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Die Kino-Kritiker: «Der Lorax»

Die Kinderbuchverfilmung der «Ich - Einfach unverbesserlich»-Macher dürfte schnell wieder vergessen sein.

Der Animationsfilmmarkt wird zunehmend umkämpfter. Obwohl Dreamworks («Shrek», «Madagascar») und vor allem Pixar («Toy Story», «WALL•E») diese Sparte der Filmproduktion weiterhin als Platzhirsche dominieren und auch die Blue Sky Studios mit ihrer enorm erfolgreichen «Ice Age»-Reihe mittlerweile regelmäßig vorne mitmischen, drängen mehr und mehr Firmen ins Rampenlicht und möchten ein Stück vom überaus lukrativen Kuchen abhaben. Auch die vor einigen Jahren neu auf den Plan getretene und mit Universal kooperierende Animationsfilmschmiede Illumination Entertainment landete mit ihrem urkomischen Debüt «Ich - Einfach unverbesserlich» (2010) sowohl qualitativ als auch finanziell einen internationalen Hit und ließ somit Großes für die Zukunft erwarten.

Doch schon das Nachfolgeprojekt «Hop - Osterhase oder Superstar?» (2011), das zugegebenermaßen eine Kombination aus Real- und Animationsfilm war, konnte nicht annähernd so viel Anklang finden. Damit liegen die Hoffnungen nun auf dem dritten und nun wieder gänzlich am Computer generierten Film des Studios, der den Titel «Der Lorax» trägt und auf einem Kinderbuch des vor allem in den USA sehr populären und bereits im Jahre 1991 verstorbenen Autors Dr. Seuss («Der Grinch», «Horton hört ein Hu!») basiert. Doch leider will auch der Funke beim neuesten Projekt aus dem Hause Illumination Entertainment trotz der Beteiligung des «Ich - Einfach unverbesserlich»-Regisseurs Chris Renaud nicht mehr so recht überspringen.

«Der Lorax» erzählt von dem aufgeweckten Jungen Ted, der in der künstlichen, von der Außenwelt abgeschotteten Stadt Thneedville lebt. Hier besteht alles aus Metall, Plastik oder verschiedensten anderen Kunststoffen, selbst die Pflanzen. Dass diese somit auch keine Atemluft produzieren, nutzt der skrupellose Geschäftsmann Aloysius O'Hare aus, um mit dem Verkauf von frischer Luft an die Bewohner des Örtchens seinen persönlichen Reichtum zu mehren. Eines Tages offenbart Teds Freundin Audrey dem 12-Jährigen, dass sie sich nichts sehnlicher wünsche, als einmal einen echten Baum zu Gesicht zu bekommen. Das lässt sich Ted, der heimlich in die High-School-Schülerin verliebt ist, natürlich nicht zweimal sagen und wagt sich in die trostlose, von Baumstümpfen übersäte Einöde außerhalb der Stadt, um nach dem geheimnisvollen Once-ler zu suchen, der mehr über den Verbleib der Bäume wissen soll.

Und tatsächlich gelingt es Ted, den zurückgezogen lebenden Einsiedler ausfindig zu machen. Dieser offenbart, dass einst er selbst für das Verschwinden der Pflanzen verantwortlich war und stellt Ted einen waschechten Baum in Aussicht, sollte sich der Junge die Geschichte des Mannes zu Ende anhören. Doch als der kaltblütige O’Hare Wind von Teds Bemühungen bekommt, möchte er das Unterfangen um jeden Preis stoppen, sieht er in dem Pflanzen eines echten Baums doch die Quelle seines Reichtums gefährdet.

Manch einer mag sich wundern, wo in diesem ganzen Geschehen der titelgebende und immerhin für die Werbekampagne sehr stark herhaltende Lorax bleibt. Die Wahrheit ist, dass dieser bei all dem eine erstaunlich unbedeutende, wenn nicht gar belanglose Rolle einnimmt. Die kleine, etwas griesgrämige Kreatur mit dem flauschigen, orangenen Fell und dem buschigen Schnurrbart (welche übrigens nicht nur im englischen Original, sondern auch in der deutschen Fassung von Hollywood-Star Danny DeVito durchaus passend skurril gesprochen wird) erscheint als eine Art Hüter des Waldes, nachdem der Once-ler in seiner rückblickend erzählten Geschichte seinen ersten Baum gefällt hat. Doch abgesehen davon, dem menschlichen Eindringling ein wenig ins Gewissen zu reden, ist er scheinbar nicht in der Lage, überhaupt etwas gegen die fortschreitende Zerstörung der Natur zu unternehmen. Der Once-ler selbst zweifelt zwar mit der Zeit immer mehr an seinem eigenen Handeln, doch liegt dies weniger an den Moralpredigten des Lorax als vielmehr daran, dass die Figur des Once-lers an sich schon grundsätzlich gutmütig angelegt ist.

Damit ist schon ein weiteres wesentliches Problem des Films angesprochen. So steckt die Charakterisierung des besagten Once-lers, seines Zeichens neben Ted wohl der eigentliche Protagonist des Films, voller Widersprüche und Ungereimtheiten. Seine Prinzipien scheinen sich von einer Minute auf die nächste komplett zu wandeln. Die im Anfangsstadium seines Vorhabens und am Ende des Films an den Tag gelegte recht sympathische Art deckt sich auch, wenn man beide Augen zudrückt, beim besten Willen nicht mit der enormen Rücksichtslosigkeit, die ihn schließlich über einen längeren Zeitraum Grausames anrichten lässt, so sehr er sich auch nach dem damit verbundenen Ruhm und Reichtum gesehnt hat. Darüber hinaus kommt es ihm, auch nachdem er plötzlich wieder zu altem Mitgefühl zurückgefunden hat, allem Anschein nach nicht in den Sinn, seinen eigenen Fehler mit dem Pflanzen neuer Bäume selbst wieder gut zu machen. Lieber wartet er Jahre in seinem heruntergekommenen Haus in der verlassenen Einöde darauf, dass jemand vorbeikommt und ihm diese Aufgabe abnimmt. Ein glaubwürdiger Charakter sieht wahrlich anders aus.

Doch zumindest wurde hier der Versuch unternommen, der Figur ein wenig Tiefe zu verleihen, wohingegen alle weiteren, öfter auftretenden Charaktere, Ted und der Lorax mit eingeschlossen, stereotyp und blass bleiben. Und auch ansonsten lässt der Animationsfilm Originalität schmerzlich vermissen, was sich besonders im meist recht lieb- und einfallslosen Humor und der nach der Etablierung der durchaus ideenreichen und vielversprechenden Filmwelt über weite Strecken ausgetretenen Pfaden folgenden Handlung bemerkbar macht. Erinnerungswürdige Höhepunkte sucht man leider vergeblich, sodass sich trotz der Laufzeit von knapp unter 90 Minuten einige Längen einschleichen. Damit ist es fraglich, ob «Der Lorax» selbst Kinder, für welche der Film zweifellos vorrangig gedacht ist, durchweg in seinen Bann ziehen kann.

Ein Totalausfall ist «Der Lorax» jedoch nicht. Mit großartigen Animationen und dem zwar nicht besonders außergewöhnlich eingesetzten, aber grundsätzlich sich auf Genrestandard befindenden 3D-Effekt bietet der Film zumindest etwas für das Auge. Abseits dessen wissen außerdem vor allem die Auftritte der putzigen Waldbewohner zu gefallen und zumindest zum Schmunzeln anzuregen, hat Illumination Entertainment doch auch schon mit den Minions von «Ich - Einfach unverbesserlich» ein glückliches Händchen bei der Kreation liebenswerter Nebenfiguren bewiesen. Doch anders als bei jenem Erstlingswerk bleibt die ansprechende Zeichnung der Hauptfiguren in «Der Lorax» allerdings weitestgehend auf der Strecke. Dies ist wohl auch einer der Gründe, weshalb die Vermittlung der gut gemeinten und nach wie vor hochaktuellen Botschaft des Films zur Erhaltung der Natur recht unbeholfen und insbesondere gegen Ende arg plump daherkommt. Dadurch verpasst «Der Lorax» endgültig die Chance auf eine nachhaltige Wirkung und dürfte somit nach einer Sichtung schon bald wieder in Vergessenheit geraten.

«Der Lorax» ist seit dem 19. Juli in vielen deutschen Kinos zu sehen.
20.07.2012 09:45 Uhr Kurz-URL: qmde.de/58012
Markus Trutt

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Lorax

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