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Bully macht Werbung

Michael Herbig entwickelte sich in den vergangenen Jahren zu einem wahren Meister der Cross-Promotion, indem er seine Kinofilme stets mit auffälligen Aktionen im Fernsehen bewarb.

Abstimmungsergebnis der filmumfrage@bullypara.de:

  1. «Unser (T)Raumschiff»: 34 Prozent
  2. «Der Schuh des Manitu Teil 2»: 31 Prozent
  3. «Sissi – Wechseljahre einer Kaiserin»: 26 Prozent
  4. „Ein Film, wo keiner mit rechnet“: 8 Prozent
  5. „Bully hör’ auf mit dem Scheiß“: 1 Prozent
Einen Spielfilm zu einem Erfolg an den Kinokassen zu machen ist oft nicht einfach, insbesondere wenn es sich um eine deutsche Produktion handelt, die sich gegen die budgetstarken Hollywood-Blockbuster durchsetzen muss. Abhilfe kann ein cleveres Vermarktungskonzept bieten, das bereits vor dem Kinostart für eine große Aufmerksamkeit sorgt. Der Regisseur Michael Bully Herbig bewies anhand seiner Kinofilme «Der Schuh des Manitu», «(T)Raumschiff Surprise – Periode 1» und «Wickie und die starken Männer», dass diese Taktik besonders gut funktioniert, wenn man im Zusammenhang mit einer Kinoauswertung die Werbetrommel im Fernsehen rührt.

Zu Beginn seiner Kinokarriere stellte dies für Herbig noch keine große Herausforderung dar, denn mit seiner regelmäßigen «Bullyparade» verfügte er über eine Plattform, die er nahezu frei für Promotion nutzen konnte. So präsentierte er dort im Jahr 2001 zum Start seiner ersten, eigenen Kinoproduktion «Der Schuh des Manitu» wochenlang kleine Ausschnitte und warb fortwährend für einen Kinobesuch. Das war insofern nur konsequent, als dass die gesamte Konzeption der Westernparodie auf einer Reihe aus der Comedyshow basierte. Ein Verfahren, das in den USA zuvor in Form von «Blues Brothers», «Wayne’s World» und «Austin Powers» schon bestens funktionierte, denn auch diese Filme fußten auf Sketchen der TV-Sendung «Saturday Night Live». Sicherlich lag es nicht zuletzt an dieser engen Verzahnung mit der Fernsehshow, dass sich «Der Schuh des Manitu» mit fast zwölf Millionen Besuchern zu einem der erfolgreichsten, deutschen Kinofilme entwickelte.

Was lag daher für Herbig näher, als diese Strategie für seinen nächsten Coup zu wiederholen? Dazu griff er auf eine äußerst schlaue Idee zurück und ließ öffentlichkeitswirksam die Zuschauer und Kinofans darüber abstimmen, welchem Projekt er sich als nächstes widmen sollte. Es entstand eine große PR-Aktion um die sogenannte „Volksabstimmung“, die offiziell am 25. Februar 2002 startete. Zur Auswahl standen dabei eine klassische Fortsetzung von «Der Schuh des Manitu» sowie zwei weitere Verfilmungen von beliebten Rubriken aus der «Bullyparade», nämlich die «Star Trek»-Parodie «Unser (T)Raumschiff» sowie eine Verballhornung der «Sissi»-Filme. Außerdem hatten die Zuschauer die Möglichkeit, sich für einen Film zu entscheiden, „wo keiner mit rechnet“ oder Bully aufzufordern, keine weiteren Werke mehr zu drehen.

Obwohl die eigentliche Abstimmung per E-Mail stattfand, beherrschte sie in den folgenden Wochen das Programm von ProSieben, denn der Votingzeitraum fand genau parallel zur Ausstrahlung der letzten Staffel der «Bullyparade» statt. Diese hatte sich mittlerweile einen Sendeplatz in der Primetime erkämpft und sorgte für eine entsprechend hohe Beachtung. Am Ende jeder Ausgabe wurde darin der aktuelle Zwischenstand der Abstimmung eingeblendet und zur Teilnahme aufgerufen. Die Verkündung des Endergebnisses fand am 10. Juni 2002 im Rahmen einer Sonderausgabe von «TV total» statt, in der Herbig bei Stefan Raab zu Gast war. Von den rund 900.000 abgegebenen Stimmen fiel demnach eine knappe Mehrheit auf die Verfilmung der Abenteuer von Käpt'n Kork, Schrotti und Mr. Spuk. Am Ende konnte das daraus entstandene Resultat «(T)Raumschiff Surprise – Periode 1» mit über neun Millionen Kinogängern das Ergebnis vom «Manitu» fast wiederholen.

Die zuvor genannten Erfolge waren noch eng mit der «Bullyparade» verknüpft. Als Herbig später die Realverfilmung der Zeichntrickserie «Wickie und die starken Männer» in Angriff nahm, konnte er auf die mittlerweile eingestellte Reihe nicht mehr zurückgreifen und musste somit neue Wege gehen. Er kreierte deswegen ein eigenes Castingformat, in dem er öffentlich die Besetzung der Nebenfiguren Tjure, Snorre, Urobe, Gorm, Ulme und Faxe im Fernsehen suchte. Unterstützung erfuhr er dabei durch seine Produzentin Rita Serra-Roll sowie die bereits feststehenden Darsteller Jürgen Vogel und Christoph Maria Herbst.

Neben Szenen aus dem Casting und den anschließenden Workshops wurden im Frühjahr 2008 in den zweistündigen Ausgaben von «Bully sucht die starken Männer» auch Hintergrundberichte, Aufnahmen von Drehorten sowie die Auswahl der Hauptdarsteller gezeigt. Damit erhielt die Komödie bereits vor Beginn ihrer Dreharbeiten im Hauptabendprogramm von ProSieben ein enormes Werbe-Forum. Als der Film im Herbst 2009 in die Kinos kam, lag die Castingshow zwar bereits eine Weile zurück, doch zeigte sie anscheinend noch Nachwirkungen, denn rund fünf Millionen Menschen lösten eine Eintrittskarte. Direkt zum Filmstart trat Bully übrigens zusätzlich in der ARD-Show «Verstehen Sie Spaß?» auf und legte dort die Einwohner des Örtchens Walchensee herein, wo große Teile des Films entstanden waren. Er schockierte die Gemeinde damit, das diese wegen des zu erwartenden Erfolgs seines Films künftig in einen Vergnügungspark namens «Wickieland» umgewandelt würde.

Für seinen kommenden Kinofilm «Buddy» hält Herbig an seinem Erfolgskonzept fest und geht eine erneute Kooperation mit dem Sender ProSieben ein. Diesmal allerdings in Form einer Sitcom, in der er sich selbst spielt und ihn bei den chaotischen Vorarbeiten zu jenem Film zeigt. Die Serie, die ab kommenden Montag zu sehen ist, wird zu Weihnachten genau dann enden, wenn der zugehörige Streifen tatsächlich in die Kinos kommt. Angesichts der Wirksamkeit der bisherigen Kampagnen dürfte damit ein Misserfolg an den Kinokassen nahezu ausgeschlossen sein. Dafür, dass solche Fernsehaktionen am Erfolg von Bullys Filmen nicht unbeteiligt sind, spricht übrigens auch der Umstand, dass sein Animationsfilm «Lissi und der Wilde Kaiser», der nicht derart effektiv beworben wurde, lediglich drei Millionen Menschen anzog. Zwar ist dies für einen deutschen Kinofilm noch immer ein sehr guter Wert, doch liegt er deutlich hinter den anderen Produktionen.

Am kommenden Donnerstag wird sich unsere Retro-Reihe „Der Fernsehfriedhof“ noch einmal ausführlich der Castingshow zum «Wickie»-Film widmen.
16.11.2013 11:00 Uhr Kurz-URL: qmde.de/67369
Christian Richter

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