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Daily-Talkshows: Von «Andreas Türck» bis «Franklin»

Zum Abschluss unserer Reihe über die deutschen Daily-Talkshows kommen wir nun noch zu den drei verbliebenen Sendungen, die sich in keine der vorhergehenden Kategorien einordnen ließen. Weder liefen sie besonders lange, noch waren sie kurzlebige Misserfolge. Ihre Moderatoren wurden weder sehr berühmt, noch wiesen diese drei Shows eine sonderlich moderne Struktur auf. Kurz und gut bilden sie also den „kläglichen“ Rest. Doch so kläglich ist der teilweise auch nicht, denn bekannt waren diese Shows dennoch und drückten dem deutschen Daily-Talk ihren Stempel mit auf.

Da gab es «Andreas Türck», der täglich von 1998 bis 2002 auf ProSieben talkte. Das besondere bei seiner Sendung war die Abkehr von der Allgemeinheit, denn erstens kannten sich seine Talkgäste untereinander und zweitens stritten sie sich nicht über ein übergeordnetes Thema, sondern über eine konkrete Sache, die sie persönlich betraf. Man trug bei Türck also seine Familien- und Freundschaftsstreitigkeiten aus. Die Themen bezogen dabei auch sogar den Moderator direkt selbst mit ein, denn die Anrede „Andreas,…“ wurde vor jedes Titelthema gesetzt. So forderte der Sender in Form der Gäste zum Beispiel. „Andreas, komm, lass uns mal so richtig peinlich sein“ oder stellte fest „Andreas, mein Busen wird auch dich verrückt machen“. Sprachen sich die Talkgäste selbst im Titel an, fragten sie sich unter anderem „Was willst du mit der Mumie?“ oder riefen dazu auf „Bäh, du stinkst, wasch dich endlich“.

Beim Besprechen dieser ganzen talkshowtypischen Themen trat Andreas Türck stets sehr flapsig auf, machte sich auch mal gerne über seine Gäste offensichtlich lustig und machte sich nur selten die Mühe, einen heftigen Streit seiner Gesprächspartner zu unterbrechen. Stattdessen setzte er sich und spielte Gitarre. Viele Folgen mussten von ProSieben schon vor der Ausstrahlung wieder ausgebremst werden. So kam es zu einigen Abänderungen an Einzelthemen oder man ersetzte sie sogar ganz.

Besonders in Erinnerung blieb unter anderem eine Folge von 1999, in der das Genre einmal mehr zur Disposition gestellt wurde, sich der Moderator aber nicht selbstkritisch zeigte. Darin fragte ein gewisser Micky „Woher sind gekommen eigentlich die ganze Laberei?“, wobei die falsche Grammatik insgesamt typisch für einige Daily-Talk-Gäste, aber im speziellen auch für jene von «Andreas Türck» war. Der Gastgeber selbst antwortete darauf nur „Tut mir wirklich leid, aber das versteht doch keine Sau. - Ist doch wahr.“ Fraglich dabei blieb im Nachhinein nur, was denn nun keine Sau verstehe: Die Frage ansich oder die Tatsache, dass der nachmittägliche deutsche Fernsehmarkt seinerzeit von Talkshows überflutet war. Produziert wurden die rund 850 Folgen «Andreas Türck» von Schwartzkopff TV Productions, die auch «Sonja» und «Britt» herstellten und auch bei «Kerner» und «Franklin» Hand anlegten.

Andreas Türck konnte schon vor seiner Talkshow-Zeit das tägliche Unterhaltungsbusiness erlernen, da er von 1995 bis 1997 die Gameshow «Dalli Dalli» als Neuauflage im ZDF-Nachmittagsprogramm präsentierte. Nach den vier Jahren Daily-Talk moderierte Türck von Januar bis März 2004 nur noch die «McChartShow», eine Sonderwerbeform zwischen ProSieben und der Fast-Food-Kette McDonalds.

Fortan betätigte er sich als Unternehmer einer Firma, die Internetfernsehen produziert. Die Szene mit den Schweißflecken unter seinen Armen ist wohl – auch dank «TV Total» - eine der berühmtesten der deutschen Daily-Talk-Geschichte geworden.

«Birte Karalus» startete im selben Jahr wie «Andreas Türck», also 1998. Das ist aber auch schon die einzige Gemeinsamkeit. Ansonsten war hier alles anders: Die Show lief bei RTL, war noch deutlicher krawalliger (wahrscheinlich sogar der streitlustigste Daily-Talk überhaupt) und lief aber auch nur halb so lang wie Türck, nämlich zwei Jahre bis 2000. Karalus selbst war seit 1992 im Fernsehen zu sehen, zunächst als Reise- und Verkehrsjournalistin für die ARD, dann als Sportmoderatorin im DSF und bei ihrem Talkshow-Heimatsender RTL innerhalb von «RTL Aktuell».

VWL und Germanistik studierte sie bis zum Ende durch und ist somit die wohl einzige akademisch ausgebildete Talkerin der Daily-Talkshow-Welle gewesen. Doch dem Niveau ihrer Sendung half weder dies nicht, noch der Fakt, dass Hans Meiser mit seiner Firma crea-tv die Show produzierte. Montags bis Freitags um 14 Uhr, also noch vor «Bärbel Schäfer» und «Hans Meiser», wurden Themen wie „Igitt, du gehst zu Huren“, „Ganz ehrlich, diese Schläge hast du dir verdient“ oder „Furchtbar! Und so was wie ihr hat Kinder“ bestritten. Schon kurze Zeit nach dem Start der Show meldete sich die Landesmedienanstalt und musste einfordern, dass keine Kinder unter 16 Jahren in der Sendung vorkommen dürfen und weniger Alkoholiker gezeigt werden sollen. Dies geschah auch im Rahmen einer scheinheiligen Vereinbarung gegenüber den Medienwächtern von allen Privatsendern, die für ihre Daily-Talks im Jahr 1998 so genannte „freiwillige Verhaltensgrundsätze“ festlegten.

Besonders in Erinnerung bleibt von «Birte Karalus» eine Folge, in der es um den damals 14-jährigen Mehmet ging, welcher als Serienstraftäter – auch von der übrigen Presse schlagzeilenträchtig mitverfolgt – aus München zurück in die Türkei ausgewiesen wurde. In dieser ausnahmsweise mal aktuellen Daily-Talk-Ausgabe, die pseudopolitisch daherkam, wurde der Straftäter dann sogar aus der Türkei zugeschaltet. Dabei störte man sich bei RTL dann also doch nicht mehr um die Grundleitsätze für tägliche Nachmittagstalkshows, denn danach hätte Mehmet für seine Teilnahme in der Sendung ja zwei Jahre älter sein müssen. Unbekümmert davon moderierte Birte Karalus typisch strittig und aufgebauscht die Schalte wie folgt an: „Ist er der hoffnungslose Kriminelle? Oder der arme Junge, der zwischen den Mühlen von Polizei und Justiz zermahlen wurde? Am besten fragen wir ihn selbst.“ Nach 404 Sendungen war dann für «Birte Karalus» Schluss. Der Grund: Sinkende Quoten, trotz der härtesten Krawallausrichtung des Formats.

Karalus selbst gehört zu den wenigen Talk-Moderatoren, die sich im Nachhinein von ihrer Sendung distanzierten. Sie sagte zwei Jahre nach dem Aus, dass sie nie wieder eine Nachmittagstalkshow moderieren würde und es Augenblicke gegeben habe, in denen sie im Studio gestanden und sich geschämt habe. Des Weiteren bezeichnete sie ihre Sendung direkt und unverblümt als „sinnlosen Krawalltalk“ und bekannte, dass sich ihr der Magen zusammengezogen hätte. Aber auch diese Eingeständnisse waren also nochmal zum Abschluss gewohnt hitzig von ihr ausgesprochen. Passend zu diesem Kurs erschienen sie auch in der „Bild“-Zeitung.

Die Moderatorin selbst blieb nach einiger Zeit Pause auf ProSieben von 2004 bis 2005 zunächst noch dem täglichen Fernsehen verbunden, indem sie dort um 18.30 Uhr das Boulevardmagazin «Prompt» präsentierte. Schließlich führte sie von 2008 bis 2010 noch durch die Sat.1-Morgenshow «Weck Up» am Sonntag und war bei tv.gusto zu sehen. Seit Anfang 2011 ist sie Hauptmoderatorin des Automagazins «Auto Mobil» bei VOX.

Als letzte der drei Resteshows ist «Franklin – Deine Chance um 11» zu nennen. Von 2000 bis 2004 täglich um (wie der Titel schon verrät, damit sich der typische Talkzuschauer die Sendezeit auch merken konnte) 11 Uhr vormittags in Sat.1 zu sehen, redete sich Frank Schmidt (Franklin) noch durch die Untiefen des langsam dahinsiechenden Genres.

Zuvor war er als Moderator der «100.000 Mark Show» bei RTL noch als großer Abendshowmatador und jüngster Showmaster Deutschlands bekannt geworden und hatte gleichzeitig noch die Chance, wie Andreas Türck, mit einer Daily-Gameshow für den täglichen Sendeplatz zu üben. So hieß es für Franklin von 1999 bis 2000 «Lucky Letters» bei RTL II. Die Talkshow übernahm er in Sat.1, als Jörg Pilawa zur «Quizshow» wechselte. Franklins Talk wurde dann auch – ebenfalls wie bei Türck - seine langlebigste Sendung.

Und damit immer noch nicht genug mit den Parallelen zu Andreas Türck, denn auch bei Franklin diskutierten und stritten sich vorrangig Menschen, die sich schon kannten. Die Themen dafür waren auch nicht anders, als bei seinen Kollegen: „Charakterschwein! Hör auf, dein Kind zu ignorieren“, „DNA-Test: Ich wünsche mir einen anderen Vater für mein Kind“ (wo schon die Vaterschaftstests von Olli Geißen übernommen und sogar noch mit einer „Problemlösung“ ergänzt wurden) oder schlicht „Arbeitsloser, schäm dich!“. Die einstündige Talkshow wurde im April 2004 auf 10 Uhr vorverlegt, folglich auch ihres Titelzusatzes beraubt und schließlich ganz eingestellt, da auch hier die Quoten sanken. Da halfen auch die Zauberkünste des Moderators nichts, der vor seiner Fernsehlaufbahn schon mit 18 Jahren den „Grand Prix of Magic“ gewann und nach seiner Daily-Talk-Zeit folgerichtig dort anknüpfte, indem er nämlich in der ARD 2005 «Ausgetrickst – Die unglaubliche Show» am Abend präsentierte. Danach war für ihn noch 2007 «Wunschzeit» im Ersten und anschließend wurde er bis heute nicht mehr im Fernsehen gesichtet. Derzeit ist er geschäftsführender Gesellschafter der von ihm im Jahr 2003 gegründeten „Blueprint TV-Productions GmbH“, die TV-Formate für den internationalen Markt entwickelt und lizenziert. Also zum Abschluss noch eine Parallele zu seinem Kollegen Andreas Türck, im Produzentenbereich Fuß gefasst zu haben.
26.04.2011 09:56 Uhr Kurz-URL: qmde.de/49238
Gregor Elsbeck  •  Quelle: Wikipedia, Fernsehlexikon

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Birte Karalus Andreas Türck

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