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Die Kritiker: «Die Holzbaronin»

Der historische ZDF-Fernsehfilm leidet in seiner zweiten Hälfte durch den Wechsel der Hauptdarstellerin.

Inhalt


Schwarzwald, 1953. Elly Seitz hat endlich ihr Ziel erreicht: Sie ist zur Vorsitzenden des Aufsichtsrats der Seitz AG, einem holzverarbeitenden, mittelständischen Unternehmen gewählt worden. Viele Jahre hatte sie darauf hingearbeitet, den traditionsreichen Betrieb ihrer Familie zu leiten. Doch das Glück währt nicht lange. Noch während der Ernennungssitzung nimmt Kriminalkommissar Fröbe sie fest. Ein anonymer Anrufer hat Elly beschuldigt, ihren Mann Alfred Brauer im Jahr 1944 ermordet zu haben. Und nicht nur das: Ihr eigener Sohn Hans bestätigt als Zeuge diese Anklage.

In einer langen Vernehmung will Fröbe ein Geständnis von Elly erzwingen und Licht ins Dunkel der vergangenen Geschehnisse bringen. Dabei treiben ihn offensichtlich auch persönliche Motive an. Während seiner bohrenden Befragung blickt Elly zurück auf ihr bisheriges Leben, das geprägt ist von einer großen Liebe, schrecklichen Verlusten, dem Kampf für das Unternehmen und der Anerkennung in ihrer Familie.

Gegen den Willen ihrer Eltern und somit im Geheimen hatte Elly als eine der ersten Frauen Deutschlands ein Studium aufgenommen. Schon immer wollte sie eines Tages die Leitung des Familienbetriebs übernehmen – gegen alle Widerstände ihres Umfelds, welches dieses Ziel nahezu ausnahmslos für völlig absurd hält. In den Wirren der Wirtschaftskrise, die auch die Seitz AG nahezu in den vollständigen Ruin treibt, weil der Pater familias nicht auf Elly hört und entgegen ihrem Rat die halsbrecherischen Börsenspekulationen fortsetzt, besteht nur noch eine Möglichkeit, die Firma zu retten: Elly heiratet Alfred Brauer, einen misogynen Emporkömmling – den Mann, den sie 1944 ermordet haben soll.

Darsteller
Christine Neubauer («Gottes mächtige Dienerin») als Elly Brauer geb. Seitz
Henriette Confurius («Ameisen gehen andere Wege») als Elly Seitz
Dirk Borchardt («Danni Lowinski») als Alfred Brauer
Ben Braun («Nina Undercover – Agentin mit Kids») als Josef Meder
Michael Mendl («Der Untergang») als Anton Seitz
Nicole Heesters («Der Kommissar und das Meer») als Margareta Seitz
Andy Gätjen («Der Kommissar und das Meer») als Ernst Seitz

Kritik
Die erste Hälfte dieser üppigen dreistündigen historischen Familiensaga gehört zum Besten, das die bisherige Fernsehfilmsaison zu bieten hat. Getragen wird sie hauptsächlich von Henriette Confurius, eine der großen Entdeckungen im deutschen Schauspielgeschäft der letzten Jahre. Die Rolle der resoluten, intelligenten und beharrlichen Elly Brauer, die weiß, was sie will, und allerhand unangenehme Schritte dafür unternimmt, wirkt ihr geradezu auf den Leib geschrieben. Eineinhalb Stunden lang Hadern und Durchsetzungskraft, großes Spiel mit kleinen Gesten, Zerbrechlichkeit und Stärke. Confurius bringt diese Mischung durchgehend glaubwürdig unter einen Hut, inklusive all der melodramatischen Momente, die bei vielen ihrer Kolleginnen leicht hätten schief gehen können.

Doch in der zweiten Hälfte lassen Produzentin Regina Ziegler und Regisseur Marcus O. Rosenmüller leider Christine Neubauer ans Ruder – und sofort merkt man, welch großen Einfluss eine Hauptdarstellerin auf das Endprodukt eines Films hat. Der Bruch könnte nicht größer sein: Von Confurius minimalistischen Gesten zu Neubauers aufgesetztem Pathos, ihren ausladenden Bewegungen, dem in seinem Übermaß geradezu unerträglichen Overacting. Eine Rolle, die vorher vielschichtig, spannend und differenziert war, wird zur unglaubwürdigen, unnahbaren Kitschfigur. Den authentischen Flair, den Confurius und ihre Co-Darsteller aus Annette Hess' Drehbuch eineinhalb Stunden lang mühsam aufgebaut haben, lässt Neubauer in wenigen Minuten den Bach runter gehen.

Auf dramaturgischer Ebene mag durchaus der ernst gemeinte Versuch unternommen worden sein, ein tiefgehendes Psychogramm zu entwerfen. Man scheitert jedoch oftmals daran, dass man sich weigert, an der Oberfläche zu kratzen. Zwar war Annette Hess bemüht, die politischen Umstände möglichst geschickt in die Handlung zu verweben, was ihr in Teilen auch gelungen ist; letzten Endes bleiben die unterschiedlichen Ideologien und Standpunkte der Protagonisten zum ersten Weltkrieg, zur Weltwirtschaftskrise und zu Nazi-Deutschland jedoch zu konstruiert, wirken zu sehr mithilfe so mancher Klischees durchchoreographiert – und die dramaturgischen Ansatzpunkte verlaufen immer wieder im Sande.

Ohnehin: Wenn in drei Stunden über vierzig Jahre deutsche Geschichte abgeklappert werden – und das noch mit Christine Neubauer – ist jede Relevanz dahin. Es fehlt an einer klaren Fokussierung, die eine sinnvolle Einbettung eines relevanten Teils der Zeitgeschichte in einen narrativen Kontext ermöglicht hätte. «Die Holzbaronin» wirkt dagegen eher wie das stupide Herunterbeten von vierzig Jahren deutscher Hochmut, Verblendung und systematischer Menschenvernichtung. Ein solches Thema verdient jedoch eine relevantere und intellektuell schärfere Aufarbeitung als Neubauer'sche Menscheleien.

Das alles sind hauptsächlich Probleme der zweiten Hälfte – die ersten neunzig Minuten machen wohl hauptsächlich wegen Confurius einen deutlich ansprechenderen Eindruck. Und auch der historische Kontext wirkt zu dieser Zeit noch präsenter und nicht so sehr, als wäre er lediglich ein Vorwand, um wieder mal die Parabel von der unterdrückten Frau melodramgerecht abzuarbeiten.
Und hier lässt sich der größte Unterschied zwischen Confurius und Neubauer feststellen. Mit Confurius' Elly kann man mitfühlen, eben weil sie ihre Figur so kompromisslos anlegt und all ihre Widersprüche zwischen Zerbrechlichkeit und Entschlossenheit glaubwürdig transportieren kann. Bei Neubauer dominiert jedoch das unglaubwürdige Melodram, das mit Pathos intellektuelle Hintergründigkeit vortäuschen will und damit gnadenlos scheitert.

Das ZDF zeigt die deutsche Erstausstrahlung von «Die Holzbaronin» am 26. Februar 2013.
25.02.2013 13:51 Uhr Kurz-URL: qmde.de/62296
Julian Miller

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Agentin mit Kids Ameisen gehen andere Wege Danni Lowinski Der Kommissar und das Meer Der Untergang Die Holzbaronin Gottes mächtige Dienerin Nina Undercover Nina Undercover – Agentin mit Kids

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