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«The Voice»: Wahrlich innovativ

Wir wagen wieder den genauen Blick in die USA - dorthin, wo sich entscheidet, was ein großer Hit werden kann, oder was nicht.. So wie vergangene woche mit einer neuen Musik-Casting-Show. Unser US-Korrespondent Christian Wischofsky präsentiert den deutschen Fernseh-Fans den "First Look".

Unser US-Korrespondent hat sich die neue NBC-Casting-Show angeschaut und ist sehr begeistert.

Castingshows sind tot, es leben die Castingshows. Genau wie im deutschen Fernsehen gibt es auch im US-TV unzählige Formate, welche es dem Publikum ermöglichen, den Ruhm über den Weg des Fernsehens zu suchen. Die Suche nach dem nächsten Star in Amerika begann 1983 mit «Star Search» und fand ihren ersten Höhepunkt im Sommer 2001, als FOX «American Idol» premierte, und seit dem befindet sich die Suche nach dem amerikanischen Superstar jährlich auf Platz eins der erfolgreichsten Sendungen im US-Fernsehen. Zehn Jahre später plant NBC nun diese Konkurrenz anzugreifen – vergangene Woche startete die innovative Show «The Voice», deren Erfolgszug vor nicht mal einem Jahr in Holland begann und inzwischen das am heißesten gehandelte TV-Format der Welt ist.

Und das nicht zu Unrecht: Mehr als die Hälfte der Zielgruppe in den Niederlanden schaute «The Voice of Holland», und für NBC war die Premiere von «The Voice» mit einem Marktanteil von 13 Prozent die erfolgreichste Serienpremiere seit «Heroes» in 2006; und fraglos die erfolgreichste Serienpremiere des scheidenden TV-Jahres. ProSieben dürfte sicherlich mit Freude die weltweite Entwicklung des Formats verfolgen, soll doch «The Voice of Germany» im Herbst starten und «Popstars» ersetzen. Handelt es sich mit «The Voice» jedoch nur um einen weiteren neuen Hype, der schnell verflachen könnte, oder ist die neue Show wirklich so innovativ, wie Erfinder und Produzent Jon de Mol behauptet?

Die Frage ist schnell beantwortet: «The Voice» ist wahrlich innovativ. Zum ersten Mal in der Geschichte der Castingshows wird sich voll und ganz auf die Stimme der Kandidaten konzentriert, Performance und Aussehen stehen nicht im Zentrum der Aufmerksamkeit der Coaches. Es beginnt damit, dass die Kandidaten schon vorab von den Produzenten der Show ausselektiert wurden und in der finalen Phase der ersten Runde, die so genannten “Blind Auditions”, vor einem Live-Publikum, vor den Rücken der vier Coaches und vor den TV-Kameras um den Einzug in die zweite Runde (die “Battle Round”) singen. Wo andere Formate wie «Popstars» oder «American Idol» hinter geschlossenen Türen in einem Konferenzraum ihre Castingrunden halten, und hin und wieder Platz für Freaks und untalentierte Möchtegernstars schaffen, gibt es in «The Voice» keine einzige schwache Stimme. Die Show verschwendet keine 15 Minuten pro Episode, um zu zeigen, wie die Juroren einen talentfreien Kandidaten niedermachen; es wird keine Zeit verschwendet, wie die Kandidaten sich auf ihre Live-Performance vorbereitet haben. Es wird vorgestellt, ein wenig geredet, gelacht und natürlich gesungen. Und genau hier liegt der Mehrwert von «The Voice»: Endlich gibt es eine Castingshow, welche die Musik in den Vordergrund stellt.

Zusätzlich gibt es ein weiteres Element, welches sich in der Premiere der US-Version überraschend schnell entwickelte: Die Kandidaten singen nicht nur für den Sieg im Wettbewerb, die Coaches stehen ebenfalls im gegenseitigen Konkurrenzkampf um die Kandidaten. Sobald zwei oder mehr der Coaches sich entschieden haben, den Kandidaten zu unterstützen und in ihr Team aufzunehmen, welches nach den Blind Auditions aus jeweils acht Artisten pro Coach bestehen wird, darf der Kandidat auf der Bühne entscheiden, welchen der vier Coaches er als Mentor für die zweite Runde auswählt. So kam es in «The Voice» öfters vor, dass Christina Aguilera und Maroon 5-Frontmann Adam Levine sich den Ball hin und herspielten, wenn es darum ging die Gunst des Kandidaten zu gewinnen. Hier ist es vor allem wichtig, dass die Coaches untereinander eine gute Chemie haben und sich nicht scheuen, sich auch gegenseitig scherzhaft zu necken – was mit einer Präsenzperson wie Dieter Bohlen schlicht unmöglich wäre.

Allerdings war dieser Faktor war eines der wenigen Problempunkte in der Premiere, und sollte ProSieben bei der Produktion von «The Voice of Germany» dieselben Elemente übernehmen wollen, könnte das Zögern der Kandidaten und der spannungslose Thrill des Momentes die Gunst der deutschen Zuschauer kosten. Immerhin sind die mit Spannungsmusik untermalten Slowmotion-Szenen, in denen der Kandidat sich für einen Mentor entscheidet (welcher auch meistens der perfekte Zeitpunkt ist, um in die Werbepause zu gehen), die zeitraubendsten und unwichtigsten Momente der Show.

«The Voice» funktioniert wunderbar für Zuschauer, welche in «Deutschland sucht den Superstar» den Musikanteil missen und «Popstars» inzwischen als eine wöchentliche Musicalsoap abgestempelt haben. Die Show funktioniert wunderbar als Castingshow, da sie wirklich nach Talenten Ausschau hält. Und sie funktioniert auch wunderbar als minimale Charakterstudie der Coaches: Zu sehen, was sie über die Stimme denken, bevor sie die dazugehörige Person zu Gesicht bekommen; und zu erkennen, dass die vier Profis auf den roten Stühlen das Talent besitzen Talent ohne ihre Augen erkennen zu können, macht «The Voice» weitaus besser und interessanter, als es zuerst den Anschein macht. Die Show hat definitiv viele Kritiker-Erwartungen übertroffen – da bleibt nur zu hoffen, dass die kommende deutsche Version nicht viel verändern und dementsprechend auch die Zuschauer im Herbst positiv überraschen wird. Jon de Mol darf sich wieder einmal Superproduzent nennen und schon an der Weiterentwicklung von «The Voice» basteln: Wie würde die Show aussehen, wenn auch die Zuschauer an den Bildschirmen die Kandidaten während der Finalshows (die dritte und letzte Runde von «The Voice») nicht zu Gesicht bekommen und stattdessen nur die Stimmen hören?
03.05.2011 11:03 Uhr Kurz-URL: qmde.de/49382
Christian Wischofsky

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The Voice

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