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«A Young Doctor's Notebook» - Kurzweilige Serienkuriosität mit Daniel Radcliffe

Zwei herausragende Hauptdarsteller, zwei Staffeln und viel, viel Wahnsinn - «A Young Doctor's Notebook» ging unter, gehört aber in jeden gut sortierten DVD-Schrank.

«A Young Doctor's Notebook»

  • Schöpfer: Alex Hardcastle, Robert McKillop
  • Drehbuch: Mikhail A. Bulgakov, Mark Chappell, Alan Connor und Shaun Pye
  • Darsteller: Daniel Radcliffe, Jon Hamm, Rosie Cavaliero, Adam Godley, Vicki Pepperdine, Tim Steed
  • Genre: Tragikomödie,
  • FSK: 16
  • 8 Folge in zwei Staffeln
  • OT: A Young Doctor's Notebook (UK 2012/2013)
Daniel Radcliffe wurde als jugendlicher Zauberlehrling weltberühmt. Nach seiner Performance im Gruselthriller «Die Frau in Schwarz», die gleichzeitig auch die erste Rolle nach seiner Harry-Potter-Ära darstellte, begab sich der dato 24-jährige Schauspieler vermehrt in die Hände kleinerer Filmproduktionen. So verkörperte er unter anderem den Dichter Allen Ginsberg in John Krokidas‘ «Kill Your Darlings – Junge Wilde», versuchte sich in «Horns» allerdings auch in kantigem Genrekino, in welchem er 2015 ebenfalls Igor Frankenstein in einer gleichnamigen Neuauflage des Schauerroman-Klassikers spielte. Direkt zwischen diesen beiden Extremen (demnächst ist er übrigens in dem ultra-brutalen Actionspaß «Guns Akimbo» zu sehen) lässt sich wohl die britische, auf einem Roman von Michail Bulgakov basierende Mini-Serie «A Young Doctor’s Notebook» einordnen, die mit ihrem tiefschwarzen Humor und der stellenweisen sehr ernsten Prämisse von recht ambivalentem Tonfall ist, diese beiden jedoch hervorragend kombiniert, sodass die Serie den Zuschauer mit ihrem bittersüßen Charme schnell um den Finger wickelt.

Russland im Jahr 1917, kurz vor der russischen Revolution


Der junge, engagierte Arzt Dr. Vladimir Bomgard (Daniel Radcliffe) kommt direkt aus seinem Studium an ein Krankenhaus in die Provinz, um seine erste Stelle als Allgemeinmediziner anzutreten. Die Medizin kannte der frische Universitätsabsolvent aus Moskau bislang nur von seiner theoretischen Seite, doch nun muss er sich der harten Realität stellen. Obwohl er der einzige Arzt im Umkreis von vielen Kilometern ist, bleibt Dr. Bomgard jedoch nicht ganz allein. Denn Rat erhält er von seinem Alter Ego aus der Zukunft (Jon Hamm), der sich allerdings nicht mit sarkastischen Bemerkungen über seine Unsicherheiten und Neurosen zurückhält. Zwischen den beiden entwickelt sich ein Machtspiel, denn wann immer Vladimir in Aussicht gestellt bekommt, was Entscheidungen für Konsequenzen haben, wirken diese auf ihn umso attraktiver…



Mit einer Mischung aus unbedarfter Neugier, Aufbegehren gegen die altertümliche Einstellung sämtlicher Patienten und zurückhaltender Nervosität wird Daniel Radcliffes Interpretation des Vladimir Bomgard zu einer unterhaltsamen Menschenstudie. Teils analytisch, teils probierend packt er die Situation beim Schopf und kommt nicht umher, sie immer wieder sarkastisch zu hinterfragen. Stellvertretend für das Wesen seines Charakters wird eine Szenerie in Folge zwei, in welcher sich Bomgard mit der Beinamputation eines kleinen Mädchens auseinandersetzen muss. Mit dem Wissen, der Patientin vielleicht das Leben zu retten, schickt er sich an, das Bein abzunehmen, vergewissert sich jedoch immer wieder, ob diese nicht bereits tot sei, um diese Operation doch noch umgehen zu können.

Diese Szene ist es auch, an welcher der Humor in «A Young Doctor’s Notebook» am besten zum Tragen kommt. So ist die Serie durch und durch britisch, damit vor allem von bitterbösem, reichlich trockenem Humor geprägt. Das Timing der Darsteller ist auf den Punkt, die Schlagzahl bissiger Kommentare hoch. Vor allem John Hamm («Catch Me!»), welcher das ältere Alter-Ego Vladimir Bomgards verkörpert, sorgt mit seinem beißenden Sarkasmus immer wieder für grobschlächtige Comedy-Momente. Ihm zur Seite steht ein großartig aufgelegter Cast, der die allesamt verschrobenen Figuren perfekt verkörpert.

Zwei hervorragende Hauptdarsteller


Adam Godley mimt den sympathischen Fachidioten, den man heutzutage wohl als „Nerd“ bezeichnen würde. Rosie Cavaliero gibt die resolute aber liebenswürdige Hebamme Pelageya ab und Vicki Pepperdine spielt sich als Krankenschwester Anna in die Herzen der Zuschauer. Dabei gelingt «A Young Doctor’s Notebook» das Kunststück, keiner seiner Rollen besonders in den Vordergrund zu drängen. Auch wenn Daniel Radcliffe den prominentesten Namen innerhalb des Ensembles trägt, kommt ihm nicht gänzlich die Hauptrolle zu. Stattdessen ergänzen sich die einzelnen Castmembers vortrefflich und spielen sich gegenseitig die Bälle zu.

Einen ernsteren Unterton gewinnt die Serie vor allem aufgrund der Thematik der Morphium-Sucht, mit welcher Bomgard schon von Beginn der Serie zu kämpfen beginnt. Leider bekommt man an dieser Stelle den einzigen, jedoch gravierenden Kritikpunkt des Formats zu spüren: Mit ihren 23 bis 25 Minuten andauernden Episoden – vier pro Staffel – ist die Spielzeit nahezu lachhaft kurz ausgefallen. Die sich zu Beginn noch als überaus angenehm entpuppende Kurzweil stellt der Serie schnell ein Bein. Der Stoff böte genug Themen, um auch über eine 45-minütige Laufzeit zu tragen. So würde auch Jon Hamm weitaus mehr Aufmerksamkeit erhalten. Immerhin muss er sich mit den Konsequenzen seines Tuns lediglich innerhalb der letzten zwei Minuten jeder Episode auseinandersetzen. So liegt der Kern auf der Comedy, doch aus «A Young Doctor’s Notebook» ließe sich viel, viel mehr rausholen. Von der technischen Ausstattung muss man sich an die etwas andere Ausrichtung der Serie erst gewöhnen. Die russisch anmutenden Instrumentalklänge von Mark Bousie verleihen «A Young Doctor’s Notebook» gleichzeitig Authentizität und Leichtigkeit. Über die immer wieder schlecht ausgeleuchtete und teilweise viel zu dunkle Kulisse sieht man, dem Realismus zuliebe, gern hinweg.

Fazit


Wir warten sehnlichst auf neue Folgen! «A Young Doctor’s Notebook» ist eine Serienperle, die bitterbösen Humor, skurriles Drama und Charakterstudie zu einem feinen Genremix verpackt, der so bislang ziemlich einmalig ist.

«A Young Doctor's Notebook» ist auf DVD und Blu-ray erhältlich sowie bei einigen Streamingdiensten abrufbar.
30.05.2020 10:00 Uhr Kurz-URL: qmde.de/118566
Antje Wessels

super
schade


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