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360 Grad: No Place Like Home

Es ist immer wieder erstaunlich, was Harald Schmidt so alles kann. Wie hat er sich nun in Sat.1 geschlagen? Ein Kommentar.

Was so ein Senderwechsel alles bewirken kann. Lustlosigkeit hat man ihm die letzten Jahre immer wieder vorgeworfen, er hätte keinen Drive mehr, sondern würde müde die Millionen einsacken und eine unambitionierte Show nach der anderen hinlegen. Dies war der Tenor, den man aus Dutzenden Leitartikeln über Harald Schmidts Zeit in der ARD immer wieder herauslesen konnte. Erst vor knapp zwei Jahren ging es mit dem Relaunch seiner dortigen Late-Night-Sendung, gewissermaßen in der Version 2.0, also in der Post-Pocher-Periode, qualitativ spürbar bergauf.

Bei seiner Premiere zurück im trauten Heim des Champions-League-Senders war von Amtsmüdigkeit endgültig nichts mehr zu spüren. Schon die erste Einstiegsminute vor dem Vorspann war unterhaltsamer als alles, was sich die «Oliver Pocher Show» zur Zeit ihres Bestehens so an Gags herausgewürgt hatte. Der darauf folgende Stand-up Schmidts wohl sein bester seit Jahren – voller Spitzen, herrlich bissig und mit glänzender Selbstironie. Sat.1 macht wieder richtiges Fernsehen.

Die neue «Harald Schmidt Show» kombiniert dabei die besten Elemente aus Schmidts Sat.1- und ARD-Zeit. „Klassische“ tempogeladene Late-Night mit hoher Gag-Dichte wie zu seinen Zeiten im Privatfernsehen, und doch auch intellektuelle Hintergründigkeit und subtile Anspielungen, womit er zuletzt in seinen Sendungen beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen brillierte. Stellenweise war Schmidts Aufarbeitung des Wochengeschehens fast tiefgründiger als das, was man bei «Günther Jauch» am Sonntagabend so sehen musste, wo die Diskussion zeitweise darauf hinauslief, dass „der Amerikaner“ nicht so viel Zeit hat, sich politisch zu informieren, weil er am Wochenende damit beschäftigt ist, sein Haus zu reparieren und so. So weit zumindest Kulturethnologe Jürgen Klinsmann (hoffentlich hat zu Guttenberg in „seiner“ Dissertation über die amerikanische Verfassungsgeschichte nicht auch bei ihm abgeschrieben). Erstaunlich, dass eine satirische Late-Night-Sendung intellektuell anspruchsvoller ausfallen kann als eine seriös ausgerichtete Talk-Show zur besten Sendezeit. Only with Harry.

Schmidt gibt sich nun sogar auch musikalisch. Am Mittwochabend begleitete er Geigenvirtuosin Anne Sophie Mutter am Klavier, in seiner Premierensendung swingte er die Zuschauer in die erste Werbepause und spielte dabei gleichzeitig noch auf „Polk Salad“ Annie Wills Abschiebung auf den Kuschelsendeplatz mittwochs um 22.45 Uhr im Ersten an. Schmidt kann eben alles. Sogar Songs von Presley singen. Suchen wir nicht gerade noch jemanden, der uns nächstes Jahr beim Eurovision Song Contest vertritt?

Mit 360 Grad schließt sich auch nächsten Freitag wieder der Kreis.
16.09.2011 00:00 Uhr Kurz-URL: qmde.de/52023
Julian Miller

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360 Grad

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