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Die Kino-Kritker: «Bailey - Ein Freund fürs Leben»

Des Deutschen liebster Vierbeiner wird in «Bailey - Ein Freund fürs Leben» zum poetischen Off-Sprecher, der über den Sinn des Lebens philosophiert.

«Bailey - Ein Freund fürs Leben»

  • Kinostart: 23. Februar 2017
  • Genre: Tragikomödie
  • FSK: o.Al.
  • Laufzeit: 100 Min.
  • Kamera: Terry Stacey
  • Musik: Rachel Portman
  • Buch: W. Bruce Cameron, Cathryn Michon, Audrey Wells, Maya Forbes, Wally Wolodarsky
  • Regie: Lasse Hallström
  • Darsteller: Dennis Quaid, Peggy Lipton, K.J. Apa, Bryce Gheisar, Juliet Rylance, Luke Kirby
  • Sprecher: Florian David Fitz
  • OT: A Dog's Purpose (USA 2017)
Diesem Film ging ein Skandal voraus. Und auch, wenn die Wogen mittlerweile geglättet scheinen, wird Lasse Hallströms Romanadaption «Bailey – Ein Freund fürs Leben» diesen wohl nicht mehr los. Tierschützer schalteten sich ein, als ein Video von den Dreharbeiten aufgetaucht war. Darin zu sehen: ein Tiertrainer, der Filmhund Hercules scheinbar mit Gewalt in die reißenden Fluten eines Wasserbeckens zu stoßen versucht. Der augenscheinlich verschüchterte Vierbeiner soll im Anschluss daran auch noch fast ertrunken sein – ein gefundenes Fressen für die Tierschutzorganisation PETA, die sogleich zum Boykott aufrief. Die Folge: Nicht nur die Weltpremiere wurde gecancelt, auch die Filmschaffenden selbst reagierten mit Bestürzung. Mittlerweile scheinen sämtliche offenen Fragen aus der Welt geschafft. Die American Humane Association (AHA), die tierfreundliche Filmproduktionen normalerweise mit dem Satz „No Animals were Harmed“ ausstattet, gab bekannt, dass das Gutachten einer unabhängigen Partei zu dem Schluss gekommen sei, dass während der Dreharbeiten von «Bailey» weder Tiere zu Schaden kamen, noch tierunfreundliche Methoden angewandt wurden. Dennoch räumt die Organisation ein, dass die Behandlung von Hercules (zumindest in der skandalumwitterten Szene) freundlicher hätte ausfallen dürfen. Trotzdem: Unter der Annahme, dass all diese Angaben tatsächlich der Wahrheit entsprechen, lässt sich schon mit einem deutlich besseren Gewissen ein Kinoticket lösen. Betrachtet man nämlich ausschließlich das Endergebnis, so ist die tragikomische Geschichte ein zwar oberflächliches, aber gerade für Hundefreunde liebevoll inszeniertes Plädoyer für das harmonische Zusammenleben zwischen Mensch und Tier.

Aus dem Leben eines Hundes


Ethan (Bryce Gheisar) ist acht Jahre alt, als der verspielte Golden Retriever Bailey (deutsche Stimme: Florian David Fitz) sein bester Freund wird. Hund und Herrchen sind unzertrennlich und überstehen sogar Ethans (als Teenie: K.J. Apa) ersten Liebeskummer zusammen. Auch als ihre gemeinsame Zeit zu Ende ist, verlässt Bailey seinen „Seelenmenschen“ niemals: Im Lauf der Jahrzehnte kehrt der treue Hund in verschiedenen Reinkarnationen zurück – sogar als Polizeihündin – und lernt mit jedem neuen Leben etwas dazu, bis er den längst erwachsenen Ethan (Dennis Quaid) endlich wiederfindet…

Basierend auf dem Roman «A Dog’s Purpose», was auf Deutsch in diesem Zusammenhang so viel wie „Des Hundes Sinn“ bedeutet, lässt Lasse Hallström («Lachsfischen im Jemen») einen mehrfach wiedergeborenen Hund darüber sinnieren, worum es im Leben eigentlich geht. In der Originalfassung übernimmt diesen Part des Off-Sprechers Komiker Josh Gad. In der deutschen Synchro versucht sich Florian David Fitz («Willkommen bei den Hartmanns») in der Rolle. Ihm kommt die große Aufgabe zu, das sich auf viele verschiedene Hunde ausdehnende Geschehen einzig und allein mit seiner Stimme zusammenzuhalten. Denn gerade für die jüngeren Zuschauer könnte einer der Hauptaspekte in «Bailey» tatsächlich recht verstörend wirken: Der flauschige Hundewelpe fällt nicht bloß schon nach wenigen Minuten dem ersten Tod (und damit der ersten Reinkarnation) zum Opfer, sondern wird in den darauf folgenden 100 Minuten noch ganze dreimal sterben und wiedergeboren werden. Das ist ein interessanter und durchaus konsequenter Umgang mit einem Thema, das uns auf unserem Lebensweg ohnehin mehrmals begegnet: dem Tod. Doch trotz der durchaus märchenhaften Prämisse könnte es für ganz junges Publikum auch schwer zu ertragen sein, dass es sich immer wieder aufs Neue an einen zudem ganz anders aussehenden Hund als Hauptfigur gewöhnen muss.

Da hilft es sehr, dass sich Fitz in seiner Tonalität auf die Augenhöhe eines Kindes begibt; seine unbedarft-naive Art, das Geschehen von Außerhalb zu kommentieren, entspricht nicht der eines Erwachsenen, sondern erinnert eher an den Ideen- und Gedankenreichtum eines Grundschulkindes („Immer, wenn Vater so gerochen hat, wurde er aggressiv!“). An dieser Stelle gibt er Heranwachsenden möglicherweise den Halt, der ihnen durch die Handlung ein ums andere Mal entrissen wird.

Seicht und kitschig oder liebevoll und süß?


Ich bin nicht unbedingt ein Hunder- ODER Katzenmensch. Trotzdem sind beide Tiere sehr unterschiedlich. Vor einigen Jahren ist mir mal eine Katze zugelaufen. Ich habe eine Katze immer ein wenig als ein "Haustier light" aufgefasst, da diese Tiere sehr selbstständig sind. Ein Hund dagegen möchte ein Teil von deinem Leben und deinem Rudel sein.
Florian David Fitz über seine Beziehung zu Hunden
An den menschlichen Hauptfiguren lässt es sich nämlich nur schwer orientieren. Obwohl das Schicksal des jungen Ethan, den «Bailey – Ein Freund fürs Leben» vom Kindes- bis ins junge Erwachsenenalter begleitet, am ehesten im Vordergrund der Erzählung steht, widmet sich Lasse Hallström nach dieser Episode zu lange auch den anderen Lebensgeschichten Baileys. Er erwacht im Körper eines Polizeihundes, wird zum Seelentröster einer einsamen Studentin und landet schließlich im Vorgarten einer mittellosen White-Trash-Familie. Dadurch ändert sich das komplette menschliche Umfeld regelmäßig – und alles außerhalb von Ethans Familie ist allenfalls Staffage. Das macht es schwer, sich näher mit Charakterentwicklungen und Schauspielleistungen auseinanderzusetzen, denn beides ist hier ohnehin nebensächlich. Negative Ausfälle sind jedoch nicht zu beklagen. Mehr noch: Vor allem die Darstellung des jungen Ethan durch Bryce Gheisar («Schreck-Attack») und K.J. Apa («Riverdale») gefällt in ihrer Unbekümmertheit. Das Hauptaugenmerk soll dennoch klar auf Baileys Gedankengängen liegen, der anhand seiner stetig wechselnden Leben über den Sinn seiner Existenz schwadroniert. Das geht in seiner Simplizität durchaus zu Herzen, denn hinter dem Grundgedanken, dass es im Leben vor allem um Liebe und um das Genießen des Moments geht, ist erst einmal nichts einzuwenden.


Doch über den philosophischen Mehrwert von derartigen Abreißkalender-Spruch-Botschaften kommt «Bailey – Ein Freund fürs Leben» einfach nicht hinaus. Was das Ganze allerdings absolut vertretbar und zwar oberflächlich, aber doch auch immer wieder niedlich und berührend gestaltet, ist die Tatsache, dass dahinter weder eine irreführend-falsche Moral, noch ein vorgegaukeltes, höheres Ziel steckt.

Es ist ganz wie mit ebenjenen Kalendern: Nicht jeder hängt sich einen auf, doch diejenigen, die einen haben, erfreuen sich gern an dieser täglichen Dosis Motivation. Passend dazu kleidet Lasse Hallström seine Geschichte in den akustischen wie visuellen Look seiner bisherigen Filme. Weichgezeichnete Postkartenpanoramen wechseln sich ab mit immer einen Tick zu roten Sonnenuntergängen und immergrünen Sommerwiesen. Regnen tut es hier selbstverständlich nur, wenn das zeitgleich auch die emotionale Grundstimmung der Hauptfiguren unterstreichen kann, doch alles in allem verfolgt der Regisseur ohnehin so sehr den märchenhaften Touch der Vorlage, dass die kitschromantische Attitüde des Films am wenigsten die Leute stören wird, die sowieso wissen, was sie erwartet. Die im Mittelteil ein wenig zähe und in der Episode um Bailey als Polizeihündin überraschend actionlastige Tragikomödie ist ein Film für Liebhaber des seicht-lebensbejahenden Kinos, das sich (abseits der Schlagzeilen von den Dreharbeiten) mit einem weitaus besseren Gewissen genießen lässt, als moralisch fragwürdige Rührstücke wie «Verborgene Schönheit» oder «Den Sternen so nah». Wirklich neue Erkenntnisse aus dem Bereich der Sinnsuche sollte man allerdings nicht erwarten. Dafür führt einem Lasse Hallström in perfekt komponierten Posterbildern (Kamera: Terry Stacey) vor Augen, wie faszinierend die Freundschaft zwischen Mensch und Hund doch sein kann. Wer noch keinen hat, wird sich spätestens nach «Bailey – Ein Freund fürs Leben» selbst einen Hund anschaffen wollen.

Fazit


«Bailey – Ein Freund fürs Leben» ist kein Kritiker-, sondern ein Publikumsfilm. Oberflächlichkeit und gefällige Gefühlsduselei lassen sich nicht leugnen, doch irgendwie schafft es Lasse Hallström, dass man ihm trotzdem nie böse sein kann. Als Hundeliebhaber und ohne die aller größten Ansprüche an einen charmant-harmlose Filmabend kann dieser Tierfilm dann sogar ohne schlechtes Gewissen zu Herzen gehen.

«Bailey – Ein Freund fürs Leben» ist ab dem 23. Februar in den deutschen Kinos zu sehen.
22.02.2017 17:30 Uhr Kurz-URL: qmde.de/91375
Antje Wessels

super
schade


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