Es war wieder einmal «Echo» in Berlin. Live in der ARD wurden am Donnerstagabend zur besten Sendezeit die begehrten Trophäen an das „Who is Who“ der Musikbranche verliehen. Dieses Mal unter dem unausgesprochenen Motto „Come Together“ – denn in diesem Jahr entschieden sich erstaunlich viele Künstler für eine Performance, zusammen mit einem oder mehreren Kollegen: Duos, Trios und vor allem jede Menge interessante Kombinationen: Das war der Echo 2012.
Punkt 20:15 Uhr: Ina Müller und Barbara Schöneberger betreten zu Ohrwürmern wie „Nur noch kurz die Welt retten“ und „Nur in meinem Kopf“ die Bühne des Berliner Palais am Funkturm. Ein ungewöhnliches Moderatorenduo und doch sollte sich im Laufe des Abends noch herausstellen, dass eine Kombination aus den zwei Plaudertaschen durchaus ihren Unterhaltungswert hat. Die Halle ist ausverkauft. Die Zuschauer erwartet ein spannendes Programm aus nationalen und internationalen Topstars. Schon im Vorfeld sickerten einige interessante Informationen an die Presse durch. Bei «TV Total» kündigte der jamaikanische Dancehall-Star Sean Paul am Dienstag eine Darbietung mit den Kollegen Taio Cruz und Olly Murs an, zwei Tage vor der Verleihung wurde der Auftritt von Rammstein zusammen mit Marylin Manson bestätigt und die deutsche Band Silbermond hatte sich für ihre erste Live-Performance im deutschen Fernsehen nach einer Kreativpause von knapp drei Jahren ebenfalls die Echo-Bühne ausgesucht.
Dass diese Verleihung eine ganz andere werden sollte, als in den Jahren zuvor, ließ der erste Auftritt des Abends noch nicht vermuten. Lana Del Rey performte ihre melancholische Ballade „Video Games“ live zum Piano und sorgte damit für einige Schluchzer im Publikum. Entgegen vieler Kritikereinschätzungen ging sie jedoch in allen Kategorien leer aus und durfte keine der begehrten Trophäen mit nach Hause nehmen. Ganz anders lief es für Altmeister Udo Lindenberg, der zur Verwunderung vieler den Echo in der Kategorie „bester Künstler national“ gewann – ganze 10 (!) Jahre nach seiner Auszeichnung für das Lebenswerk. Desweiteren kam es kaum zu Überraschungen unter den Preisträgern. Moderatorin Ina Müller wurde als beste Sängerin national ausgezeichnet, David Guetta erhielt wie erwartet unter tosendem Applaus den Preis in der Kategorie „Best Dancehall-Act“ und wie vorab bekannt bekam Wolfgang Niedecken, Frontsänger der Kölner Combo „BAP“ die Auszeichnung für sein Lebenswerk.
Das Publikum zum Erstaunen brachten im Gegensatz zu den Nominierten aber vor allem die gemischten Arrangements der Künstler, die den Abend bestritten. Ganz nach dem Motto „Jeder mit Jedem“ sorgten Kombinationen wie „Kraftklub und Casper“ oder „Tim Bendzko und Shaggy“ für Abwechslung auf der Bühne. Ganz allein hingegen bestritt „Unser Star für Baku“-Gewinner Roman Lob seinen Auftritt und bestand unter den strengen Augen von Jury-Präsident Thomas D. seine Feuerprobe vor großem, internationalen Publikum. Trotzdem suchte man im Publikum vergeblich nach Mit-Entdecker Stefan Raab.
Zumeist scheitere sein Besuch einer Preisverleihung schon an der Suche nach einem passenden Outfit, ließ er einige Tage zuvor in seiner Late-Night-Show im Gespräch mit den Moderatorinnen verlauten. Dafür ließen sich die Zieh-Väter von «The Voice of Germany»-Star Yvi Quainoo den ersten großen Auftritt ihres Schützlings nicht nehmen und schwärmten auch im Anschluss an die Show noch immer in den höchsten Tönen von ihrer Entdeckung. Wesentlich weniger erfolgreich lief es in diesem Jahr übrigens für das Ergebnis von «Deutschland sucht den Superstar»: obwohl dreimal nominiert, konnte weder Sieger Pietro Lombardi, noch Zweitplatzierte und Dauerfreundin des Sängers Sarah Engels eine Trophäe entgegen nehmen. Nicht mal ein Auftritt war den beiden vergönnt, womit «DSDS» in Sachen „Nachhaltigkeit“ nun wohl endgültig offiziell von anderen Casting-Shows überholt wurde. Was das Thema „Nachhaltigkeit“ angeht, so sorgten hinter den Kulissen vor allem zwei Stars von «Ich bin ein Star, holt mich hier raus!» für Getuschel. Kim Debkowski und Rocco Stark, jeweils zweit- und dritt-Platzierte der sechsten Staffel, erschienen als Pärchen auf dem roten Teppich, wenn auch man sich fragen dürfte, was die beiden auf einer Preisverleihung für Musiker zu suchen haben.
Einig war man sich in der Branche an diesem jedoch Abend vor allem in einem: die diesjährige Echo-Verleihung hat erneut das Zusammengehörigkeitsgefühl der Branche verstärkt. Barbara Schöneberger brachte es mit dem Begriff „Klassentreffen“ auf den Punkt. Moderatorin Palina Rojinski lobte vor allem die Auftritte von „Kraftklub“ und Sean Paul, bemängelte allerdings scherzhaft das Fehlen von Getränken während der Verleihung. Auch die einstige Topmodel-Gewinnerin Sara Nuru, die an diesem Abend ganz in weiß auf der Aftershow-Party auftauchte, lobte die Show und hob wie schon so viele zuvor die interessanten Künstler-Kombinationen hervor. Somit dürfte die Echo-Verleihung ihren Ruf als angestaubte, konservative Künstler-Ehrung zu Gunsten der jungen Zuschauer erst einmal los sein.