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Serienlexikon: «Deadwood»

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Im wilden Westen wurde scharf geschossen, geflucht, gestritten und gepokert. Dass der Westen aber viel mehr war, erzählt die Serie «Deadwood» mit ihrer Geschichte der gleichnamigen Siedlung, in der nur das Recht des Stärkeren galt. «Deadwood» ist ein verkanntes Drama-Meisterwerk unserer Fernsehzeit.

Die Serie vermischt historische Gegebenheiten mit fiktionalen Elementen. Nahezu alle Charaktere, Geschäfte und Orte basieren auf der wahren Geschichte der Stadt und werden akkurat nachgestellt, auch die Grundstory um die Machtkämpfe und Politik in Deadwood, die Territoriums-Streitigkeiten und bedeutende Ereignisse wie eine Seuche wird in der Serie korrekt erzählt. Denn nichts ist spannender als die wahre Geschichte dieser Stadt.

Der Zuschauer trifft im Laufe von «Deadwood» nicht nur auf Swearengen und Bullock, sondern auch auf bekannte Western-Legenden wie Calamity Jane (Robin Weigert) und Wild Bill Hickok (Keith Carradine), die in dem gesetzlosen Territorium ihr Glück finden wollen. Er trifft das Ehepaar Garret (Molly Parker und Jim Beaver), das als Besitzer eines wertvollen Gold-Claims nach Deadwood reist und von da an um sein Leben fürchten muss. Oder Cy Tolliver (Powers Boothe), den pompösen Casino- und Bordellbetreiber, der in der Stadt eine weitere Einnahmequelle sieht und damit in direkte Konkurrenz zum feindseligen Swearengen tritt. Reverend Smith (Ray McKinnon), der die Religion in diese gottlose Stadt bringen will und nicht nur mit unethischen Bürgern, sondern auch mit einer eigenen, zermarternden Krankheit fertig werden muss. Und die Hure Trixie (Paula Malcomson), die zwar ein herzensguter Mensch ist, aber als Arbeiterin von Swearengen das harte Geschäft im Wilden Westen versteht wie keine zweite – bis die Liebe alles durcheinanderwirft.

All diese Charaktere haben mehreres gemeinsam: Sie sind erstens wunderbar von den Autoren geschrieben, sodass dem Zuschauer jede Figur und ihre eigene Geschichte sehr schnell unglaublich real und wirklichkeitsgetreu vorkommt. Al Swearengen beispielsweise ist der Anti-Held der Serie und eine Figur, wie sie das Fernsehen sonst nicht gesehen hat. Er ist gerissen, intelligent, gefühlslos und doch auf eine Weise anziehend und interessant, weil er zwar das Böse des illegalen Westens verkörpert, aber doch ein Charakter ist, den man grundlos mögen muss – vielleicht gerade weil er derjenige ist, der uns den Westen so schonungslos und ehrlich zeigt, wie wir ihn bisher nicht kannten. Und zweitens hat inhaltlich jeder eine latent ambivalente Charakterstruktur – das heißt, dass die Western-Gesetze des guten Helden und des bösen Schurken nicht mehr unbedingt gelten. Wer böse ist, bleibt auch böse, doch jede einzelne Figur hat ihr eigenes kleines, schmutziges Geheimnis, das in einer Stadt wie Deadwood ein wahrer Zündstoff sein kann.

«Deadwood» stammt aus der Feder von Produzent David Milch, der zuvor mit «NYPD Blue» eine der erfolgreichsten Krimiserien der 90er Jahre erschaffen hatte. Im Laufe seiner Ausstrahlung gewann «Deadwood» acht Emmys bei 28 Nominierungen sowie einen Golden Globe und war besonders bei Kritikern hochgelobt. Bei der Produktion wurde neben der inhaltlich historischen Korrektheit besonders auch bei den Sets, Kostümen und den Dialogen auf die Authentizität geachtet. Die Aussprache ist daher jener des 19. Jahrhunderts angepasst.

In den USA wurde die Serie zwischen 2004 und 2006 in drei Staffeln mit insgesamt 36 Folgen auf dem Pay-TV-Sender HBO ausgestrahlt und war zu ihrer Zeit eines der erfolgreichsten Programme nach den «Sporanos» auf diesem Sender. Die erste Staffel wurde durchschnittlich von 4,5 Millionen Zuschauern verfolgt – ein enorm hoher Wert für HBO. Der Pilotfilm begeisterte 5,76 Millionen Menschen. Das Ende der Serie ist so überraschend wie verwirrend gekommen: Noch vor dem Beginn der dritten Staffel wurde übereinstimmend von vielen Medien berichtet, dass HBO der Serie definitiv eine vierte Season bestellen werde. Doch monatelang passierte nichts, sodass es schließlich kein Wunder war, dass der Sender die Option für die Vertragsverlängerungen mit den Darstellern verstreichen ließ.
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19.09.2009 09:12 Uhr Kurz-URL: qmde.de/37355
Jan Schlüter

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Deadwood

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