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Serien-Update: «Primeval»

Auch in den neuen Staffeln bot «Primeval» wieder spektakuläre Monsterjagden auf einem erschreckend dünnen Story-Gerüst.

Im Juni 2009 gab ITV1 das Aus seiner Saurier-Serie «Primeval» nach drei Staffeln bekannt. Zu hoch waren die Kosten für den britischen Sender, der sich auf Sparkurs begeben musste. Für die Auflösung des Cliffhangers, der Abby und Connor in die Kreidezeit verschlagen hatte, wurde zwar ein Kinofilm in Aussicht gestellt, doch schon viele eingestellte Serien zuvor bewiesen, dass solche Pläne meist im Sand verlaufen. Bei «Primeval» ergab sich etwas überraschend eine naheliegendere Lösung: Gut drei Monate später wurde die Serie doch noch verlängert - für gleich zwei Staffeln. Zu verdanken war dies unter anderem der finanziellen Beteiligung von ProSieben.

13 Episoden, aufgeteilt in eine sieben und eine sechs Episoden beinhaltende Staffel umfasste die vorläufige Gnadenfrist der Serie, die einmal mehr personell neue Wege einschlagen musste und immerhin hier einiges besser machte als in Staffel drei. Während diese durch ihre zahlreichen Darsteller-Ausstiege im Verlauf der Handlung regelrecht zerrissen wirkte, hielten die Staffeln vier und fünf ihren Cast beisammen und ersetzten die blassen Neuzugänge der Vorstaffel durch zwei interessante Gesichter: den geheimnisvollen Ex-Soldaten Matt Anderson und die sympathische Computerspezialistin Jessica Parker.

Der Boden für eine Staffel, die einiges wieder gut macht, war also bereitet - wie so oft scheiterte «Primeval» dann allerdings daran, dass man einfach keine guten Geschichten zu erzählen hatte, Potential liegen ließ und sich wenig um einen logischen Fortgang der Handlung scherte. Symptomatisch dafür ist der Umgang mit den Staffelcliffhangern, den «Primeval» seit der ersten Staffel pflegt. Während man sich als Zuschauer schon an manch anderen Serien daran stört, dass diese ihre Cliffhanger nicht halb so clever auflösen wie aufwerfen, ging «Primeval» oft einen noch radikaleren Weg: Man ignorierte die Cliffhanger. So geriet die veränderte Zeitlinie aus Staffel eins genauso in Vergessenheit wie Helen Cutters Plan, Stephen zu retten, aus Staffel zwei. Und auch für die neue Staffel musste man sich die Vergangenheit etwas zurecht biegen - und ignorierte die Tatsache, dass am Ende von Staffel drei ein Teammitglied eine Idee aufbrachte, wie Abby und Connor zu retten seien. Immerhin: Dass die beiden überhaupt in der Kreidezeit festsitzen, konnten selbst die «Primeval»-Schreiber nicht kommentarlos übergehen.

Nach dem Ende der clever gesponnenen ersten Staffel zeigte «Primeval» zudem fortlaufende Schwächen in der Ausgestaltung seiner Handlungsbögen, die in den Staffeln vier und fünf ihren Höhepunkt erreichen. Obwohl dieses Mal satte 13 Episoden zum Erzählen zur Verfügung standen, weist die Story riesige Löcher auf, man gewinnt gar den Eindruck, zu Beginn der Dreharbeiten hatten die Macher selber noch keine Ahnung, was überhaupt hinter den Ereignissen steckt. So ergibt die ganze Geheimnistuerei um Gideon zu Beginn der vierten Staffel retrospektiv überhaupt keinen Sinn mehr. Die komplette Handlung zerfällt bei einem ersten näheren Blick schlicht in ihre Einzelteile. Und dann konnten sie es trotz der wackeligen Beine, auf denen die Serie steht, doch wieder nicht lassen: Staffel fünf endet mit einem Cliffhanger. Ob der jemals aufgelöst werden wird, ist zweifelhaft. Selbst wenn eine neue Staffel kommt.

Drei neue Charaktere führt Staffel vier ein, die viel Potential versprechen, das die Serie insbesondere mit dem Ausscheiden von Douglas Henshall verloren hatte. Leider wird es absolut nicht genutzt. Der Zuschauer erfährt nie genug Hintergründe über den Zeitreisenden Matt, um seine Aktionen nachvollziehen zu können, sofern er überhaupt mal agiert. Für jemanden, der das Schicksal der gesamten Menschheit auf seinen Schultern trägt, bleibt Matt nämlich erstaunlich passiv. Mit Jess führt man zudem einen Ersatz für Sarah aus Staffel drei ein, der sofort deutlich interessanter ist. Mit ihrer naiv-süßen und grundsympathischen Art auf der einen und ihrer Position im technischen Zentrum des Geschehens auf der anderen Seite wird ein sehr kontrast- und facettenreicher Charakter angelegt. Leider wird sie von den Autoren dann einfach vergessen, selbst die früh angedeutete Schwärmerei für Matt wird schnell schlicht unter den Tisch gekehrt.

Die größten Mängel in der Charakterisierung weist allerdings Philipp Burton auf, der große Gegenspieler der Staffel. Von der Anlage her ebenfalls ein äußerst interessanter und potentiell vielschichtiger Charakter: Philipp hat eine Vision, wie er die Welt aus der Energiekrise führen kann, er verfolgt hehre Ziele und glaubt daran, dass man den Fortschritt nicht blockieren darf. Dazu ist die Rolle mit «Star Trek»-Veteran Alexander Siddig großartig charismatisch besetzt. Philipps Verhalten bis hin in die Katastrophe im Finale könnte faszinierend nachvollziehbar sein, würde das Drehbuch ihn nicht immer wieder den Klischee-Bösewicht raushängen lassen. Wenn Philipp stolz von seinen Plänen schwafelt und radikal gegen die Widersacher vorgehen lässt, wirkt er eher wie ein größenwahnsinniger Schurke aus einem «James Bond»-Film. So erscheint gerade die Wende im Finale, als er sich selbst opfert, absolut aufgesetzt.

Leider bleiben die vierte und fünfte Staffel, die so viel Möglichkeiten zu mehr gehabt hätten, somit nicht mehr als Stückwerk. Im Großen und Ganzen macht «Primeval» auch in den neuen Staffeln weiter Spaß, wenn man Lust auf eine kurzweilige Monsterjagd mit nicht immer technisch ausgefeilten, aber in jedem Fall spektakulär eingesetzten Spezialeffekten hat. Zu schade, dass man diese offenbar weiterhin als den heimlichen Star der Serie sah und darüberhinaus vergaß, Geschichten zu erzählen und mit den Charakteren zu arbeiten.

Noch ist die fünfte Staffel nicht in Großbritannien gelaufen, trotzdem kann man mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass es keine zweite Rettung für «Primeval» geben wird. Denn die vierte Staffel musste bereits neue Tiefstwerte hinnehmen. Auch auf ProSieben hat «Primeval» mittlerweile als Zugpferd für das Montagsprogramm ausgedient. So werden die Zuschauer einmal mehr mit einem Cliffhanger allein gelassen. Wie jedes Jahr bei «Primeval».
13.07.2011 11:00 Uhr Kurz-URL: qmde.de/50753
Stefan Tewes

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Primeval

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