Quotenmeter.de präsentiert sechs sehenswerte Filme, die durch ihren Umgang mit Sex auffallen. Seien sie erotisch, skandalös oder dadurch beeindruckend, dass sie durch Sex eine starke Geschichte erzählen. Zum Abschluss: das streitbare Projekt «Love 3D».
Die Handlung
Filmfacts: «Love 3D»
Buch und Regie: Gaspar Noé
Produktion: Brahim Chioua, Vincent Maraval, Gaspar Noé, Lourenco Sant'Anna, Rodrigo Teixeira, Edouard Weil
Darsteller: Aomi Muyock, Karl Glusman, Klara Kristin, Ugo Fox, Juan Saavedra, Aaron Pages
Schnitt: Denis Bedlow, Gaspar Noé
Kamera: Benoît Debie
Veröffentlichungsjahr: 2015
Laufzeit: 135 Minuten
FSK: ab 18 Jahren
Zügellos ist sie, Murphys (Karl Glusmann) stürmische Liebe zu Electra (Aomi Muyok), ein Rausch aus Drogen und Sex und wilden Experimenten. Nichts ist verboten, alles wird ausprobiert, zu zweit, zu dritt, die Leidenschaft scheint grenzenlos. Und doch sind mittlerweile zwei Jahre vergangen, seitdem die Französin den jungen Amerikaner nach einem Seitensprung samt Kind verlassen hat. Mittlerweile lebt er mit der braven Omi (Klara Krisin) zusammen, doch die Liebe ist längst erloschen. Als ihn ausgerechnet am Neujahrestag die Nachricht erreicht, Elektra könne sich etwas angetan haben, begibt sich Murphy auf die Suche nach ihr und damit auf eine Reise ans Ende der Nacht, in der sich Murphy den Dämonen der Vergangenheit stellt und sich in einem orgiastischen Trip verliert, der ihn an die Grenzen seiner Existenz führt...
Der Umgang mit Sex
Die kinematografische Ergüsse des Regisseurs Gaspar Noé sind immer auch mit einer Art Mutprobe verbunden. Das Wort Erguss leitet sogleich die Thematik von «Love» ein. Jenem Film, den Gaspar Noé einst sogar in Cannes vorstellte und mit dem sich der Inszenator sicher ein ähnliches Aufsehen erhoffte, wie es ein Jahr davor Lars von Triers «Nymph()maniac» gelang. Doch die dreidimensionale Orgie schockt zwar auf den ersten Blick, wenn Noé Spermafontänen in Richtung Publikum schießen lässt, wenn sich die Kamera in einer minutenlangen Eröffnungssequenz nicht davon loslöst, wie die Hauptfigur seine Bettgespielin mit dem Finger penetriert, oder wenn Noés Kameramann Benoît Debie («Spring Breakers») beim Sex ganz nah an die Geschlechtsteile der Protagonisten heranfährt.
Das ist zunächst mutig und entlarvt sich ob der unspektakulären Geschichte schließlich selbst als pure Provokation. Gaspar Noé geht es also gar nicht um die Lust an der Nacktheit, sondern darum, aus seinem Publikum die größtmögliche Reaktion heraus zu kitzeln - typisch für ihn! Damit ist «Love» zwar wesentlich oberflächlicher als etwa «Nymph()maniac», der sich noch mit Nachdruck gegen den Ausdruck „Kunstporno“ zur Wehr setzen konnte, bei «Love» ist das indes nicht so einfach. Gaspar Noés Film ist schlussendlich nicht mehr als ein Sexstreifen unter dem visuellen Deckmantel eines Arthousefilms.
Die 6 glorreichen Aspekte von «Love 3D»
Trotz des sexuellen Schwerpunktes, der schon deshalb über «Love» liegt, weil fast im Minutentakt unterschiedliche Matratzensportvariationen praktiziert werden, machen viele Szenen deutlich, dass es Gaspar Noé nach mehr dürstet. Schon die erste Szene, die nach einem minimalistischen Prolog und der Titeleinblendung folgt, stellt das Thema der menschlichen Distanz in den Mittelpunkt. Es geht um die Beziehung des Protagonistenpärchens Murphy und Omi, die sich beide auseinander entwickelt haben und nur für ihr Kind weiterhin zusammenbleiben. Wie genau die beiden zueinander stehen und wie sich ihre Liebe entwickelt hat, dazu schweigt «Love» wohlweislich. Erst mit der Zeit ergibt sich durch Rückblenden das komplexe Bild einer kaputten Beziehung, die von Leidenschaft, Sex und Schmerzen geprägt ist.
Diese erzählerische Dichte durchbricht Noé immer wieder gezielt mit expliziten Sexszenen. Wenn die Protagonisten miteinander schlafen, ist dies selten ästhetisch, doch anders als der Gedanke von Lars von Triers «Nymph()maniac», der seinen Film auf eine ähnliche Weise bewusst lieblos inszenierte, um mithilfe des Sex die zwischenmenschliche Verrohung seiner Figuren hervorzuheben, bemüht sich «Love» stets darum, mithilfe seiner Nacktszenen die leidenschaftliche Liebe unter seinen Protagonisten darzustellen. Hierdurch verbinden sich die harten und zarten Momente zu einer Einheit, genauso wie die Menschen auf der Leinwand zu einer Einheit verschmelzen. Der provokative Gedanke wird schließlich davon unterstrichen, dass Gaspar Noé sich inszenatorischer Elemente bedient, die sich mit Absicht der Effekthascherei, und nicht der Untermauerung der einzelnen Aussagen zuordnen ließen. Wenn der Skandalfilmer einen Cumshot aus dem Inneren einer Vagina zeigt, steht das in keinem Verhältnis zur eigentlichen Aussage des Films, die sich grob mit „Sex und Liebe sind zwei verschiedene paar Schuhe“ umreißen lässt. Um dies nachdrücklich zu unterstreichen, bedarf es keiner ausgedehnten Sexszenen, die mit ganz unterschiedlicher Intention inszeniert sind.
Dass sich die Figuren schwer tun, eine Nahbarkeit aufzubauen, ist selbstredend. Es ist konsequent, dass all die Oberflächlichkeit und Leere, mit der «Love» zwischen den Zeilen spielt, auch vor dem Gefühl beim Zuschauen nicht Halt macht. Das Leinwandgeschehen versucht, sich seinen Weg bis zum emotionalen Zentrum des Publikums zu bahnen und scheitert bewusst daran, dass ein jeder von uns Dinge an unseren Mitmenschen braucht, die sie für uns interessant machen. Die von Karl Glusmann, Aomi Muyok und Klara Kristin verkörperten Hauptfiguren sind keine, die sich durch Ecken und Kanten hervortun könnten. Sie sind da und sind doch nicht da – in einer Welt, die uns viel zu fern bleibt, als dass wir uns wirklich mit ihr auseinandersetzen könnten.
«Love 3D» ist auf DVD, Blu-ray und 3D Blu-ray erschienen und via Amazon, Netflix, Maxdome, Videobuster, Juke, Rakuten TV, Videoload und Videociety abrufbar.
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