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Castingshows: Das perverse Spiel um die Quote

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Der Ruf von Castingshows war nie gut, doch in letzter Zeit häufen sich die Meldungen um Betrug, Manipulation und falsches Spiel bei der Talentsuche. Können es sich die Sender aber überhaupt leisten, die Shows zu inszenieren? Was läuft hinter den Kulissen ab? Quotenmeter.de informiert.

Auch bei dem ProSieben-Format «Popstars», aktuell in der achten Staffel, geht laut Sido, einem ehemaligen Juror, nicht alles mit rechten Dingen zu: Eine Ampel im Hintergrund habe der Jury angezeigt, wer weiterkommt und wer nicht. „Du kannst so gut performen, wie du willst. Wenn du keine spannende Story zu erzählen hast, kommst du nicht weiter,“ sagt Sido. ProSieben dementiert die Vorwürfe vehement. Holger Roost-Macias, Chef der Produktionsfirma Tresor TV, die die Casting-Show für ProSieben macht, wollte sich auf Anfrage von Quotenmeter.de nicht äußern. Doch klar ist: Auch bei «Popstars» werden die Kandidaten teils in Schubladen gesteckt und mit einem Image versehen, das ihnen selbst vielleicht sehr fremd ist. Zu Detlef D! Soost sagt Sido: „Er ist ein Vollidiot, privat genauso abgebrüht wie in der Sendung. Er muss das nicht mal spielen.” Sind die Aussagen des Rappers glaubwürdig? Nicht unbedingt. Aber warum sollte er lügen?

Im September 2009 haben Martin Kesici, Gewinner der ersten «StarSearch»-Staffel in Sat.1, und Markus Grimm, Mitglied der ehemaligen «Popstars»-Band Nu Pagadi, ein Enthüllungsbuch mit dem Titel „Sex, Drugs & Castingshows“ herausgegeben. In diversen Interviews liest man heraus, wie hart es hinter den Kulissen wirklich zugeht. Die Band Nu Pagadi habe nur ein Minimum des Plattengewinns bekommen, den Großteil hätten Sender und Plattenfirma eingestrichen. In einem Gespräch mit FAZ.net sagt er: „Wir (…) mussten zum Beispiel für Reisekosten aufkommen. Das ist laut Vertrag bei allen so.” Kesici betont die Illusion, die Sender und Produktionsfirma den Kandidaten vorspielen, nur damit diese das Geschäft mitmachen: „Sie verkaufen einen Traum, den man nicht träumen kann. Wenn man von der Plattenfirma fallengelassen wird, weil die nächsten Sieger nachrücken, merkt man, wie hart dieses Business ist.“



Im Buch kritisieren Kesici und Grimm besonders das aufeinander abgestimmte Zusammenspiel zwischen den Castingshows und der Boulevardpresse, die gezielt Meldungen streut. Plötzlich konnte in der Zeitung gelesen werden, dass Kesici eine Drogenvergangenheit hat – selbst sein Vater wusste vorher nichts davon, und nun die ganze Öffentlichkeit. Die Produktionsfirmen suchten gezielt nach skandalösen Informationen oder Bildern, um das Interesse der Zuschauer zu wecken und die Quote nach oben zu treiben. Besonders imposant kommen intime Geständnisse, Tränen oder auch Zusammenbrüche, wie im Fall von Grimm. „Halt drauf, wir brauchen das. Das sind gute Bilder!“, soll der Regisseur geschrien haben, als Grimm sich einmal übergeben musste. Allgemein kritisieren die Ex-Gewinner den Hang zur Dokusoap bei den Shows: Es gehe zu wenig um Musik, zu viel um schlimme und aufregende Geschichten der Kandidaten. In den USA sei das anders, deswegen gebe es dort auch Gewinner mit lang anhaltendem Erfolg. Angehenden Castingshow-Teilnehmern rät Grimm daher: „Jeder der hingehen will, kann gern gehen - nur nicht mit falschen Erwartungen. Man wird nicht zum Star. Man kann auf sich aufmerksam machen und ein bisschen Erfahrungen sammeln, aber das ist alles.“

Was ist die Erkenntnis aus den Interviews, Enthüllungsbüchern und Statements von Ex-Juroren und ehemaligen Gewinnern? Wirklicher Betrug bei Castingshows ist gar nicht nötig. Die Produktionsfirmen und Sender sind nämlich mächtig genug, die Zuschauer oder Juroren so zu manipulieren, wie es der Quote hilft. Soll ein Kandidat weiterkommen oder gewinnen, wird er zu diversen Interviews geschickt und mit positiven Boulevardbeiträgen in den verschiedensten Fernsehmagazinen unterstützt, damit die Zuschauer später für ihn anrufen. Braucht es einen Kapser für die Quote, der medial gedemütigt wird, wird die Berichterstattung eben danach ausgerichtet – und stempelt junge Menschen wie Stephan Darnstaedt mit dem „Heulsusen“-Image ab, sodass er manchmal heute noch auf der Straße beleidigt wird.

Die Castigshow-Maschinerie ist ein perverses Spiel nur um Eines: Die Quote. Nach dem Ende der Shows beginnen die Vorbereitungen für die nächste Staffel und die Gewinner erreichen mit ihrem ersten und meist einzigen Album den höchsten Chartplatz. Danach werden sie von den Labels fallen gelassen, teilweise aus dem Vertrag gedrängt – der Castingshow-Typ sei verbraucht, heißt es dann. Wer sich also Castingshows im Fernsehen ansieht, der sollte wissen, dass es niemand auf den künstlerischen oder musikalischen Erfolg eines Menschen abgesehen hat, sondern nur auf die Unterhaltung der Zuschauer, die Brot und Spiele wollen. Und so wird die Nation weiter mitfiebern, wenn Onkel Dieter wie einst Caesar den Daumen hebt oder senkt und damit Karrieren entscheidet. So oder so: Die Kandidaten der Castingshows, die metaphorisch den Löwen zum Fraß vorgeworfen werden, sind am Ende immer die Verlierer.
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22.10.2009 08:49 Uhr Kurz-URL: qmde.de/37979
Jan Schlüter

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Popstars

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