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Popcorn und Rollenwechsel: KeinKritikerVorstellung

Das gute und nervige im Kino, das auffällige und das, was im Verborgenen bleibt. Ob das Geschehen vor der Leinwand, auf der Leinwand oder hinter den Kulissen: Unser Filmkolumnist richtet sein waches Auge auf die Filmkultur und lässt uns wissen, was er von den Ereignissen rund ums Kino hält.


Presseboykott. Regisseur, Schauspieler, Drehbuchautor und Produzent Til Schweiger bezeichnet seine Filme als seine Kinder, und er wolle nicht mit ansehen, wie sie von der Presse verprügelt werden, während das Publikum seine Regiearbeiten offensichtlich liebe. Deshalb lud er nur wenige, auserwählte Kritiker zu Pressevorführungen seiner romantischen Komödie "Zweiohrküken" ein. Der Rest musste draußen bleiben und ein reguläres Kinoticket lösen, um den Film gemeinsam mit Normalsterblichen zu begutachten.
Einige Magazine und Internetportale nahmen diese ungewöhnliche Entscheidung als Anlass, um an Stelle der Vorabkritik des Films einen erzürnten Artikel über die bockigen Methoden Schweigers und seine totale Arroganz gegenüber Kritikern zu veröffentlichen.



Ich möchte dagegen an dieser Stelle meinen Hut ziehen und applaudieren. Gut gemacht, Herr Schweiger! Sehr gut gemacht! Und der schnell am Publikum vorbeiziehende Seitenhieb auf Kinokritiker in "Zweiohrküken" hat mir ebenfalls sehr gefallen.
Schweigers Argumentation in einigen seiner Interviews ist nicht durchgehend flüssig, aber gerade in einem Punkt hat er vollkommen Recht: Reine Unterhaltung (vor allem die aus deutschen Landen) hat es, besonders beim Feuilleton, nicht leicht.
Mitunter liegt es nicht einmal am Kritiker selbst. Durchaus gibt es einige Kritiker, die einfach nur eine snobistische Haltung gegenüber Unterhaltungsfilmen zu Tage legen, allerdings denke ich, dass die meisten Filmkritiker sozusagen ein "Opfer" der Situation sind, die in Pressevorführungen herrscht. Da sitzt man als Kritiker im Kino, nicht etwa in der Hoffnung, sich gut unterhalten zu lassen, sondern weil man auf sämtliche Makel dieses Films zu achten hat. Und um einen herum befinden sich bloß Leute, denen es genauso geht.

Man muss es sich mal so vorstellen: Man geht in eine Pizzeria. Nicht um einen leckeren, italienischen Teigfladen zu verköstigen. Nein, nein. Man bekommt Geld dafür zu merken, dass der Teig dieses Mal dünner ist als letztes Mal, der Käse keine langen Fäden zieht und das Oregano nicht satt grün strahlt. Egal, wie gut das Ergebnis schmeckt.

Schweiger zwingt Kinokritiker mit seiner Methode, sich "Zweiohrküken" zusammen mit "normalen Sterblichen" anzusehen. Leuten, die über einen Witz lachen, selbst wenn er nichts zur Story beiträgt. Menschen, die keine Beleuchtungsfehler bemerken. Und im Falle einer romantischen Komödie auch auf Leute, die gerade für etwas süßen Herzschmerz bereit sind. Das wirkt ansteckend.

Auf diese Weise hilft Schweiger nicht nur den Kritikern zurück zu einer "menschlicheren" Betrachtung von Kinofilmen, zugleich profitieren die Kinobesucher davon. Denn wenn sie eine solche Kritik vorgesetzt bekommen, dann lesen sie einen Bericht von jemanden, der den Film mit den selben Augen betrachtete wie sieht.
Schlechte Filme erhalten dadurch nicht wie durch ein Wunder herrausragende Rezensionen. Aber ganz passable, unterhaltsame Filme werden auf diesem Wege vor unnötig bissigen Kommentaren bewahrt.

Das war's dann für diese Woche von "Popcorn und Rollenwechsel". Nächste Woche gibt es eine neue Ausgabe. Es sei denn die Kinokritiker-Mafia findet bis dahin heraus, wo ich lebe.
07.12.2009 00:00 Uhr Kurz-URL: qmde.de/38888
Sidney Schering

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Popcorn

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