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«Carnival Row»: Staffel 2-Kritik – Vom Hoffnungsträger zum Rohrkrepierer

Mit erzählerischen Schwächen aber großem Potential startete vor knapp vier Jahren die erste Staffel der Fantasyserie «Carnival Row». Die finale zweite Staffel trägt allerdings jegliche Vorschusslorbeeren Stück für Stück zu Grabe.

Wann genau die Autoren von «Carnival Row» erfahren haben, dass die zweite Staffel ihrer Dark-Fantasy-Serie auch gleichzeitig die letzte sein würde, lässt sich nicht genau spezifizieren, doch anhand des Handlungsverlaufs dürfte dies erst nach der langen Drehunterbrechung und der Fertigstellung einiger Folgen geschehen sein. Zumindest die ersten beiden Folgen starten noch ansatzweise auf dem Niveau der Vorgängerstaffel mit all ihren Stärken und Schwächen. Je länger die Staffel voranschreitet, desto deutlicher wird allerdings, dass die Autoren versucht haben müssen, einen viel größeren Handlungsbogen als möglich in die diese finale Staffel zu quetschen.

Die Staffel beginnt bereits mit der Darstellung zweier parallel zueinander verlaufender Erzählstränge, die die Erzählung des jeweils anderen immer wieder unterbrechen. Beide beschäftigen sich mit politischen Systemen, der eine zieht mit der Ghetto-Thematik Analogien zum Nationalsozialismus, der andere zum Kommunismus. Doch letztlich schafft es keines dieser großen Themen echte Prägnanz zu vermitteln und klare Strukturen zu entwickeln. Dies gilt gleichermaßen für die kleineren, zwischenmenschlichen Aspekte der Handlung. Am ehesten deutlich wird dies anhand der in Staffel eins noch groß aufgebauten Lovestory zwischen den Protagonisten Rycroft und Vignette, die die Autoren nun offensichtlich wieder verwerfen wollten, allerdings keine wirkliche Idee hatten, wie dies organisch von statten gehen sollte. Das Auseinanderdriften der beiden Figuren fühlt sich zu keiner Zeit echt an, die Dialogszenen wirken aufgesetzt und teilweise gar völlig widersprüchlich. Von schauspielerischer Seite aus macht es den Eindruck als sei dieser Faktor auch Delevingne und Bloom nicht entgangen, denn in einigen Szenen wirkt es fast so als hätten sie keine Ahnung wie sie mit den schwachsinnigen Handlungsentscheidungen ihrer Figuren, die dem einzigen Ziel dienen Konfliktpotential zu erschaffen, umgehen sollen.

Diese widersprüchliche Charakterentwicklung lässt sich von Folge zu Folge auch auf zahlreiche weitere Handlungsstränge übertragen, bei denen jegliche Kohärenz zu fehlen scheint. Je weiter die Geschichte voran schreitet, desto mehr macht es den Eindruck als würden ganze Handlungsstränge, die Erklärungen für das Vorgehen vieler Charaktere liefern könnten, gänzlich fehlen. Durch die zahlreichen Widersprüche wirkt die Handlung stetig aufgesetzter und teilweise gar stupide.

Wirklich überzeugen kann «Carnival Row» nur noch von der visuellen Seite aus. Kostümbild und Spezialeffekte sind stets erstklassig, das offensichtlich hohe Budget macht sich zumindest hier noch bemerkbar. Retten kann das visuelle Erscheinungsbild die unglaubwürdige Handlung allerdings nicht mehr.

Fehlende Kohärenz, gekünstelte Konflikte und ein eilig zusammengeschustertes Ende machen aus der zweiten Staffel «Carnival Row» die große Enttäuschung des noch jungen Jahres, denn jegliches Potential, das Staffel 1 noch erahnen lies, bleibt ungenutzt. Die Absetzung der Serie dürfte nach Sichtung der Staffel für jeden Fan allerdings deutlich besser zu verkraften sein als davor.

Die zweite, finale Staffel «Carnival Row» ist ab dem 17.02.2023 bei Amazon Prime Video abrufbar.
19.02.2023 11:00 Uhr Kurz-URL: qmde.de/140375
Marc Schneider

super
schade

72 %
28 %

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Tags

Carnival Row

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