Die Saison ist vorbei und auch diesmal gab es unter den großen Sendern wieder mehr Gewinner als Verlierer. Der Mai überraschte aber noch einmal mit einer starken ARD - und einem schwachen RTL.
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Die Kernsaison des Fernsehmarktes, die stets von September bis Mai reicht, ist nun beendet. Kommen wir zunächst zu den Quoten-Highlights des neunten und letzten Monats der Saison 2015/16: An der Spitze liegt das DFB-Pokal-Endspiel zwischen Bayern und Dortmund, das tolle 13,79 Millionen Menschen erreichte und auch hinsichlich der Marktanteile mit 49,2 Prozent aller sowie 49,3 Prozent der jüngeren Konsumenten zu begeistern wusste. Dahinter lag der Münsteraner «Tatort: Ein Fuß kommt selten allein» mit 12,69 Millionen Fernsehenden, wo hingegen das Champions-League-Halbfinalspiel Bayern gegen Atletico mit 37,6 Prozent den zweithöchsten Marktanteil des Monats generierte. Ebenfalls äußerst gefragt: Der «Eurovision Song Contest» mit zwar "nur" 9,33 Millionen Zuschauern, aber aufgrund seiner langen Laufzeit dennoch famosen 36,8 Prozent Gesamt-Marktanteil. Beim Publikum zwischen 14 und 49 Jahren war der Musik-Wettbewerb indes gar das Zweitstärkste, was der Mai so zu bieten hatte: Sensationelle 4,59 Millionen und 46,0 Prozent standen hierfür auf dem Papier.
Und was hatten die Privaten so zu bieten? RTL gelangte immerhin mit der Jubiläumsfolge von «Wer wird Millionär?» auf 6,11 Millionen Zuschauer, nur knapp dahinter positionierte sich das Formel-1-Rennen aus Monaco mit 5,81 Millionen - das aufgrund seiner frühen Sendezeit um 14 Uhr sogar mit 34,8 Prozent aller und 31,4 Prozent der jüngeren Zuschauer Marktanteile auf allerhöchstem Niveau verbuchte. ProSieben schaffte immerhin mit seinen Sonntagabend-Spielfilmen «Transformers: Arä des Untergangs» und «12 Years a Slave» höhere Reichweiten als drei Millionen, für Sat.1 waren die 2,53 Millionen Menschen, die eine weitere Ausstrahlung von «Pretty Woman» verfolgten, bereits das Höchste der Gefühle. VOX konnte sich dagegen darüber freuen, mit seinen Show-Hits «Grill den Henssler» und «Sing meinen Song» einmal mehr äußerst respektable Werte verbucht zu haben.
Die größten Hits der Gesamt-Saison
Wie man schon hätte erwarten können, waren die größten Publikumshits seit September quasi ausschließlich Fußball- oder «Tatort»-Ausstrahlungen. Mehr als zwölf Millionen Menschen konnten mit folgenden Inhalten mobilisiert werden:
1. WM-Qualifikation: Deutschland - Georgien (11.10., 2. HZ): 13,84 Mio. (43,3% / 45,2%) - RTL
2. DFB-Pokal Finale: FC Bayern - Borussia Dortmund (21.05.): 13,79 Mio. (49,2% / 49,3%) - ARD
3. «Tatort: Schwanensee» (08.11.): 13,63 Mio. (35,7% / 28,3%) - ARD
4. Handball-EM Finale: Deutschland - Spanien (31.01.): 12,98 Mio. (42,0% / 40,3%) - ARD
5. «Tatort: Ein Fuß kommt selten allein» (08.05.): 12,69 Mio. (38,0% / 35,7%) - ARD
6. Länderspiel: Deutschland - Italien (29.03.): 12,60 Mio. (38,0% / 35,7%) - ARD
7. WM-Qualifikation: Schottland - Deutschland (07.09., 2. HZ): 12,54 Mio. (43,2% / 43,3%) - RTL
8. Champions-League HF-Rück: Bayern - Atletico (03.05.): 12,21 Mio. (37,6% / 33,5%) - ZDF
Mit dem Finale der Handball-EM findet sich nur ein Exot in dieser Rangliste, übrigens auch hinsichtlich der Ausstrahlungszeit: Anders als die sieben weiteren Top-Ausstrahlungen ging das Spiel bereits um 17:30 Uhr über den Äther. RTL profitiert darüber hinaus davon, dass die Reichweiten seiner WM-Qualispiele separat pro Halbzeit ausgewiesen werden, anderenfalls hätte Das Erste nicht nur die meisten der gefragtesten Angebote in petto gehabt, sondern auch das gefragteste Angebot schlechthin. Und nun zu den Marktanteilen.
Alle Zuschauer (Mai 2016)
ALLE ZUSCHAUER (MAI)
12,1
11,5
12,0
12,6
9,8
10,0
3,8
3,7
5,3
5,4
7,4
7,4
5,4
5,2
4,0
3,8
Marktanteile in % | Mai 2016 ggü. April 2016
Blicken wir auf die reinen Mai-Zahlen, ergibt sich an der Spitze ein ungewohntes Bild: Nachdem das ZDF in sämtlichen acht Monaten dieser Saison die alleinige Marktführung für sich beanspruchen konnte, war man diesmal dem öffentlich-rechtlichen Mitbewerber knapp unterlegen. Mit 12,1 Prozent verbuchte Das Erste mit seinen stärksten Wert der Saison, einzig im Januar hatte man noch minimal bessere 12,2 Prozent erzielt. Im Gegenzug kam das Zweite auf verhältnismäßig schwache 12,0 Prozent, lediglich von September bis November lief es mit 12,0 bis 12,1 Prozent ähnlich mau. Noch deutlicher zeigt sich die konträre Entwicklung im Vergleich zum Vormonat: Das Erste gewann über einen halben Prozentpunkt hinzu, die Mainzer verloren auf gleichem Niveau. Meint man es gut mit dem ZDF, kann man anmerken: Selbst in schwachen Monaten wie diesem spielt man noch immer eine gewichtige Rolle um die Marktführung.
Das Privatfernsehen verharrte bereits zum dritten Mal unisono in der Einstelligkeit, was konkret bedeutet, dass auch RTL nach Dezember und März (9,1 bzw. 9,6 Prozent) erneut nicht einmal auf ein Zehntel des Gesamtpublikums zu verweisen hatte. Mit gerade einmal 9,8 Prozent bestätigte man den nicht gerade erfreulichen Trend seit Februar, der in den beiden Bestfällen Februar und April soeben noch 10,0 Prozent auswies: Mit zweistelligen Zahlen ist in Köln längst nicht mehr fest zu rechnen. Dies gilt schon seit längerem für Sat.1, wo man es sich zum Saisonende so richtig bei knapp siebeneinhalb Prozent muckelig gemacht hat: Nach jeweils 7,4 Prozent in den beiden Vormonaten wurde dieser Marktanteil erneut reproduziert. Und auch ganz unten gab es wenig Bewegung: ProSieben überholte wieder VOX, nachdem im Vormonat erstmals in dieser TV-Saison VOX in Front gelegen hatte, kabel eins distanzierte sich wieder ein wenig von Schlusslicht RTL II.
Durchschnittlich erreichten die acht großen Fernsehsender einen kumulierten Marktanteil von 59,8 Prozent, womit man sogar leicht oberhalb des Saison-Mittels lag. Nachdem es zu Beginn des TV-Jahres noch so ausgesehen hatte, als würde der Aderlass der großen Fernsehsender nahtlos weitergehen, ging die Tendenz zuletzt eher in Richtung Stabilisierung. Zwischen Februar und April lagen die Werte zwischen 59,3 und 59,6 Prozent.
14- bis 49-Jährige (Mai 2016)
14- BIS 49-JÄHRIGE (MAI)
7,6
6,6
5,8
5,8
12,4
12,7
6,0
6,1
6,9
7,0
9,2
9,0
10,9
10,9
5,4
5,2
Marktanteile in % | Mai 2016 ggü. April 2016
In der klassischen werberelevanten Zielgruppe gelang es dem Platzhirsch RTL wie bereits in sämtlichen acht Vormonaten, die Marktführung zu erreichen. Toll waren die erzielten 12,4 Prozent dabei gewiss nicht, zumal sie den kontinuierlichen Abwärtstrend nach dem Dschungel-Monat Januar fortsetzten (damals wurden tolle 16,3 Prozent), aber um die Vorherrschaft bangen musste man dennoch nie ernsthaft. Das dürfte aller Voraussicht nach im Juni ganz anders aussehen, wo ARD und ZDF die Fußball-Europameisterschaft im Angebot haben werden. Im Juni 2014 jedenfalls hatte man sich den Weltmeisterschafts-Übertragungen von ARD und ZDF beugen und mit dem dritten Platz im Monatsranking vorliebnehmen müssen. Doch zurück zum Mai: Da lag ProSieben ebenfalls wie gewohnt auf Platz zwei, mit 10,9 Prozent gliederte man sich im gewohnten Spektrum ein, das über die gesamte Saison hinweg erreicht wurde: Zwischen 10,7 und 11,1 Prozent. Sat.1 belegte den Bronzerang, mit 9,2 Prozent wurde hier immerhin der beste Wert seit November generiert.
Durchaus überraschend war der Umstand, dass auf Position vier nicht etwa VOX rangierte, sondern Das Erste. Gestärkt von zahlreichen Fußball-Übertragungen und dem «Eurovision Song Contest» durfte man sich über tolle 7,6 Prozent freuen, besser lief es zuletzt vor fast zwei Jahren im zweiten WM-Monat Juli. Anders als beim Gesamtpublikum fiel überdies der Abstand zum ZDF hier dramatisch aus, denn die Mainzer erzielten mit 5,8 Prozent nicht mehr als maues Mittelmaß - dem einzig das vergleichsweise starke kabel eins mit 5,X Prozent unterlegen war. Zwischen den beiden öffentlich-rechtlichen Kanälen platzierte sich VOX, das mit 6,9 Prozent die starken Zahlen der vergangenen drei Monate ein weiteres Mal bestätigte und somit seine stärksten Saisonwerte allesamt ab Februar dieses Jahres verzeichnete. RTL II hatte moderate Einbußen zu verkraften.
Und so insgesamt? Da ging es dank der herausragenden Performance des Ersten sogar deutlich bergauf gegenüber den drei Vormonaten, wo die acht größten Sender des Landes kumuliert nur auf 63,0 bis 63,3 Prozent der 14- bis 49-jährigen Zuschauer gelangten: Starke 64,2 Prozent wurden erzielt, einzig im Januar lief es mit 64,8 Prozent noch etwas besser. Und wenn wir einen Blick in die sehr nahe Zukunft wagen wollen: Vor zwei Jahren hatte sich die Gesamtbilanz der großen Sender dank der Dominanz von ARD und ZDF deutlich verbessert.
Auf der zweiten Seite lesen Sie, wer die großen Gewinner und Verlierer des Fernsehjahres waren. Verliert RTL weiter an Boden gegenüber ProSieben? Liegt das Zweite wieder an der Spitze des Rakings? Wie entwickelt sich der Markt insgesamt im Zuge der Fragmentiertung?
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01.06.2016 21:58 Uhr 1