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Die Kritiker: «Achtung Arzt!»

Story


Die quirlige Stationsärztin Sarah hat schon genug Probleme: Erstens ist Rosenmontag und in der Klinik die Hölle los. Zweitens beobachtet sie kurz vor der Visite ihren Freund und Kollegen Leo, wie er die attraktive Lernschwester Vanessa begrabscht. Und drittens wird auch noch ihr Chefarzt, Professor Kortner, als Patient eingeliefert. Kortner ist nicht nur der beste Arzt der Klinik, sondern auch der unmenschlichste weit und breit. Mitarbeiter und Patienten leiden seit Jahren unter dem Ekelpaket. Aber jetzt, wo der verhasste Chef hilflos im Krankenbett liegt, können sich Sarah und ihre Kollegen endlich rächen.

Darsteller


Annette Frier («Danni Lowinski») ist Sarah
André Röhner («Tatort») ist Leo
Bernhard Schir («OP ruft Dr. Bruckner») ist Professor Kortner
Annika Ernst («Lena - Liebe meines Lebens») ist Lernschwester Vanessa
Sarah Masuch («Fleisch ist mein Gemüse») ist Schwester Mary
Maximilian Grill («Der letzte Bulle») ist Assistenzarzt Sing
Norbert Heisterkamp («Alles Atze») ist Bernd

Kritik


Mit perfider Perfektion schafft es Sat.1 immer wieder aufs Neue, schöngeistige Stereotypen mit wenigen echten Problemen, dafür aber umso ausgeprägterem dramatischem Talent in Klischees deutscher Berufsgruppen zu zwängen, mit einem Haufen Kitsch zu übergießen und den Low-Budget-Zinnober einem durchaus bemerkenswert üppigen Publikum als euphemistisch betitelten «Großen Sat.1-Film» zu verkaufen. Der neuste Streich: «Achtung Arzt!», eine nach konventionellen Mustern angelegte Romantikkomödie, die zu allem Überfluss noch den thematisch Stempel «Karneval» aufgedrückt bekommen hat und zur überflüssigen fünften Jahreszeit passend mit verkleideten Alkoholleichen kokettiert. Doch für die Spötter kommt es noch schlimmer: Die Ausgeburt an dramaturgischen Stereotypen ist im Endeffekt tatsächlich recht launig und liegt deutlich über dem - zugegebenermaßen recht niedrigen Niveau - der üblichen Sat.1-Eigenproduktionen.

Das liegt zum einen an der Auswahl der Schauspieler: Annette Frier, die spätestens seit «Danni Lowinski» zu einem Aushängeschild für Sat.1 einerseits und für qualitativ hochwertige deutsche Serien andererseits geworden ist, verkörpert die liebenswert quirlige Ärztin Sarah, die mit ihrem Kollegen und Verlobten Leo Probleme hat - nicht nur ist Leo per se ein wahrer Frauenheld, ganz offensichtlich hat er auch ein konkretes Verhältnis mit Lernschwester Vanessa. Doch nicht nur privat ist es stressig, auch in der Klinik gibt es Probleme: Professor Kortner, charakterisiert vom Seriendoktor Bernhard Schir, terrorisiert seine Mitarbeiter als korinthenkackender Chefarzt. Doch nach einem Fahrradunfall liegt der verhasste Chef auf einmal selbst im Krankenzimmer und muss gepflegt werden. Um dem übellaunigen Boss eins auszuwischen, wird er in einem Vierbettzimmer mit spielesüchtigem italienischem Weiberheld, witzelndem, aber depressiven Karnevalsfan und Norbert Heisterkamp als prolligem Bernd untergebracht. Und dann ist da auch noch der Countdown bis zum Rosenmontag, der erwartungsgemäß viele betrunkene und verletzte Karnevalisten in die Klinik spült - oder wie es die Belegschaft ausdrückt: «In der Ambulanz zwei frische Alkoholleichen von der Helau-Front» - der Albtraum jedes Mitarbeiters.

Der Film spielt zwar unbestritten mit den üblichen Klischees, hat aber durchaus auch erheiternde Momente. Wenn zwei Verletzte in Pinguins- und Eisbärverkleidung im Wartebereich nebeneinandersitzen, wenn Maximilian Grill einen schrecklich stereotypen Quoteninder gibt, wenn Kortner seine Mitpatienten erst mit hochgeistigen Ergüssen verärgert und anschließend therapiert, wenn verletzte Mainzer Karnevalsenthusiasten mit den Worten «Bitte keine Anekdoten, nur Details!» begrüßt werden oder wenn es am Ende zum dramatischen Showdown im OP kommt - die Szenerie ist zwar durchweg ernst gemeint, wirkt aber nicht ganz so aufgesetzt wie in vergleichbaren Produktionen. Eine Parodie auf den Karnevalsbrauch ist «Achtung Arzt!» leider nicht geworden, dazu fehlte dann wohl doch die avantgardistische Energie. Dafür versuchte man in der Postproduktion, mit Splitscreens, «24»-esken Countdowns bis zum Rosenmontagsdebakel und auf Dauer nervtötenden Schiebeeffekten Pfiff in den Film zu bringen.

Dass ist in einigen Szenen recht gut gelungen, wirkt in anderen Szenen aber so, als habe sich der Schnittpraktikant aus allen verfügbaren Effekten wahllos eine Handvoll herausgegriffen. Schade, dass die Low-Budget-Produktion aus Kostengründen auch ohne aufwendige Außendrehs auskommen muss und der Großteil des Films in den langweilig sterilen Räumen des Krankenhauses spielt. Insgesamt überzeugt die Idee von Regisseur und Drehbuchautor Rolf Silber zwar, statt langweiligem Alltag eine spezielle Ausnahmesituation in die Handlung einzubauen, bei der das ausgelutschte Liebesgedöns von der Dienstagsfilmfront teilweise wohltuend in den Hintergrund gerät, aber wirklich konsequent umgesetzt worden ist dieses Konzept nicht. Dazu gesellt sich die ein oder andere Länge im Film. Einen Schritt heraus aus der Mittelmäßigkeit in Richtung origineller Eigenproduktionen ist mit «Achtung Arzt!» aber allemal - dass etwas mehr Sorgfalt und finanzielle Aufwendung Früchte trägt, hat Sat.1 mit den qualitativ wie quotentechnisch tollen Serien «Danni Lowinski» und «Der letzte Bulle» selbst bewiesen. Blöd nur, dass die obligatorische Romantikkomödie auch sonst geschaut wird - und dass sich am Ende per Gesetz doch alle wieder einigermaßen lieb haben müssen.

Sat.1 zeigt «Achtung Arzt!» am Dienstag, den 22. Februar 2011, um 20:15 Uhr.
21.02.2011 10:00 Uhr Kurz-URL: qmde.de/47873
Jakob Bokelmann

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Tags

achtung arzt

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