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Die kabel eins-Analyse: Wo steht der Privatsender?

Deutliche Quotenverluste musste kabel eins in der vergangenen TV-Saison hinnehmen. Wo liegen die Probleme des Senders, welche Chancen bestehen auf Besserung?

Das vergangene Jahr:


MA-Entwicklung kabel eins

  • 08/09: 5,8%
  • 09/10: 6,1%
  • 10/11: 6,0%
  • 11/12: 6,0%
  • 12/13: 5,5%
Marktanteile in der Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen
... lief zumindest in der werberelevanten Zielgruppe so schlecht wie seit fünf Jahren nicht mehr, beim Gesamtpublikum hingegen konnte man das Niveau des Vorjahres mit 4,0 gegenüber 4,1 Prozent nahezu halten. Im Vergleich zu den restlichen sieben Vollprogrammen ist jedoch auffällig, dass es zuletzt kaum mehr wirklich große Programm-Highlights zu vermelden gab. Einzig die UEFA Europa-League wusste zumindest mit Beteiligung deutscher Teams sowie beim Finalspiel mit klar zweistelligen Marktanteilen zu begeistern. Davon abgesehen lautet der große Quotenstar häufig «Navy CIS» - der allerdings nur in Wiederholungen zu sehen ist.

Die Probleme:


... hat man vor allem hinsichtlich der Relevanz des eigenen Programms. Während sich RTL II zumindest als Heimat für wenig substanzielle, aber häufig sehr erfolgreiche Dokusoaps und Scripted Realities etabliert hat und ähnlich wie VOX immer wieder einmal einige recht bekannte Namen hervorbringt, herrscht bei kabel eins diesbezüglich völlige Dürre. Ein Versuch, sich derartigen Trends hinzugeben, ist das inzwischen vollständig gescriptete «Achtung Kontrolle! - Einsatz für die Ordnungshüter», das jedoch am Vorabend ohne jede Chance gegen Hits wie «Berlin - Tag & Nacht» ist. In der Regel erzielt man ab 18:55 Uhr noch nicht einmal fünf Prozent des Zielpublikums.

Immerhin als Serien- und Spielfilmsender macht man immer wieder auf sich aufmerksam, sodass der Claim Die besten Filme aller Zeiten inzwischen fest mit dem Namen kabel eins verankert ist - obgleich das Spielfilmangebot häufig doch eher mau daherkommt. Die Einschaltquoten weisen meist für den Mittwochabend sehr ordentliche Zahlen aus, womit häufig gleich vier bedeutende Sendestunden erfolgreich und vergleichsweise kostengünstig gefüllt werden. Relativ deutlich unterhalb der Norm läuft es hingegen oft am Montagabend, wo in erster Linie der zur Primetime gezeigte Spielfilm Probleme macht.

Im Serienbereich gibt es insbesondere am Freitagabend Nachholbedarf, denn das zuletzt nach einem äußerst holprigen Start doch recht erfolgreiche «Castle» wechselt in der kommenden Saison zur großen Schwester Sat.1. Damit verliert man das stärkste Glied eines zumeist mäßig laufenden Abends und ob das in den USA mittlerweile abgesetzte und überdies bisher eher quotenschwache «Body of Proof» einen adäquaten Ersatz darstellen kann, darf zumindest stark angezweifelt werden. Derzeit versucht man sich an der Sat.1-Enttäuschung «Unforgettable», doch nach einem guten Start Anfang Juni ist auch diese Serie inzwischen auf Werten unterhalb des Senderschnitts angekommen.

Ebenfalls ohne jede Chance gegen die Konkurrenz ist häufig das Programm am Sonntagabend, an dem seit Monaten schon quasi jeder Versuch scheitert. Sowohl die Dokusoap «Mein neues Leben» als auch die «K1 Reportage spezial» liefen zur Primetime unterirdisch und machen es somit auch dem anschließenden «Abenteuer Leben» schwer. Zwischenzeitlich versuchten es die Programmverantwortlichen auch mit Spielfilmausstrahlungen, die jedoch auch nur viel zu selten ihr Publikum fanden. Es scheint nicht so, als habe man einen wirklich gut durchdachten Plan, mit welchen Inhalten man an diesem hart umkämpften Tag zurück auf die Erfolgsspur kommt. Gute Quoten schafften zuletzt vor rund zwei Jahren «Two and a Half Men»-Marathonausstrahlungen, die jedoch auch recht rasch wieder deutliche Verluste hinnehmen mussten.

Ein Risiko stellt zudem die Europa-League dar, denn nachdem sich die deutschen Vertreter bereits in der vergangenen Saison unisono viel zu früh verabschiedeten, steht dem Privatsender eventuell erneut eine quotenarme Fußball-Saison bevor. Mit dem VfB Stuttgart, der Frankfurter Eintracht und dem SC Freiburg wird Deutschland zudem von Mannschaften vertreten, bei denen zum einen ein frühes Ausscheiden nicht allzu stark verwundern würde und die zum anderen keine so große Fangemeinde haben, dass starke Quoten nur noch Formsache wären. Deshalb dürfte man bei ProSiebenSat.1 insgeheim hoffen, dass sich Schalke 04 nicht für die Champions League qualifizieren und somit nur in der Euro-League antreten wird. Sollte dies geschehen oder einer der drei gesetzten deutschen Vertreter herausragende Leistungen abliefern, kann sich die Live-Übertragung des Wettbewerbs doch noch als großer Hit erweisen.


Die Chancen:


... stehen trotz einiger Probleme gar nicht mal so schlecht für kabel eins. Beinahe das gesamte Mittags- und Nachmittagsprogramm läuft solide bis gut, einzig die Fantasyserie «Ghost Whisperer» tut sich um 14:45 Uhr manchmal etwas schwer. Der große Quotenstar ist auch hier wieder das Crime-Format «Navy CIS», das um 16:50 Uhr regelmäßig mehr als acht Prozent in der werberelevanten Zielgruppe einfährt - und damit nicht selten den größten Erfolg des gesamten Tages darstellt. Darüber hinaus zeichnet das Format auch für das meist erfolgreichste Primetime-Lineup der Woche hauptverantwortlich, denn gleich drei Folgen am Samstagabend generieren in aller Regel weit überdurchschnittliche Werte. Zusammen mit dem ebenfalls starken «Numb3rs» hat kabel eins hier endlich einen erfolgreichen Serienabend kreieren können, woran sich derzeit wieder RTL II die Zähne ausbeißt.

Nach wie vor weit von einem Quotenhit entfernt ist die hochgelobte Dramaserie «Sons of Anarchy», doch auch hier dürfen die Programmverantwortlichen aufatmen: Nachdem sich die ersten beiden Staffeln noch richtig schwer beim Publikum taten, kam der dritte Durchgang im Schnitt auf immerhin leicht überdurchschnittliche 5,9 Prozent der 14- bis 49-Jährigen am späten Dienstagabend. Sollte sich der Aufwärtstrend fortsetzen, hätte man hiermit ein ebenso erfolgreiches wie hoch angesehenes Angebot und könnte somit auch das eigene Image als Seriensender deutlich aufpolieren. Auch der Wechsel von «Rosins Restaurants» vom Donnerstag auf den Dienstag scheint der Show nicht zu schaden - wobei hier ein abschießendes Fazit gewiss noch aussteht.

Zumeist allerdings läuft das Programm von kabel eins relativ unspektakulär - was mit anderen Worten heißen soll: Die Quotenhits gehen dem Sender ebenso ab wie die großen Quotenflops. Von den für das Senderprofil sehr wichtigen Spielfilmabenden schneiden tendenziell die Streifen am Mittwoch besser ab als jene am Montag, doch in beiden Fällen gibt es immer wieder Ausreißer nach oben und unten.

Dem Problem, in den vergangenen Jahren zu selten wirklich groß in der medialen Berichterstattung aufgetaucht zu sein, versucht man seit einiger Zeit durch ein immer breiteres Sportangebot entgegen zu wirken. Während dieser Schritt bei diversen Autorennen sowie Basketball-Übertragungen des FC Bayern komplett nach hinten losging, gab es vor allem beim Fußball auch neben der Europa-League einige Erfolge zu vermelden. Das so genannte "Jahrhundertspiel" zwischen ehemaligen Weltklassekickern aus Deutschland und Italien war im Oktober ein großer Erfolg und auch Ende Juni überzeugte ein Benefiz-Spiel zwischen den Dirk Nowitzki All Stars und Manuel Neuer & Friends. Hier kann man gerade in fußballarmen Zeiten sicher auch in Zukunft ohne den kostenintensiven Erwerb von Übertragungsrechten Erfolge verbuchen und nebenbei auch noch ins Gespräch bei vielen Fans kommen.

Eher mau lesen sich vor allem unter qualitativen Gesichtspunkten jedoch die bisherigen Ankündigungen für die neue Season. Mit «Mein Lokal, dein Lokal» und «Mein Zuhause, dein Zuhause» möchte man an das Erfolgsrezept des «Perfekten Dinners» auf VOX anknüpfen - was nicht nur nach kreativer Dürre klingt, sondern womöglich auch das eine oder andere Jahr zu spät kommt. Auch «Endstation Wildnis» klingt eher nach einem weiteren lauen Aufguss altbekannter Formate wie das erst kürzlich an Sat.1 verlorene «Die strengsten Eltern der Welt», während «Junior-Chef» und «Koch ohne Grenzen» an den (mittlerweile etwas abgeflauten) Kochshow-Hype anknüpfen. Und auch die Aussichten von «Promi-Stellungswechsel» dürften nicht allzu rosig sein, nachdem die Ausgaben mit normalen Kandidaten bei kabel eins und Sat.1 gleichermaßen gefloppt sind.

An seriellen Neuerwerbungen ist bis dato einzig die Anwaltsserie «Franklin & Bash» zu nennen, das immerhin in den Vereinigten Staaten bereits in die dritte Staffel geht. Ob man nach dem Verlust von «Castle» damit jedoch auskommt, ist durchaus fraglich. Die Quotenkuh «Navy CIS» wird weiter so inflationär gemolken, dass man hier mittelfristig von nachlassenden Werten ausgehen sollte. Und ansonsten fehlen nun die ganz großen Aushängeschilder des Senders. Somit wäre es nach aktuellem Stand eine Überraschung, sollte sich kabel eins im kommenden Jahr deutlich steigern können - ein kompletter Absturz ist jedoch ebenso unwahrscheinlich.
13.07.2013 11:42 Uhr Kurz-URL: qmde.de/64908
Manuel Nunez Sanchez

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