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'Du bist als Schauspieler immer abhängig von den Entscheidungen anderer'

Wir sprachen mit «24»-Darsteller Branko Tomović vor dem Deutschland-Start von «24: Live Another Day» über das Leben als Schauspieler, seine Zeit bei «24» sowie über den «Tatort» mit Helene Fischer.

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Zur Person

Branko Tomović wurde am 17. Juni 1980 in Münster geboren. In Deutschland und Serbien aufgewachsen, lernte er am renommierten Lee Strasberg Theatre Institute in New York City das Schauspielen. Internationale Bekanntheit erlangte Tomović durch seine Rolle in «Remote Control», für das er mit dem OmU-Award seine erste Auszeichnung erhielt. Es folgten etliche Engagements in Großbritannien und Deutschland, besonders Arthouse-Filme hatten es ihm angetan. Auch in Blockbustern wie «Das Bourne Ultimatum», «Wolfman» oder «Herz aus Stahl» war er zu sehen, mit «24: Live Another Day» spielte Tomović jedoch erstmals in einer großen amerikanischen Serie mit. Er lebt in London und Berlin.
Branko, deine Vita liest sich beeindruckend. Du hast bereits an der Seite von Matt Damon in „Das Bourne Ultimatum“ oder in „Wolfman“ mit Anthony Hopkins mitgespielt, warst zuletzt u.a. neben Brad Pitt in „Herz aus Stahl“ zu sehen. Wieso war „24 – Live Another Day“ trotzdem etwas Besonderes für dich?
Auf jeden Fall, weil es so lange war. Die Dreharbeiten gingen ja über sechs Monate, auch wie alles angefangen hat, war sehr besonders. Ich wusste anfangs noch gar nicht, dass ich Jack Bauers rechte Hand spielen werde. Kiefer ist einer der tollsten Kollegen, die man sich überhaupt vorstellen und wünschen könnte. Ich bin mit Kiefer aufgewachsen: «Lost Boys» oder «Stand by Me» sind ikonische Filme. Man sagt ja immer „never meet your idols“, aber ich wurde überhaupt nicht enttäuscht - Kiefer ist wirklich ein wundervoller Mensch. Das Witzige ist, dass man wirklich Jack Bauer vor sich hat, wenn man mit ihm dreht. Er spricht dann auch wirklich mit dieser Stimme und alles geht total schnell (lacht). Es hat wirklich Spaß gemacht.
Gerade bei diesen High-Profile-Projekten ist es ja oft so, dass man als Schauspieler zum Casting eingeladen wird und beim ersten Casting kriegt man oft noch nicht das ganze Drehbuch, die Namen sind geändert und es sind Wasserzeichen auf den Blättern, damit man es genau zurückverfolgen kann, falls es ins Internet gerät. Alles war streng geheim und sowohl vor als auch nach mir war der Warteraum voll. Ich habe dort im Zehn-Minuten-Takt alle möglichen Männer unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher Nationalität gesehen. Dann musste ich eine Szene sechs oder sieben Mal vorspielen, bis ich die Rolle dann nach etwa zwei Wochen bekam und selbst dann wusste ich noch nicht genau, was genau ich dann eigentlich spielen werde. Gerade bei amerikanischen Serien und insbesondere bei «24» werden die Drehbücher noch während dem Dreh geschrieben. Alles ist super kurzfristig und Leute, die in der Serie sterben, wissen oft gar nicht, dass sie oder wann sie sterben. Das kann sehr überraschend kommen.

Es gibt Spezialisten in jedem kleinen Department, von Waffenexperten bis zu Stuntmännern oder Assistenten. Für mich als Schauspieler spielt das letztendlich keine Rolle, ich würde es immer vom Drehbuch abhängig machen, ob ich eine Rolle annehme und nicht weil eine Serie mehr Geld hat.
Branko Tomović über die Produktion von «24: Live Another Day»
Worin liegen die wesentlichen Unterschiede zwischen einer Big-Budget-Produktion wie „24: Live Another Day“ und, sagen wir, den üblichen deutschen TV-Serien in Bezug auf die Dreharbeiten?
Gerade «24» ist eine riesige Maschinerie. Alle Produzenten, Regisseure, Autoren sind Leute, die schon bei den vorherigen Staffeln dabei waren und damals für den Erfolg verantwortlich waren. Es wird alles sehr schnell gedreht. Die Energie, die beim Schauen rüberkommt, ist auch am Set vorhanden. Das hängt natürlich auch vom Zeitlimit ab, aber auch um diese Energie aufrechtzuerhalten. Ich glaube, das ist vor allem der Unterschied. Es gibt Spezialisten in jedem kleinen Department, von Waffenexperten bis zu Stuntmännern oder Assistenten. Für mich als Schauspieler spielt das letztendlich keine Rolle, ich würde es immer vom Drehbuch abhängig machen, ob ich eine Rolle annehme und nicht weil eine Serie mehr Geld hat. An skandinavischen Serien kann man sehr gut sehen, dass man auch mit weniger Geld spannend und erfolgreich sein kann.

Was kannst du uns über deinen Charakter „Belcheck“ erzählen, der als Gehilfe von Protagonist Jack Bauer auftritt?
Zunächst muss man sagen: Diese Staffel kann man absolut sehen, ohne alle anderen Staffeln vorher gesehen zu haben. Auch wenn man komplett neu in der «24»-Welt ist, kann man gut einsteigen und es genießen. Die letzte Staffel hat ja so aufgehört, dass Jack untergetaucht, nach Osteuropa abgehauen ist und dort im Exil lebt. Ich bin Belcheck , ein Typ aus seiner Vergangenheit, aus diesen vier Jahren, in denen er untergetaucht war. Ich kenne mich darin sehr gut mit Explosionen aus, mit Waffen und mit Fahrzeugen – das sind natürlich alles sehr nützliche Dinge in der «24»-Welt (lacht). Ich habe Belcheck oft als eine Art Schweizer Taschenmesser gesehen. Er hat viele nützliche Eigenschaften. Jack Bauer hat Belcheck mal das Leben gerettet – deswegen ist er ihm absolut loyal gegenüber und würde alles für ihn tun.

Ursprünglich planten die Macher mit deinem Charakter „Belcheck“ nur für eine Episode. Wie kam es dazu, dass die Verantwortlichen sich dafür entschieden, die Figur auszubauen? Hast du den Entscheidungsprozess mitbekommen?
Ja, indirekt. Es ging einfach irgendwie weiter – ich wurde augenscheinlich nicht umgebracht. Es kam erst einmal so, dass sich die Produzenten dachten: „Ah, da ist eine tolle Chemie zwischen Belcheck und Jack Bauer und auch zwischen Belcheck und Chloe. Er passt da in diese Welt rein.“ Weil die Drehbücher wie gesagt geschrieben werden, während wir drehen und dann auch noch umgeschrieben werden, wonach noch einmal nachgedreht wird und so weiter, war es absolut möglich, das zu vergrößern und das bis zum Finale hin immer mehr auszuweiten. Letztes Jahr haben wir Ende Januar angefangen zu drehen und im Mai war schon die Premiere. Das kam auch gut bei den Fans an, denn «24»-Fans sind wirklich hardcore (lacht). Ich hatte einfach das Glück, dass es Fans und Produzenten so gefallen hat, dass sie sich entschieden haben, diese Figur auszubauen. Das Finale war dann sogar die coolste Episode für mich.

Du willst natürlich noch nicht zu viel verraten…
Kann ich ja nicht (lacht). Gerade weil es viele eben noch nicht gesehen haben. Die Fans sind wirklich sehr krass drauf. Sie sind aus aller Welt angereist für die Dreharbeiten. In der ersten Folge stehe ich auf einem Van und muss ein Loch in den Boden schießen, ohne jetzt zu viel zu verraten. Auf dem Van stand irgendeine Telefonnummer drauf. Ich habe gehört, dass Leute sogar versucht haben, diese Telefonnummer anzurufen, um Belcheck zu erreichen (lacht).

Verrückt. Dein Charakter Belcheck wird als einer der „Guten“ eingeführt, ist dennoch mysteriös und gefährlich. Oft hat man dich schon für Bösewichte besetzt, zum Beispiel als Hauptverdächtigen in „Whitechapel“ oder als Pyromane in „A Touch of Frost“, in Deutschland vor allem für osteuropäische Charaktere. Welche Rollen liegen dir denn am besten und hast du einen bislang unerfüllten Wunsch, welche Art von Charakter du mal verkörpern willst? Zum Beispiel den liebenden Familienvater?
(lacht) Genau, Belcheck ist auf der guten Seite, aber er hat eine dunkle Vergangenheit, weil er selbst mal für die Mafia gearbeitet hat und er hat ein Tattoo mit Einschnitten, die für jeden Mord stehen, den er begangen hat. Es gibt eben so etwas wie Typecasting und ich glaube, dass ich mit meiner Hackfresse wahrscheinlich nicht allzu bald in einem «Pilcher» zu sehen sein werde (lacht). Diese romantischen Schnulzdinger interessieren mich privat aber eh nicht, auch «Romeo & Julia» hat mich nie gereizt – ich war glaube ich schon immer eher der «Bonnie & Clyde»-Typ. Viel hängt ja gar nicht von uns selbst als Schauspieler ab, sondern auch damit, wie man aussieht und woher man kommt. Aber ich muss sagen, dass ich eigentlich ganz zufrieden bin. Böse Rollen machen auf jeden Fall auch mehr Spaß zu spielen, weil man dabei machen kann, was man im wahren Leben nie dürfte.

Also hast du kein Interesse daran von diesen dunkleren Rollen abzurücken und mal was ganz anderes zu probieren?
Eigentlich eher im Gegenteil. Ich würde es noch fieser machen und noch böser (lacht). Aber oft wird man ja von Redakteuren zensiert. Es gibt ja so etwas wie Sendezeiten, was man beachten muss, in denen Dinge wie Blut, Waffen oder ähnliches nicht gezeigt werden dürfen. Beim Film ist das ein bisschen anders, aber auch anders geworden.

Lesen Sie auf der nächsten Seite Branko Tomovićs Meinung über die Lage der amerikanischen und deutschen Serienlandschaft, erste Details zum «Tatort» mit Til Schweiger und Helene Fischer und Terminschwierigkeiten als Schauspieler.
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18.05.2015 14:23 Uhr Kurz-URL: qmde.de/78206
Timo Nöthling

super
schade

93 %
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