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360 Grad: Lieber Old School als Hammerscheiße

Was sich am «Supertalent» alles verändert haben muss, wenn Thomas Gottschalk seinem Ruf nicht schaden will. Ein Kommentar von Julian Miller.

Viele Journalisten haben die Geschichte wahrscheinlich schon vorgeschrieben, damit sie am Samstagabend pünktlich nach Ende des «Supertalents» veröffentlicht werden kann: Der tiefe Fall des Thomas Gottschalk – vom langjährigen Moderator der erfolgreichsten Unterhaltungsshow Europas über die Pleite am Todeszonenvorabend hin zum endgültigen Absturz im Proletenfernsehen neben Dieter Bohlen. Fast wie in einem Film von Helmut Dietl. Einer dieser Fälle, in denen Realsatire zur Realität wird.

Fest steht: Wenn Gottschalk seinen Ruf als niveauvoller und versierter Entertainer behalten will, muss sich am «Supertalent» einiges geändert haben. Wenn er will, dass er der nette Showmaster bleiben soll, der die Zuschauer an der Hand nimmt, um mit ihnen ein paar Stunden Spaß zu haben, wie er sich im Spiegel-Online-Interview nach dem Ende von «Gottschalk live» ausgedrückt hat, müssen sich das RTL-typische Kandidaten-Runterputzen, das „Hammerscheiße“-Gepöbel seines Jurykumpanen, das billige und in Teilen in der Vergangenheit ja auch unwürdige Ausschlachten von tragischen Geschichten der Teilnehmer aufgehört haben. Kurzum: Wenn Gottschalk weiterhin der nette Gottschalk und nicht der abgewrackte Entertainer sein will, der am qualitativen Boden des deutschen Unterhaltungsfernsehens angekommen ist, muss sich die Sendung, in der er ab diesem Samstag auftritt, von Grund auf geändert haben und vom ursprünglichen Konzept, wie man es bisher kannte, und der Art, wie sie sich bisher präsentierte, vollkommen weg gekommen sein. So groß ist die Erwartungshaltung.

Eines hat Gottschalk indes jedoch schon verloren: seine Glaubwürdigkeit. In einem von RTL am Montag veröffentlichten Interview hat er den Grund mitgeteilt, warum er zu «Wetten, dass..?»-Zeiten immer gegen «Das Supertalent» gewettert hat: „Ich habe das Format früher in erster Linie deswegen beschimpft, weil es mir bei «Wetten, dass..?» die Zuschauer geklaut hat.“ 2008 hatte er noch davon gesprochen, „dass dort Leute vorgeführt werden, die man eigentlich vor sich selbst in Schutz nehmen sollte“ und darin den Grund gesehen, die Sendung abzulehnen. Heute wissen wir also, dass der Hauptgrund für diese Aussagen darin bestand, dass «Das Supertalent» ihm in die Quotenparade gefahren ist.

Mit seinem aktuellen Statement hat sich Gottschalk also als der klischeehafte Showmaster-Opportunist entpuppt, der die Konkurrenz nicht in erster Linie wegen der fragwürdigen und medienethisch problematischen Produktionsweisen kritisiert, sondern wegen der höheren Einschaltquoten. Und heute sein altes Format, für das er so gefeiert wurde, im gleichen Atemzug als „Old School“ bezeichnet. Oder ist das auch nur Taktik, um Markus Lanz die Quoten zu verhageln?
14.09.2012 00:00 Uhr Kurz-URL: qmde.de/59108
Julian Miller

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360 Grad Thomas Gottschalk Das Supertalent RTL

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