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Zwischen dem Brautkleid und dem ersten Bier

Wie die sechs übertragenden TV-Sender die „Hochzeit des Jahres“ von Prinz William und Kate Middleton kommentierten. Quotenmeter.de hat zugeschaut.

Das war sie also: Die britische „Hochzeit des Jahres“. Prinz William und Kate Middleton haben sich vor Millionen Fernsehzuschauern in der ganzen Welt das Ja-Wort gegeben. Die Trauung und die langen Feierlichkeiten wurden auch hierzulande auf gleich sechs Sendern übertragen. Das Medienereignis ging also auch am deutschen Fernsehen nicht spurlos vorbei – vielmehr versetzte die Prinzenhochzeit das Fernsehprogramm am Vor- und Nachmittag in einen regelrechten Ausnahmezustand. Von 9 Uhr morgens bis mindestens 15 Uhr übertrugen die sechs TV-Sender live aus London. Quotenmeter.de hat sich das Treiben rund zwei Stunden lang angeschaut und gibt einen Einblick, wie die deutschen Sender mit dem TV-Ereignis des Jahres umgegangen sind.

Royal-Experten voller Enthusiasmus


Wie erwartet glichen sich die Bilder bei ARD und ZDF fast schon synchron. Die Doppelübertragung der öffentlich-rechtlichen Anstalten hatte schon im Vorfeld Kritik geerntet. Beide Sender bezogen das BBC-Signal für ihre Live-Bilder. Umso weniger verwunderlich war es also, dass die gezeigten Kameraeinstellungen oft dieselben waren. Merkliche Unterschiede gab es nur in der Moderation beziehungsweise beim Kommentieren des Geschehens. Die ARD hatte Mareile Höppner im Einsatz, die aus einem gläsernen Studio am Buckingham Palace berichtete. Der Standort war hier gut gewählt. Allerdings kommentierte vorrangig Royal-Experte Rolf Seelman-Eggebert all das, was die Bilder zeigten. Diese Aufgabe nahm er fast wörtlich. Jeder Schritt, jede Bewegung wurde für den Zuschauer auch noch mal in Worten ausgedrückt: „Sie fahren“, „Sie steigen ein“ etc., hieß es gleich an mehreren Stellen.

Nun denn – so wussten auch blinde Zuschauer, was in London abgeht. Doch dass der Kommentar selbst bei ganz gewöhnlichen Dingen wie dem Einsteigen der Königsfamilie in das royale Gefährt so enthusiastisch mitgeteilt wurde, obgleich der Zuseher dies selbst beobachten konnte, war dann doch übertrieben. Im ZDF ließ man hingegen die Bilder für sich sprechen. Ein ruhiger Kommentar setzte jeweils ein. Gelegentlich gab es längere Pause, wo kein Ton gesprochen wurde. Die Moderatoren Karen Webb und Norbert Lehmann machten ansonsten einen gute Job. Doch gingen ihre Sätze in dem königlichen Treiben und den jubelnden Mengen oftmals auch unter, so dass man nur die Hälfte verstehen konnte. An diesen Stellen hätte der Toningenieur den Lautstärke-Regler ruhig etwas mehr aufdrehen können.

„Noch eine Stunde in Freiheit“


RTL hatte zeitgleich seine Boulevard-Geschütze aufgefahren: Frauke Ludowig und Katja Burkhard waren entweder aus dem Off zu hören oder sprachen im Studio mit Experten. Als Prinz William zum Traualtar kutschiert wurde, konnte sich Frauke Ludowig einen Kalauer nicht verkneifen: „Noch eine Stunde ist er in Freiheit“, scherzte sie aus dem Hintergrund. Ohnehin wurde William gut beäugt: „Er salutiert“, freut sich Katja Burkhard, als der Prinz aus dem Wagen steigt. „Er winkt, er winkt“, ruft Frauke Ludowig dazwischen. Entsprechend ging man also auch beim Kölner Marktführer mit viel Enthusiasmus und Übereifer an die Berichterstattung. Doch manchmal schien man die eigene Aufgabe gar vergessen zu haben: Die Menge jubelt als die Königsfamilie nach und eintritt. Selbst vor dem Buckingham Palace haben sich Menschen versammelt. Auf den Straßen wehen die Flaggen Großbritanniens. „Was sind das für tolle Bilder“, schwärmt Katja Burkhard daraufhin und fügt daraufhin an: „Ich hoffe Sie bekommen zu Hause etwas von der guten Stimmung hier mit!“. Doch diese zu vermitteln, war doch letztlich die Aufgabe der Kommentierenden. In Sachen Styling wird Bruce Darnell auf dem Dach des „RICs“ mit Blick auf Westminster Abbey befragt. Er soll eine kurze Einschätzung abgeben, doch viel hat auch er noch nicht gesehen.

Ohnehin waren die Augen der Berichterstatter besonders auf Kate Middleton gerichtet: Ihr Brautkleid war kurz vor der Zeremonie das Gesprächsthema Nummer Eins. Wie wird das Kleid der Braut wohl aussehen? Das Geheimnis war bald gelüftet. Auch Kate Middleton fuhr mit dem königlichen Wagen vor. Auf N24 ging man jetzt in die Vollen: Das Brautkleid, der Schleier. Die O-Töne der Kommentatoren überschlugen sich regelrecht. Anders als bei Braut Kate Middleton war der Hochzeitsanzug des Bräutigams keine Überraschung. William heiratete in der Uniform der Irish Guards. Kurz zuvor noch hatte Sat.1, das immerhin als einziger Sender über 720 Minuten von der „Hochzeit des Jahres“ berichtete, einen anderen Zeitgenossen ins Visier genommen. Prinz Harry traf im Westminster Abbey auf seinen Bruder William. Er war sein Trauzeuge und musste später noch eine Rede halten. „Was wird er froh sein, wenn er später endlich das erste Bier trinken darf“, witzelten die Sat.1-Fachleute vor Ort. Aus London berichteten Ulla Kock am Brink, Matthias Killing und Karen Heinrich so abwechselnd, dass es fast schon eine Genugtuung war nicht immer die selbe Stimme zu hören. Ein wenig nervtötend war Expertin Sibylle Weischenberg, die mit anderen Kollegen im Berliner Studio von Sat.1 das Geschehen analysierte. Doch zum Glück übertrugen ja sechs Sender die Prinzenhochzeit, so dass man gepflegt umswitchen konnte.

"Der Traum früherer Kindheit"


Bei n-tv beispielsweise übte sich Society-Expertin Tanja Bülter in Vergleichen: Die Hochzeit von Prinz William und Kate Middleton sei für uns alle doch „der Traum früherer Kindheit“. In unregelmäßigen Abständen schaltete man nach London zu Jenny Knäble, die für den Nachrichtensender dort zur Verfügung stand. Doch mitten im Getümmel hatte auch sie es nicht immer leicht: „Ich konnte nicht sehen, wer im Auto sitzt“, musste sie bei einer Live-Schalte zugeben. Das Warten auf die Königsfamilie wurde dabei nicht nur bei n-tv spannender gemacht als es war. Sehr vorhersehbar war nämlich alles durchgeplant. Und dass die Queen als Oberhaupt der Königsfamilie zuletzt in das Royal-Auto steigen würde, war doch letztlich anzunehmen. Bei Sat.1 hatte man sich darüber den Kopf zerbrochen.

Gelegentlich waren dann noch die Experten überfragt: „Das ging zu schnell“ oder „Das ist schwer zu sagen“, lauteten ausweichende Antworten vom RTL-Royal-Experten Eduard Prinz von Anhalt auf Nachfragen von Katja Burkhard. Als dann der Gottesdienst begann waren die Kommentatoren, Moderatoren und Experten auf allen Sender sowieso still. Der Zuschauer sollte die Zeremonie in Ruhe mitkommen können. Allein die englischen Texte wurden von den jeweiligen Kommentatoren übersetzt. Einzig Sat.1 tanzte etwas aus der Reihe: Nachdem William und Kate ihre Ehegelübde abgelegt hatten, wurde gesungen, was Matthias Killing dazu bewog, ein paar Sätze an die Zuschauer zu richten. Doch am Ende hatte man ein einheitliches Bild: Die Trauung und die Feierlichkeiten der „Hochzeit des Jahres“ mit den gleichen Bilder auf sechs Sendern. Wann hat es das zuletzt gegeben.
29.04.2011 15:54 Uhr Kurz-URL: qmde.de/49317
Jürgen Kirsch

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Tags

William & Kate

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