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Die 10 besten Soundtracks 2012

Von Adele bis Zimmer, von Oscar-Favoriten zu Geheimtipps: Das Kinojahr 2012 war ein reinster Ohrenschmaus. Wir haben, mit argem Kopfzerbrechen, aus den vielen musikalischen Kino-Höhepunkten die zehn stärksten Soundtracks ausgesucht.

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«The Dark Knight Rises» (Hans Zimmer)
„Ein Sturm zieht auf“, warnt die von Anne Hathaway gespielte Meisterdiebin Selina Kyle den ins Alter gekommenen Bruce Wayne – und welch ein Sturm in Christopher Nolans Finale der Batman-Trilogie aufzieht! Das heiß erwartete Heldenepos beginnt noch sanft, mit melancholischen Rückgriffen auf «The Dark Knight». Aber es vergehen nur wenige Augenblicke, bis Hans Zimmer einen frenetischen Orchestersound auf das Publikum loslässt. Wahnwitzige, schneidende Streicher schnüren sich um die Gehörgänge der nichts ahnenden Kinogänger, aggressive Trommeln unterstreichen auf die Sekunde genau abgestimmt jede Bewegung des mit brachialer Präsenz auftretenden Schurken Bane und ein ominöser Chor lässt einen nicht enden wollenden Kampfschrei von sich. Und all das ist nur die erste Actionszene des 165-minütigen Kinofilms! Im restlichen Score wandert Zimmer effektvoll zwischen albtraumhafter Panik, resigniertem Heldentum und schmerzvollem Triumph. Subtilität ist in diesem Score nicht das Ziel Hans Zimmers, sondern die Neuinterpretation des modernen, realen Batman aus «Batman Begins» und «The Dark Knight» als weltliches Heldensymbol, und dies erreicht er – so widersprüchlich dies auch anfangs scheint – durch seine überlebensgroßen, fast schon mythologisch-epochalen Kompositionen, in denen stets etwas Schmutz, Blut und Schweiß durchklingt.
Anspieltipps: „Gotham's Reckoning“, „Mind If I Cut In?“, „The Fire Rises“, „Despair“, „Fear Will Find You“, „Why Do We Fall?“, „Imagine the Fire“, „Rise“

«Anna Karenina» (Dario Marianelli)
Die Traumkonstellation für anspruchsvolle Kinoadaptionen literarischer Vorlagen besteht derzeit aus Regisseur Joe Wright, Hauptdarstellerin Keira Knightley und Komponist Dario Marianelli. Nach den naturalistischen Verfilmungen «Stolz und Vorurteil» und «Abbitte» betreten sie mit «Anna Karenina» Neuland und zelebrieren die Künstlichkeit der aristokratischen Gesellschaft sowie die Theatralik von Tolstois Romanklassiker mit einer wagemutigen Neuinterpretation, die weitestgehend in einem heruntergekommenen Theater angesiedelt ist. Der inszenatorische Verzicht auf den prunkvollen Realismus üblicher Kostümdramen spiegelt sich auch in Marianellis Kompositionen wider, die sich einem satten Orchester entsagen. Stattdessen lässt er eine Handvoll Kammermusiker das soghafte Geschehen auf Wrights belebter Bühne mittels schwärmerischer Walzertakte kommentieren, die sich völlig unverhofft in paranoiden Wahn steigern können, nur um ebenso unerwartet für sanfte Pianotöne oder berückende Ehen aus behänder, französischer Klassik und sowjetischer Melancholie Platz zu machen. Marianelli offenbart dem Zuhörer, selbst ohne den dazugehörigen Film, ein teuflisches Ballett der Sehnsucht, vorgeschobener Artigkeit und des romantischen Verrats. Und all das ohne schwerfällige Arrangements, die bei diesem Stoff eigentlich zu erwarten stünden – genau deshalb sind Wrights Film und Marianellis Musik so wohlfeine Überraschungen.
Anspieltipps: „Overture“, „She Is Of The Heavens“, „Dance With Me“, „Can Can“, „I Don't Want You To Go“, „Time For Bed“, „Too Late“, „Lost In A Maze“, „A Birthday Present“, „Anna's Last Train“, „Curtain“

«Der Hobbit – Eine unerwartete Reise» (Howard Shore)
Selbstredend greift Howard Shore vereinzelt auf liebgewonnene Melodien aus seinen «Der Herr der Ringe»-Scores zurück. Aber das ab und zu aufblitzende Ring-Leitthema ist im epochalen und emotional tragenden «Der Hobbit»-Soundtrack nicht mehr als ein tänzerisch-unheilvoll vorbeiziehender Wind, der rätselhaft die Mittelerde noch bevorstehenden Ereignisse ankündigt. Der Löwenanteil der «Hobbit»-Musik ist (im besten Sinne) schwer, erdig und von verletztem Optimismus bestimmt. Schließlich ist es die Geschichte eines Heimweh verspürenden, in ein Abenteuer stolpernden Hobbits, der 13 Zwergen zu helfen versucht, ihre Heimat zurückzuerobern. Insbesondere das Stück „Misty Mountains“ bleibt lange in Erinnerung und feuert die Sehnsucht nach den restlichen beiden Teilen der neuen Mittelerde-Trilogie an.
Anspieltipps: „My Dear Frodo“, „Misty Mountains“, „The Adventure Begins“, „An Ancient Enemy“, „The Hidden Valley“, „A Thunder Battle“, „Under Hill“, „Riddles in the Dark“, „Erebor“, „Song of the Lonley Mountain“

«Beasts of the Southern Wild» (Dan Rohmer & Benh Zeitlin)
Das fantasiereiche Drama über ein junges Mädchen aus Louisiana, das seine Mutter sucht, wird von einem simplen, leicht mitsummbaren Score begleitet, der den Charakter der Hauptfigur gekonnt einfängt und zugleich den urbanen Zauber des Films verstärkt. Wie es sich für einen Film mit diesem Setting gehört, bedient sich die Musik an der Klangästhetik von Bluegrass und beginnt äußerst minimal, bevor sanfter Einsatz der Blechbläser die musikalischen Themen an emotionalen Stellen sachte vorantreibt. Laut Rohmer und Zeitlin war das Geheimnis ihres Scores, dass sie ihn an der Perspektive ihrer mit großer Vorstellungskraft gesegneten Hauptfigur entlanghangeln ließen, statt den Film mit Musik von außen heraus zu kommentieren. Wenn ein Kind spielt und dabei eine heroische Filmmusik summt, sind die nachgeahmten Abenteuer für dieses Kind echt, während erwachsene Passanten nur ein summendes Kind sehen – dies sollte die Musik zu «Beasts of the Southern Wild» imitieren: Einfach genug, um das Gesumme eines Kinds zu sein, doch wenn man die Perspektive dieses Kindes einnimmt, eröffnen sich zauberhafte, aufregende Welten.
Anspieltipps: „Particles of the Universe (Heartbeats)“, „I Think I Broke Something“, „End of the World“, „The Thing That Made You“, „The Confrontation“, „Once There Was a Hushpuppy“

«Life of Pi» (Mychael Danna)
Die religiöse und multikulturelle Geschichte des indischen Jungen Pi Patel, der nach einem Schiffbruch gemeinsam mit einem Tiger in einem Rettungsboot festsitzt, hätte in den falschen Händen Grundlage für einen prätentiösen Filmscore voller Walgesänge und singenden Gläsern bieten können – oder für eine stupide Ansammlung von Multikultiklischees, einer unfreiwillig-parodistischen Tournee durch alle Ecken der Weltmusik. Aber Regisseur Ang Lee setzte wohlweislich auf den ihm bereits vertrauten Komponisten Mychael Danna, der zuvor schon mit «Das Kabinett des Doktor Parnassus» einen klischeefreien, intelligenten Score über Glauben, Internationalität und Wunderlichkeit schrieb. Der Reise eines kilometerlangen Gewässers gleich, und stets im Einklang mit der Handlung von «Life of Pi», reist Dannas Komposition durch variierende kulturelle Einflüsse, die er mit fester künstlicher Hand zu einem ausgewogenen Gesamtwerk vereint.
Anspieltipps: „Pi's Lullaby“, „Piscine Molitor Patel“, „Christ in the Mountains“, „Leaving India“, „First Night, First Day“, „Set Your House in Order“, „Flying Fish“, „God Storm“, „I'm Ready Now“, „Back to the World“

Bonus Track:[/b] «Skyfall» [b](Adele)


Der 23. offizielle James-Bond-Film ist eine der Überraschungsgeschichten des Kinojahres. Wohl kaum jemand hätte bezweifelt, dass «Skyfall» ein Kassenschlager wird – dass Daniel Craigs dritter Einsatz als 007 jedoch über 970 Millionen Dollar generiert, kam völlig unerwartet. Regisseur Sam Mendes vermengte auf gewinnende Weise den Old-School-Bond und das moderne Agentengenre, was von Komponist Thomas Newman auch musikalisch treffend begleitet wird. Sein percussionlastiger, mehrere Themen verwebender Score wird allerdings zweifelsohne von Adeles Titelsong überschattet, der allein in den USA über 1,9 Millionen Kopien verkaufte und Gold in Deutschland, Australien und Dänemark sowie Platin in Belgien und Italien holte. Nach den modernen Titelsongs zu «Stirb an einem anderen Tag», «Casino Royale» und «Ein Quantum Trost» kehrt mit Adeles Nummer der Soul zu James Bond zurück, ohne zeitgenössische Qualitäten missen zu lassen. Dies ergibt den besten Bond-Song seit langer Zeit sowie das preiswürdigste Lied dieser Award-Saison. Und somit erhält diese Single eine Ehrennennung in dieser Hitliste der Soundtrackalben des Jahres.
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29.12.2012 07:00 Uhr Kurz-URL: qmde.de/61215
Sidney Schering

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