Nicht jeder Film, der von Monstern handelt, ist zugleich ein Horrorfilm. Wir haben sechs sehenswerte Beispiele ausgesucht – wie «Mein großer Freund Joe».
Filmfacts «Mein großer Freund Joe»
- Regie: Ron Underwood
- Drehbuch: Lawrence Konner, Mark Rosenthal
- Cast: Bill Paxton, Charlize Theron, Regina King, Rade Šerbedžija, Peter Firth
- Produktion: Ted Hartley, Tom Jacobson
- Musik: James Horner
- Kamera: Donald Peterman, Oliver Wood
- Schnitt: Paul Hirsch
- Laufzeit: 114 Minuten
- FSK: ab 12 Jahren
Monströs riesige Affen sind im Kino häufig anzutreffen – «King Kong» sei es gedankt. Ein weitestgehend ungerecht stark unterschätzter Film über einen Monsteraffen ist der Abenteuerfilm «Mein großer Freund Joe» aus dem Jahr 1998. Das Remake eines «King Kong»-Trittbrettfahrers von 1949 (der sich zahlreiche Kreativköpfe mit dem einflussreichen Schwarz-Weiß-Klassiker teilt) hebelt zahlreiche Mechanismen solcher Riesentier-Filme aus:
Weder ist der titelgebende Affe ein gefährliches, blutrünstiges Ungetüm, noch eine derart romantisierte Figur, dass er sich als unglücklich verliebtes Opfer seiner Umstände deuten lässt. Charlize Theron spielt Affenkennerin Jill Young weder als schreiende Jungfrau in Nöten, noch als direkte Kritik dessen – stattdessen ist sie eine clevere, empathische Dame, die die Geschehnisse um sie herum kritisch abklopft. Und die unvermeidliche, finale Actionszene entstammt weder brutalen Instinkten des Affen noch aus dramatisch ausartender Romantik, sondern ist schlicht tragische Notwehr im Kampf gegen einen blutrünstigen Jäger.
Als Kinofilm aus dem Zeitfenster, in dem sich noch nicht jedes Popcorn-Abenteuer ausschweifende Computereffekte leistete, ist «Mein großer Freund Joe» eines dieser Spektakel aus den späten 1990er-Jahren, die auf eine sehr nahtlose Vereinigung aus wenigen, aber ambitionierten Digitaltricks und vielen, mühevollen haptischen Tricks setzen. Regisseur Ron Underwood, der kurz danach einen historischen Eddie-Murphy-Flop machen sollte, vereint die digitalen und On-Set-Effekte ähnlich gekonnt wie das Abenteuer-Spektakel und die familienfreundliche Sentimentalität dieser Menschen-sind-mit-Affen-befreundet/Affe-gerät-in-Gefahr-Geschichte.
Therons charismatische Performance, ihre solide Chemie mit Bill Paxton und ihre überzeugende Interaktion mit dem getricksten Riesenaffen, sowie das genüsslich-cartoonesk-boshafte Spiel von Rade Šerbedžija als Wilderer tragen zu dieser gelungenen Balance ebenso bei wie James Horners einprägsamer, mit folkloristischen Elementen versetzter Score. Bedauerlich ist derweil, dass deutsche Filmfans darauf angewiesen sind, sich «Mein großer Freund Joe» importieren zu lassen.
Denn «Mein großer Freund Joe» stammt aus einer Zeit, als der Disney-Konzern noch sehr scheu darin war, FSK-ab-12-Filme unter dem Walt-Disney-Markennamen zu veröffentlichen. Würde «Mein großer Freund Joe» heutzutage, nach Filmen wie «Fluch der Karibik» oder «Lone Ranger», garantiert ungekürzt erscheinen, ist «Mein großer Freund Joe» als Produkt des Jahres 1998 in Deutschland bloß als gestutzte FSK-ab-6-Fassung ins Heimkino gelangt. Gelegentlich wird «Mein großer Freund Joe» ungekürzt im Fernsehen ausgestrahlt, doch selbst die Streaming-Optionen auf Amazon und Google Play sind geschnitten. Also heißt es: Daumen drücken, dass Disney+ es besser macht – und bis dahin sollte man sich den Film aus Großbritannien importieren.
«Mein großer Freund Joe» ist ungeschnitten als UK-Import-DVD erhältlich.
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