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Wahl 09: So gut waren die deutschen TV-Sender

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Etliche Sender berichteten am Sonntag von den Bundestagswahl 2009: Quotenmeter.de hat die Berichterstattungen der vier großen deutschen TV-Stationen gesehen.

RTL: «wir wählen 2009» (17:30 Uhr – 19:30 Uhr)


Von Jakob Bokelmann:

Der traditionellen Berichterstattung der öffentlich-rechtlichen Sender hat die private Konkurrenz kaum etwas entgegenzusetzen, sodass außer RTL und Sat.1 kein anderer Sender ein Sonderprogramm zeigt. Doch bei der vergangenen Bundestagswahl im Jahre 2005 erwies sich gerade RTL bei den jungen Zuschauern als beliebt. Auch in diesem Jahr informierte der Kölner Sender ab 17:30 Uhr in einer zweistündigen Sondersendung über die Bundestagswahl 2009. Durch das Programm führte Peter Kloeppel mit Unterstützung des n-tv-Moderators Christoph Teuner. Als Experten waren Moderator Heiner Bremer, RTL-Auslandskorrespondentin Antonia Rados und der n-tv-Wirtschaftsexperte Markus Koch geladen, die präzise und informativ Fragen zum Wahlkampf, den bevorstehenden Koalitionen und den daraus resultierenden Veränderungen beantworteten. Bewährt haben sich die übersichtlichen und anschaulichen Grafiken zu Prognosen, Hochrechnungen, Sitzverteilung und Koalitionen, nette Zusatzinformationen wie die Parteienentwicklung seit 1949 oder eine Erklärung der Problematik der Überhangmandate.

Gelungen war auch die Informationspolitik von RTL, denn die Wahlveranstaltungen der drei stärksten Parteien im deutschen Bundestag wurden mit gleich zwei Außenreportern besetzt: Jutta Bielig und Heike Boese waren für die SPD-Berichterstattung zuständig, Peter Kleim und Lothar Keller berichteten von der CDU/CSU-Front und Cordula Robeck sowie Holger Schmidt-Denker beobachteten das Geschehen bei der FDP. Mit Susanne Ungrad bei Bündnis 90/Grüne und Miriam Pauli bei den Linken wurde die Opposition mit je einem Reporter bedacht. Bereits vor den ersten Prognosen und Hochrechnungen vermittelten alle Korrespondenten erste Eindrücke der Lokalitäten und der Stimmung vor Ort; nach den Prognosen und der Hochrechnung wurden diese Eindrücke in ausreichend ausführlicher Weise kommentiert. Außerdem gab es kurze Interviews mit Angela Merkel und Jürgen Rüttgers. Live übertragen wurden im Laufe der Sendung die Reden von Frank-Walter Steinmeier, Angela Merkel, Guido Westerwelle und Renate Künast, von der Rede Gregor Gysis wurde hingegen nur ein sekundenlanger Ausschnitt gezeigt. Schade: Die Außenreporter informierten zwar zu Ergebnissen der Landtagswahlen in Brandenburg und Schleswig-Holstein, in der eigentlichen Wahlsendung wurde diese Wahl allerdings nur am Rande berücksichtigt.

Als ärgerlich erwies sich die einmalige Unterbrechung der Wahlsendung durch ein komprimiertes «RTL Aktuell Weekend» sowie einen anschließenden Bericht über den Großen Preis von Singapur und den Boxwettkampf von Witali Klitschko gegen Christobal Arreola, weil dieser durch die Rede von FDP-Parteichef Guido Westerwelle abrupt unterbrochen und im Anschluss erneut gezeigt wurde. In einer Wahlsendung sollten derartige Nachrichten keinen Platz haben.

Stattdessen hätte die großartige Idee, die «RTL-Wahlstraße» als bürgerliches Echo zum Wahlgeschehen zu nutzen, stärker in Anspruch genommen werden können. Als vermeintlicher Querschnitt der deutschen Gesellschaft angepriesen, schaltete man, von der Begrüßung abgesehen, nur ein einziges Mal zu Gesa Eberl nach Frankfurt, um die Meinung zweier der insgesamt zehn Protagonisten der «Wahlstraße» zu erfahren – ein letztendlich banales und boulevardeskes Vorgehen, das RTL besser hätte koordinieren müssen. Rätselhaft bleibt zudem eine Liveschaltung zu Leo Busch an den Berliner Reichstag, die ohne Informationen und mit Übertragungsproblemen beendet wurde und auch in der folgenden Sendung keine Verwendung mehr fand. Die vermutlich geplante Interaktion mit vor dem Reichstag versammelten Besuchern fiel damit ohne Ersatz weg.

Insgesamt zeigte sich die RTL-Wahlsendung als gelungen, wenngleich das ganze Potential der Sendung nicht ausgereizt wurde. Die souveränen Außenreporter bildeten den Kern der Sendung, Moderator Kloeppel und das Expertenteam überzeugten im Studio mit kurzen Beiträgen und Meinungen. Einzig die zeitliche Limitierung auf zwei Stunden und das überflüssige, weil undurchdachte Konzept der Bürgermeinung trübten das Gesamtbild. Aus diesem Ansatz hätte man mehr machen können.



Sat.1: «Entscheidung für Deutschland - Wahl 2009» (17.45 - 19.00 Uhr)


Von Manuel Weis
Als vierter großer Sender berichtete auch Sat.1 von den Ergebnissen der Bundestagswahl. Man schloss sich hierbei mit N24 zusammen, sendete ein von Peter Limbourg und Christina von Ungern-Sternberg moderiertes Special aus dem N24-Nachrichtenstudio. Das Positive vorneweg: Reporterin Michaela May war mit Sabine Christiansen, Stefan Aust, Michel Friedman und Hajo Schumacher auf dem Dach des Bundestags positioniert und lieferte dort neben guten Analysen auch tolle Bilder des abendlichen Berlins.

Das war dann aber auch schon fast das einzig gute an der Übertragung. Peter Limbourg merkte man des Öfteren eine kleine Verunsicherung an – besonders deutlich wurde dies, als nach 20.00 Uhr das Moderatoren-Duo bei N24 getauscht wurde. Tatjana Ohm und Thomas Klug wirkten schlicht souveräner. Dank des hervorragenden Reporter-Netzes stimmten aber die Informationen, die schnell und kompetent vermittelt wurden – hier hat Sat.1 im Vergleich zum Jahr 2005 deutlich aufgeholt. Bei den Parteien im Einsatz waren unter anderem Achim Unser, Hans-Peter Hagemes und Michael Wüllenweber.

Doch dann passierte das, was eigentlich im Falle von Sat.1, dem Sender mit dem ramponierten Nachrichtenimage, nie passieren darf. Eine Stunde eher als angekündigt stieg man aus der Übertragung aus und machte den Platz frei für eine Ur-Alt-Doku «24 Stunden», die Autobahnpolizisten begleitete. Klar: Das Ergebnis war eindeutiger als gedacht und um 19 Uhr waren alle Analysen getroffen. Gute Quoten hätte eine weitere Stunde Politik sicher nicht gebracht und dennoch war es eine Fehlentscheidung, die Übertragung zu beenden.

Was Kanzlerin Merkel zu sagen hatte, sahen also nur N24-Zuschauer oder Menschen, die sich ganz vom Programm der German Free TV Group der ProSiebenSat.1 Media AG verabschiedeten. Eines muss an dieser Stelle noch gesagt sein: Auch wenn Sat.1 Schelte verdient hat – N24 machte seine Sache am Sonntagabend sehr gut. Der Nachrichtenkanal sendete bis 22.10 Uhr – und somit recht lang. Dass N24 somit auch rund zwei Stunden früher als geplant aufhörte, sei verziehen – es war wirklich alles besprochen, was es zu besprechen gab. Intensive Gespräche mit Hans-Hermann Tiedje machten nach 21.00 Uhr Lust auf Politik – nicht zu bierernst, aber informativ und meinungsbildend. n-tv hingegen stieg schon um 20.00 Uhr aus, um im Abendprogramm Dokumentationen zu zeigen.

Etwas zu kurz gekommen ist bei N24 am Abend jedoch die Landtagswahl in Schleswig-Holstein und Brandenburg. Im Dauerlaufband wies man auf die Ergebnisse erst ab etwa 19.00 Uhr hin, im Programm sprach man die Ergebnisse bis dato nur sehr kurz an. ARD und ZDF hatten da das etwas glücklichere Händchen.
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28.09.2009 09:11 Uhr Kurz-URL: qmde.de/37518
Riedner, Krei, Bokelmann, Weis

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Tags

Bundestagswahl

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