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Der Fernsehfriedhof: «Wer wird Millionär?» in XXS

Quotenmeter.de erinnert an all die Fernsehformate, die längst im Schleier der Vergessenheit untergegangen sind. Folge 142: Ein totgesagtes Vorabend-Quiz, das einfach nicht sterben wollte.

Liebe Fernsehgemeinde, heute gedenken wir der bewegten Vergangenheit der Mini-Kopie von Günther Jauchs Erfolgsquiz.

«Die Quiz Show» wurde am 04. Juli 2000 in Sat.1 geboren und entstand zu einer Zeit, als der Konkurrent RTL mit den ersten Folgen von «Wer wird Millionär?», die noch blockweise ausgestrahlt wurden, einen enormen Überraschungserfolg landen konnte. Auf diesen Zug wollten verständlicherweise auch die Verantwortlichen von Sat.1 aufspringen und entschieden, die australische Show «The $1.000.000 Chance of a Lifetime» zu adaptieren. Zuvor war das Format in den USA ebenfalls als Antwort auf den dortigen Erfolg von «Who Wants To Be A Millionaire?» ausprobiert, aber nach nur fünf Folgen wieder eingestellt worden.

Jeder Kandidat spielte für sich allein und konnte maximal zehn Fragen beantworten, deren Schwierigkeitsgrad kontinuierlich anstieg. Bei der korrekten Beantwortung der Eingangsfrage wurde eine unbezahlte Rechnung des Mitspielers beglichen, die dann vor den Augen des Publikums zerschreddert wurde. Anschließend galt es vor Kenntnis der nächsten Frage zu entscheiden, wie viel von dem bereits gewonnenen Geld gesetzt wird. Maximal war auf diese Weise ein Gewinn von 512.000 DM (ab 2002 die gleiche Summe in Euro) möglich. Dabei kam jedoch pro Frage auch stets eine Antwortmöglichkeit hinzu, sodass bei der letzten Frage der Kandidat wegen der vielen Einblendungen im Bild kaum noch zu sehen war. Anders als bei Günther Jauch durfte jedoch nur ausgestiegen werden, bevor eine Frage gestellt wurde. Schied ein Kandidat aus oder hörte freiwillig auf, rückte der nächste nach. War das Ende der Sendezeit erreicht, ging es in der nächsten Ausgabe an dieser Stelle weiter.

Auch abseits des Spielsystems erinnerte das Format stark an «Wer wird Millionär?». Musik, On-Air-Design und die Studiodekoration waren der Vorlage recht ähnlich, reichten jedoch nicht an deren Qualität heran. Dafür sorgte auch die Tatsache, dass die Show im Berliner Sendezentrum von Sat.1 produziert wurde, das aber über keine großen Studios verfügte. Angesichts dieser sichtbaren räumlichen Beengtheit wirkte das Format im Vergleich zum Vorbild von RTL stets kümmerlich. Dafür lief die Sat.1-Variante dauerhaft fünfmal pro Woche und stets live über den Schirm. Dies machte es auch möglich, dass zufällig ausgewählte Telefonanrufer als Joker fungieren konnten.

Als Moderator wurde zunächst Jörg Pilawa verpflichtet, der zuvor unter anderem mit den Gameshows «Hast Du Worte!?» und «Das Goldene Ei» für den Sender tätig war, doch bisher auf seinen großen Durchbruch wartete. Dieser gelang ihm dann endgültig mit der «Quiz Show». Als er immer beliebter wurde, bot ihm der NDR einen lukrativen Wechsel an, den Pilawa annahm. Für das Erste präsentierte er fast taggenau ein Jahr nach dem Start der «Quiz Show» ein fast identisches Konzept, das mit «Das Quiz» sogar einen ähnlich einfallslosen Titel hatte. Seinen Platz in der Sat.1-Sendung übernahm ab 2001 der Österreicher Christian Clerici, der zuvor durch die ARD-Show «Herzblatt» führte und dann Kai Pflaume als Moderator der «Sat.1 Glücksspirale» ablöste. Als auch er die «Quiz Show» verließ, rückte das ehemalige VIVA-Gesicht Matthias Opdenhövel nach, der durch die Sendungen «Bitte Lächeln» bei RTL II und «Hast Du Töne?» auf VOX umfangreiche Show-Erfahrungen mitbrachte.

Das halbstündige Format erfreute sich anfangs einer enormen Beliebtheit und wurde dabei vom allgemeinen Quizboom getragen. Die Quoten waren derart gut, dass Sat.1 ab November 2000 beschloss, die tägliche Ausgabe um 19.40 Uhr um jeweils eine weitere um 18.00 Uhr zu ergänzen. Mit dem Weggang von Pilawa und dem zeitgleichen Nachlassen des Quizbooms begann das Format dann zu schwächeln. Ab Oktober 2001 wurde daher die 18.00 Uhr-Ausgabe wieder gestrichen. Da jedoch das Nachfolgeformat «Krankenhaus Lichtenberg» kaum besser lief, gab es ab April 2002 erneut frühe Ausgaben. Nach weiteren fünf Monaten verschwanden diese jedoch endgültig und wurden durch die ebenfalls wenig beliebte Gameshow «Ströhleins Experten» ersetzt. Erst die Einführung der Fake-Doku-Reihe «Lenßen & Partner» brachte den nötigen Erfolg zurück.

Gleichzeitig begab sich Sat.1 auch auf die intensive Suche nach einem geeigneten Nachfolge-Format für die späteren Ausgaben, die unverändert gegen halb acht zu sehen waren. Zunächst glaubte man in der Doku-Reihe «Warum nur?» einen passenden Ersatz gefunden zu haben, für den sogar Barbara Eligmann zu Sat.1 wechselte. Doch nach endlosen Startverschiebungen wurde das Projekt bald eingestellt. Aus Mangel an Alternativen sendete das Quiz unterdessen tapfer weiter, obwohl es schon längst seine Haltbarkeit überschritten hatte. Als dann die Fake-Doku «K11 – Kommissare im Einsatz» im direkten Lead-In der «Quiz Show» zu einem Zuschauermagneten wurde, entschieden sich die Programmverantwortlichen, das Quiz zu beenden und durch Wiederholungen älterer Ausgaben von «Lenßen & Partner» zu ersetzen.

«Die Quiz Show» wurde am 17. September 2004 beerdigt und erreichte ein Alter von rund vier Jahren. Die Show hinterließ den Moderator Jörg Pilawa, der nach seinem Wechsel zum NDR zahlreiche Abendshows wie «Frag doch mal die Maus», «Der PISA Test» oder «Das Star Quiz» im Ersten übernahm. Mit einem weiteren Wechsel zum ZDF und seiner aktuellen Show «Rette die Million» wurde er unwiderruflich zum Quizonkel der Nation. Christian Clerici führte später durch die tägliche ZDF-Sendung «Sudoku – Das Quiz» und die VOX-Doku-Reihe «Mein Restaurant», während Matthias Opdenhövel aufgrund der Moderation von zahlreichen «TV Total»-Events und «Schlag den Raab» zur Allzweckwaffe von ProSieben wurde. Auch er wechselte im Sommer 2011 wie seine beiden Vorgänger ins öffentlich-rechtliche Fernsehen. «Die Quiz Show» selbst erlebte indessen ab Herbst 2005 ein kleines Comeback, als der Sender 9Live begann, ältere Ausgaben zu wiederholen.

Möge die Show in Frieden ruhen!

Die nächste Ausgabe des Fernsehfriedhofs erscheint am kommenden Donnerstag und widmet sich dann der überraschend erfolgreichen Clip-Show von Mike Krüger.
16.06.2011 09:00 Uhr Kurz-URL: qmde.de/50176
Christian Richter

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