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Die Kritiker: «Girls»

Lena Dunhams von US-Kritikern gefeierte Dramedy «Girls» kommt ins deutsche Free-TV. Wir verraten, ob das US-Lob gerechtfertigt ist.

Inhalt


Hinter den Kulissen

  • Serienerfinderin: Lena Dunham
  • Regisseure: Lena Dunham, Jesse Peretz, Richard Shepard, Jody Lee Lipes
  • Ausführende Produzenten: Judd Apatow, Lena Dunham, Jennifer Konner
  • Musik: Michael Penn
  • Kamera: Jody Lee Lipes, Tim Ives, Matthew Santo
  • Schnitt: Annie Weinstein, Paul Zucker, Shawn Paper
Hannah ist in ihren Zwanzigern angekommen, hat seit zwei Jahren ein abgeschlossenes Studium in der Tasche und dennoch keine ausreichend bezahlte Beschäftigung. Stattdessen lebt sie von der Finanzstütze ihrer Eltern, die nur wenig Verständnis für Hannahs Berufswunsch haben, Schriftstellerin zu werden. Um ihre Tochter endgültig ins wahre Leben zu schubsen, beschließen Hannahs Eltern daher, der stets plappernden Gelegenheitsphilosophin den Geldhahn zuzudrehen, womit sie wenig überraschend gar nicht einverstanden ist. Als sie dann auch noch ihren mies bezahlten Job verliert, kommen Hannah bloß zwei Gedanken: Die Lust auf emotionslosen Ablenkungssex mit ihrem Sexkumpel – und dass sie dringend eine Idee braucht, wie sie ihre Eltern dazu überreden könnte, die Zahlungen an sie wieder aufzunehmen.

Marnie, Hannahs beste Freundin, kann mit diesem Lebensstil nur wenig Anfangen, ist sie doch die Stimme der Vernunft in ihrer Clique. Sie hat einen soliden Job und führt eine langjährige, geborgene Beziehung. Allerdings reicht es ihr allmählich, von ihren Freundinnen als die lahme Spießerin gesehen zu werden und die übertriebene Nettigkeit ihres Lebenspartners bringt sie mittlerweile auch auf die Palme. Vor allem verblasst sie neben ihrer und Hannahs alten Freundin Jessa, die nach einem längeren Auslandsaufenthalt zurückgekehrt ist und einige weltgewandte Ansichten mit nach Brooklyn brachte. Vervollständigt wird die Gruppe durch Jessas Cousine Shoshanna, ein naives, film- und serienverrücktes Mädel, das endlich seine Unschuld verlieren will.

Darsteller


Lena Dunham («Immer Ärger mit 40») als Hannah Horvath
Allison Williams («The Mindy Project») als Marnie Michaels
Jemima Kirke («Tiny Furniture») als Jessa Johansson
Zosia Mamet («Mad Men») als Shoshanna Shapiro
Adam Driver («Ein Leben für den Tod») als Adam Sackler

Kritik


Bereits in der Eröffnungsszene der «Girls»-Pilotepisode macht Autorin, Produzentin und Hauptdarstellerin Lena Dunham klar, was das Ziel – und größte Qualitätsmerkmal – ihrer Dramedy ist: Im unangenehmen, beidseitig peinlich berührten Gespräch mit ihren Eltern stellt sich die Hauptfigur Hannah ganz beiläufig als ebenso verletzliche wie dickköpfig-egomanische Mittzwanzigerin heraus. Und so etabliert Dunham noch vor der Titeleinblendung, dass ihre Serie ein subtil skizziertes, mehrfach in sich gebrochenes Portrait einer Generation junger, orientierungsloser Menschen ist – das sich gleichzeitig über sie lustig macht und Verständnis für ihre Sorgen aufbringt.

Dies wird vor allem bei der zu Zeiten der Wirtschaftskrise und für die „Generation Praktikum“ stets besonders prekären Finanzfrage klar, der sich «Girls» mit stillem Genuss annimmt. Hannahs Geldsorgen werden nachvollziehbar dargestellt: Sie ist in einem kreativen Bereich tätig und muss sich daher selbst nach ihrem erfolgreichen Studium mit einem Praktikantinnengehalt vergnügen, was sichtbar an ihrem Selbstbewusstsein knabbert. Andererseits kann sie sich eine Wohnung in Brooklyn leisten und stellt ihren Eltern gegenüber dreiste Forderungen, was die Frage rechtfertigt, ob Hannah nicht schlicht unter Luxusproblemen leistet.

Auch nimmt sich «Girls» weiteren Fragen an, die sich nicht nur Frauen, sondern auch Männer stellen, die sich nun in ihren Zwanzigern befinden – und dies auf dreiste, unbeschönigte und nachdenkliche, aber auch amüsante Weise. In Hannahs Clique wird darüber diskutiert, ob Optimismus in unserer Gesellschaft noch sinnvoll ist und auch darüber, wie einfach eine treue, zurückhaltende Person heutzutage als spießig und langweilig gedeutet wird.

Der Clou an «Girls» ist, dass Lena Dunham ihre spitzfindigen Beobachtungen über sich selbst und ihre Generation nicht als selbstverliebte, prahlerische Ansammlung von Lebenslektionen verkauft. Stattdessen reiht sich eine pointierte, realistische Dialogszene an die nächste, ohne dass ein einordnender Off-Sprecher oder eine wertende Inszenierung einmischen. Wenn Hannah ihren Eltern ein Schnippchen schlägt, überlässt Dunham es ihrem Publikum, zu urteilen: Handelt die Serie von einer Träumerin, die für ihre Ideale kämpft – oder von einer selbstsüchtigen Faulenzerin mit ungeheuerlichem Glück?

Mit Zynik, keinerlei Scheu, den unschönen Facetten des Lebens einen Lacher abzuringen und im Gegenzug den schönen Dingen des Lebens ihre Trivialität aufzuzeigen sowie scharfen, lebensnahen Dialogen ist «Girls» eine Ausnahme-Dramedy, die vielleicht nicht „die Stimme dieser Generation“ ist, aber auf jeden Fall eine denkwürdige Stimme dieser Generation.

ZDFneo strahlt «Girls» am Samstag, dem 13. Juli, und am Sonntag, dem 14. Juli, ab jeweils 22 Uhr als TV-Event aus.
12.07.2013 12:00 Uhr Kurz-URL: qmde.de/64886
Sidney Schering

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Tags

Ein Leben für den Tod Girls Immer Ärger mit 40 Mad Men The Mindy Project Tiny Furniture

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