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«Kirschs Blüten»: Ein schmaler Grat

Lena Meyer-Landrut wahrte im Skandal um ihre nackten TV-Tatsachen ihr Gesicht, Ex-Topmodel Jaqueline stürzte hingegen über Raab.

Das Mediengeschäft ist ein zweischneidiges Schwert. Auf seiner scharfen Klinge zu balancieren ist immer dann gefährlich, wenn man droht, darauf auszurutschen. Denn manchmal kann man sich daran bedrohlich schneiden. Im übertragenen Sinne heißt das: Man verbrennt sich die Finger mit den möglichen Skandälchen, die aus dem Nichts heraufbeschworen werden. Das musste auch Lena Meyer-Landrut in der letzten Woche am eigenen Leib erfahren. Dabei ist sie nur über ihre eigene Vergangenheit gestolpert, tiefe Wunden hat der von den Medien aufgestachelte „Skandal“ um ihre nackten Tatsachen in einer Soap bei RTL aber nicht hinterlassen. Doch das Wühlen nach vermeintlichen Sünden vergangener Tage ist ein gängiges Instrument der Medien. So schnell man den Ruhm des Stardaseins erklommen hat, so schnell kann das Tatsachen ans Licht holen, die man selbst lieber verdrängt. Dabei ist nichts Verwerfliches daran, dass „unser Star für Oslo“ Lena ein Jahr vor ihrem Engagement bei der Eurovision-Suche von Stefan Raab bei einigen Sat.1-Formaten als Komparse aktiv war und sich auch bei RTL präsentierte – wie Gott sie schuf. Bei all den Brüsten und der nackten Haut, die im Nachmittagsprogramm der Privatsender zu finden sind, ist das kein Skandal. Aus einer Mücke wurde ein Elefant. Ist das mediale Interesse einmal da, dann gibt es eben nicht nur die vielen Sympathisanten und Fans, sondern auch die Neider und Missgönner des Erfolgs. Da hält sich der Boulevard nicht zurück. Lenas Mentor Stefan Raab ist sowieso polarisierend, so dass seine Kritiker schnell auf den Plan gerufen sind, geht es darum seine Kandidatin in ein schlechtes Licht zu rücken. Doch die junge Lena hat all das nicht verdient. Verdient hat sie es in Oslo Deutschland würdig zu vertreten. Das Aufstellen von Stolperfallen auf ihrem guten Weg ist dabei nur wenig förderlich und zudem eine schmale Gratwanderung der Medien. Denn sollte Lena gut abschneiden, werden sie sie ohnehin alle feiern.

Ein schmaler Grat ist es auch, wenn aufstrebende Talente versuchen den TV-Größen unserer Zeit das Wasser zu reichen. Das endet meistens in peinlichen Auftritten. So gesehen am vergangenen Donnerstag bei «TV total». Das Stolzieren auf dem dünnen Eis, auf das sie sich in der Comedy-Sendung begab, hat Topmodel-Kandidatin Jaqueline, die letzte Woche rausgeflogen ist, offenbar von Heidi Klum noch nicht beigebracht bekommen. Denn dass man sich mit Stefan Raab besser nicht anlegt, ist ihr verborgen geblieben. Dass ein solches Unterfangen höchstens Antipathien beim Publikum einbringt wie bei «Schlag den Raab»-Kandidat Hans-Martin, hat sie offenbar auch vergessen. Welch Wellen das schlagen kann, hat sie allerdings wohl bedacht, doch der Schuss ging nach hinten los. Immer wieder stichelte sie gegen den ProSieben-Entertainer in dem gut vierminütigen Gespräch, schon nach nur einer Minute war das dünne Eis gebrochen. Angefangen hat alles mit Raabs Aussage, dass sie erst 17 Jahre alt sei und ihr ganzes Leben noch vor sich habe. Ihr Alter wollte sie allerdings nicht thematisieren und wurde auch gleich zickig: „Wen interessiert das?“. Raab konterte auf diese patzige Antwort mit Späßchen über ihren Beruf in einem Mercur-Hotel. Jaqueline beschränkte sich dann nur noch auf Sticheleien, die immer mit dem Namen des Moderators begannen und gipfelte mit der Aussage „Männer mit kurzen Haaren können auch nicht Topmodel werden“. Wenig einfallsreich und die versuchte, aber missglückte Schlagfertigkeit konnte der alte Show-Hase Raab stets schnell abschmettern und zog Jaquelines Auftritt ins Lächerliche, was das Publikum amüsierte. So liefen die verbalen Attacken stets ins Leere und die Sympathien der ProSieben-Zuschauer waren auch verspielt.

So schnell kann das gehen: Nur vier Minuten reichen aus, um eine monatelange Aufopferung in Heidi Klums Castingshow zu Nichte zu machen. Am zweischneidigen Schwert hatte Jaqueline sich gewaltig geschnitten. Besser wäre es gewesen auch über sich selbst lachen zu können und nicht allzu ernst in eine Comedy-Sendung zu gehen. Die Wanderung auf dem schmalen Grat des Showbusiness verlangt eben auch Selbstironie. Ein solcher Fehltritt ist Lena Meyer-Landrut erspart geblieben. Mit viel Offenheit hat sie auf die heraus gekramten TV-Bilder reagiert und wahrte ihr Gesicht als sympathische, kecke Sängerin. Wünschen wir ihr, dass sie weiterhin die Balance bei ihren Gratwanderungen halten kann – mit der Rückendeckung eines Stefan Raab braucht man sich da aber keine großen Sorgen machen, kennt er das Mediengeschäft doch wie seine eigene Jackentasche, auch mit Gedächtnisverlust.

«Kirschs Blüten» gehen auch nächste Woche wieder auf – jeden Dienstag. Nur bei Quotenmeter.de!
11.05.2010 00:00 Uhr Kurz-URL: qmde.de/41883
Jürgen Kirsch

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Kirschs Blüten

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