommen durchaus auf, wenn der T-Rex im ersten Teil auf den Anwalt im Toilettenhäuschen losgeht, oder das Rex-Pärchen im zweiten Teil Eddie in zwei Hälften zerreißt. Obwohl man hier jedoch den Actionteil mit Vorsicht genießen sollte: Irgendwie scheint es auch für Teenager ganz bequem zu sein, sich mit schweren Maschinengewehren gegen eine Gruppe Dinosaurier zu wehren.

Aus kreativem Standpunkt kann «Terra Nova» keine Bonuspunkte gewinnen. Wer jedoch mit Kitsch und Vorhersehbarkeit keine Probleme hat, dürfte sich an den (CGI-)Bildern sattsehen können, die immerhin einiges an Dinoaction zu bieten haben. In darstellerischer Hinsicht hat der Cast kein gutes Material bekommen, doch hier sollte Hoffnung noch angebracht sein, dass sich dieser Umstand innerhalb der nächsten Episoden ändern wird – zuletzt schon dadurch, dass während der Premiere genügend Storys erschaffen wurden, um eine volle Staffel «The Event» und «FlashForward» ersetzen zu können. Geheimnisse und Lügen gibt es in «Terra Nova» in einer gleichen Anzahl wie Dinosaurierarten. Von der Logik her gibt es keine zu großen Fragen, obwohl die eine oder andere Antwort über das Leben im Jahr 2149 sicherlich nicht geschadet hätte. Dass man schon am Anfang erklärte, dass das „Terra Nova“-Projekt nicht die Zukunft ändert, sondern eine völlig neue Zeitlinie erschafft, ist positiv zu betrachten. Dass die 85 Minuten nicht zu sehr an «Lost» erinnern, ist dem Fehlen der Dinosaurierfußstatue mit nur zwei Zehen zu verdanken. Dass «Terra Nova» nicht gleich von Vornherein als Flop abgestempelt werden sollte, ist dem Fakt zu verdanken, dass heutzutage fast alle Serienpiloten mit solchen Problemen der Charakter- und Storyeinführungen zu kämpfen haben – was für Genreserien besonders gilt. Hier muss man also abwarten, was die Zukunft mit sich bringt, und wie das Storyboard der kompletten Staffel aussehen wird, sowie die zur Zeit wichtigste Frage: Welche Ziele verfolgen die Autoren mit «Terra Nova»?
28.09.2011 14:39 Uhr Kurz-URL: qmde.de/52295
Christian Wischofsky

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Terra Nova

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