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«Yellowstone»: Kritik zur Neo-Western-Serie mit Kevin Costner

Mit rund drei Jahren Verspätung startet nun auch in Deutschland die aktuell erfolgreichste Serie im US-Kabelfernsehen.

«Yellowstone» ist eines dieser interessanten Beispiele einer initial von den amerikanischen Kritikern abgestraften Serie, die binnen kürzester Zeit zum absoluten Publikumsliebling avancierte und Woche für Woche gigantische Quoten im US-Kabelfernsehen einfährt. Es überrascht dabei nicht, dass im politisch aufgeheizten Amerika eine Serie, die den uramerikanischen Heldentypus des Cowboys in den Mittelpunkt stellt und als Antagonisten unter anderem Teile der indigenen Bevölkerung einführt, bei vielen Journalisten einen schweren Stand hat.

Es ist allerdings ein schwerwiegender Fehler «Yellowstone» durch eine rosarote politisch korrekte Brille zu betrachten, denn die Serie findet in einer Art autonomen Mikrokosmos statt, der mit der heutigen westlich geprägten Debattenkultur nichts gemein hat. Regisseur und Drehbuchautor Taylor Sheridan hat rund um die titelgebende Yellowstone Ranch in Montana eine Gruppe von Cowboys und Outlaws erschaffen, die sich um das restliche Amerika nur dann kümmert, wenn diese Autonomität und der damit verbundene Landbesitz bedroht wird. «Yellowstone» ist ein Neowestern der sich einer längst in Vergessenheit geratenen Ursprünglichkeit des amerikanischen Traums bedient.

Im Fokus steht John Dutton (Kevin Costner) als Patriarch der Familie Dutton, der die größte zusammenhängende Ranch der USA besitzt und dessen erklärtes Lebensziel es ist, dieses Land mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu verteidigen. Die Vorgehensweise ist dabei brutal und kompromisslos. Wer das Leben und den Besitz der Familie bedroht, wird auf die eine oder andere Weise eliminiert. Die Protagonisten erinnern in ihrer gradlinigen und gnadenlosen Vorgehensweise allesamt an Figuren aus den kernigen Urwestern der 1950er und 1960er Jahre. Dem Männlichkeitsbild wird praktisch kein Raum für Schwäche zugestanden, was allerdings auch auf die wenigen im Zentrum stehenden Frauen zutrifft. «Yellowstone» ist eine Serie, in der ausnahmslos das Gesetz des Stärkeren gilt. Wer sich Schwäche leistet, bleibt auf der Strecke. Als Kontrast hierzu fällt die Interaktion zwischen den verschiedenen Charakteren samt Intrigen, Verrat und Liebeleien eher in die Kategorie von 1980er Jahre Seifenopern wie «Dallas» oder «Der Denver-Clan», wodurch ein Gesamtbild entsteht, dass zumeist überzeugend eine Kombination dessen wiederspiegelt, was über (verschiedene) Jahrzehnte hinweg für die höchsten Einschaltquoten im US-Fernsehen sorgte.

Visuell fantastisch inszeniert wird der Zuschauer von den weitläufigen, naturbelassenen Landschaftsbildern unweigerlich eingefangen und kann den Willen, dieses Stück unberührte Erde, frei von Industrie und Umweltverschmutzung, zu besitzen und zu verteidigen, nur allzu gut nachvollziehen. Das Szenenbild beschränkt sich dabei überwiegend auf die titelgebende Ranch, samt Haupthaus und Schlafbaracke für die Angestellten, sowie die angrenzende Kleinstadt, wodurch dieser eigenständige Mikrokosmos geschaffen wird, der die restliche Welt gekonnt ausblendet. Yellowstone romantisiert dabei die Vorstellung eines Cowboys der ein ursprünglicheres, authentischeres und dadurch letztendlich auch besseres Leben führt, als die restliche Menschheit in ihrer grauen, urbanen von technologischem Fortschritt bestimmten Außenwelt. Die Angst davor, dass dieses Leben von Außenstehenden beendet werden könnte, dominiert jeden Handlungsstrang der Serie. Während die Haupthandlung meist stringent verläuft und sich nach und nach mit verschiedenen Antagonisten beschäftigt, die versuchen der Familie Dutton den Grundbesitz und ihre Art zu leben streitig zu machen, sind es insbesondere die Nebenplots, die zwar eingeführt werden, aber partiell ohne Auflösung ins Leere verlaufen. Dies ist insbesondere auf das hohe pacing des Plots zurückzuführen, der teilweise in einer Geschwindigkeit voranschreitet, den man eher in Filmen, als in Serien zu finden vermag.

«Yellowstone» ist das letzte Einhorn einer ausgestorbenen Art von Fernsehen und eines heute häufig unpopulären Männlichkeitsbilds, dass zwischen Macho und Gentlemen der alten Schule seinesgleichen sucht. Und auch wenn wir es hier eindeutig mit rauen Antihelden statt glattgebügelten Strumpfhosenhelden zu tun haben, bei denen man sich nie so ganz sicher sein kann ob sie tatsächlich die „Guten“ mit ehrenwerten Motiven repräsentieren, so ist es überaus erfrischend eine Serie im Repertoire zu haben, in der „political correctness" noch nicht einmal zum Fremdwortschatz gehört. Wer sich auch heute noch an klassischen Western mit John Wayne oder Clint Eastwood erfreuen kann, dem sei Yellowstone wärmstens empfohlen.

Der Pay-TV Sender Sony AXN beginnt mit der Ausstrahlung der erstem Staffel am 24. November und zeigt immer dienstags ab 21.10 Uhr eine neue Folge. Im Anschluss ist die Episode, sowie die Episode der Folgewoche über die Sony-AXN-Channels bei Amazon Prime Video, Vodafone und MagentaTV abrufbar.


24.11.2020 10:00 Uhr Kurz-URL: qmde.de/122979
Marc Schneider

super
schade

84 %
16 %

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Tags

Yellowstone Dallas Der Denver-Clan

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