Die FSK und die BPjM haben im Laufe ihres Wirkens so manche Entscheidung getroffen, die die Gemüter hat hochkochen lassen. Wir unternehmen eine Reise durch blutige, vermeintlich verwirrende und sexuell aufgeladene Beispiele …
Seite 4
Der Zahn der Zeit nagt schnell …
Jackie Chan, der alte Jugendgefährder
Man mag es heute kaum noch glauben, doch für lange Jahre war Jackie Chan Stammgast auf dem Index. So wurden unter anderem «The Prisoner» (heute ab 16 Jahren), «Hard to Die» (ebenfalls), «Der Protector» (dito) und «Police Story» (jepp, 16) indiziert. Und «Meister aller Klassen 3» sowie «Tiger der Todesarena» wurden geschnitten ab 18 freigegeben, sind heute aber uncut ab zwölf.Manchmal nagt der Zahn der Zeit auch wesentlich schneller an Filmen, respektive an ihrer Beurteilung: Das Jackie-Chan-Vehikel «City Hunter» ähnelt vielen Filmen des Superstars – der Actionfilm vereint aufwändige, schnelle Stuntchoreografien mit einer guten Prise (Slapstick-)Humor. 1994 stieß der temporeiche, als Videopremiere veröffentlichte Streifen der FSK aber sauer auf: Erst in einer geschnittenen Fassung erhielt die Wong-Jing-Regiearbeit eine Altersfreigabe ab 18 Jahren. Für den Einzelhandel wurde zudem eine 16-er-Fassung erstellt.
Die auf einem Manga basierende, quasi-parodistisch verfolgte "«Stirb langsam» auf einem Boot"-Prämisse wurde darin unter anderem um eine schrille Szene erleichtert, in der Jackie Chan das Feuer auf maskierte Schurken eröffnet, darum, wie ein Schurke jemanden im Off erschießt, und ein völlig blutleerer Faustkampf fehlt ebenfalls. Doch schon 2004 wurde die ungeschnittene «City Hunter»-Fassung der FSK erneut vorgelegt. Erhielt der Film nun ohne Kürzungen eine FSK ab 18 Jahren? Oder gar eine Freigabe ab 16 Jahren? Nein! «City Hunter» wurde mit einer Altersfreigabe ab zwölf Jahren durchgewunken.
Man müsste halt mal neu prüfen ...
Ein anderer Film aus dem Jahr 1993 hatte dagegen bislang nicht solch ein Glück – und hockt noch immer auf seiner ursprünglichen Altersfreigabe herum. Die Rede ist von einem Film aus dem Hause Walt Disney Pictures: Es geht um die Abenteuerkomödie «Die drei Musketiere» mit Kiefer Sutherland, Charlie Sheen, Oliver Platt, Tim Curry und Chris O'Donnell.
Die lose Adaption des schon so oft angepackten Literaturklassikers ist genau das, was man sich unter einem Disney-Abenteuerfilm vorstellt: Flotte Sprüche, mit Witz durchzogene Kampfszenen und trotz mancher ernsterer Filmpassage herrscht ein positiver Tonfall vor. Blut gibt es nicht zu sehen. Streng genommen ist es sogar einer der scheueren Disney-Abenteuerfilme, haben die Disney-Studios in den vergangenen Jahren ja unter anderem Filme mit Kopfschüssen und Massenerhängungen («Pirates of the Caribbean – Am Ende der Welt») und einem Schurken, der ein Menschenherz isst («Lone Ranger»), auf die Leinwand gebracht. Was kann schon bei «Die drei Musketiere» passieren?
Nun: Eine FSK ab 16 Jahren. Das kann bei «Die drei Musketiere» passieren. Ungeschnitten ist der Film in Deutschland daher, geht man nach dem Heimkino-Cover, auch kein Disney-Film: Die Uncut-Fassung ging mit einem Touchstone-Pictures-Logo in den Handel, während die geschnittene FSK-12-Version als Disney-Film vermarktet wurde. In den USA erhielt «Die drei Musketiere» übrigens ein PG-Rating – freigegeben für Kinder jeden Alters, wenngleich die Begleitung der Eltern bei jungen Kindern empfohlen wird.
Schuld an der 16er-Freigabe? Eine 13-sekündige Szene, die im Schatten andeutet, wie ein Gefangener des Kardinals erstochen wird (in mehreren modernen Disney-Filme sieht man Erdolchungen im Bild) und eine sechs Sekunden lange Szene, in der ein Musketier die Halterung eines Stahlgitters kappt, woraufhin man sich zusammenreimen kann, dass dadurch ein Schurke davon getötet wird.
Diese Szenen wurden für die FSK-12-Fassung und diverse TV-Ausstrahlungen gekürzt. Mit Sicherheit würde der Film heute ohne Probleme eine FSK ab zwölf Jahren erhalten, bedenkt man, was diverse Marvel-Helden, Disneys karibische Piraten oder auch James Bond heutzutage alles in 12er-Filmen tun dürfen. Lustigerweise hat ZDFneo den Film bereits in der ungekürzten 16er-Fassung am Nachmittag ausgestrahlt – ohne dass dies Ärger nach sich zog. Die FSF erachtet den Film also wohl auch als eher harmlos.
Aber offenbar hatte Disney Deutschland bislang keine Lust, den Film nochmal der FSK vorzulegen – die Prüfung eines etwa 90-minütigen Films kostet ja auch rund 1.000 Euro. So viel hat Disney natürlich nicht herumliegen.
Es gibt 4 Kommentare zum Artikel
20.09.2019 15:00 Uhr 2
Kaum mehr als ein paar Pixel erkennbar, aber kriegsverherrlichend: Blue Max, Silent Service, Beach Head.
Was hätten die Prüfer von damals wohl zu den heutigen Spielen gesagt?
Wobei ein Einfluss von Gewaltdarstellung in den Medien und Medienkonsum an sich insbesondere auf Kinder und Jugendliche natürlich nicht wegzudiskutieren ist
20.09.2019 15:08 Uhr 3
Die Vorstellung habe ich ja immer mit Filmen.
Wenn Disneys "Die drei Musketiere" 1993 eine 16 bekam, was wäre passiert, wenn "Pirates of the Caribbean - Am Ende der Welt" exakt so, wie er 2007 erschien, schon 1993 zur Prüfung eingereicht worden wäre?
Bei manchen Filmen reicht sogar eine kürzere Zeitreise - "Captain America: Winter Soldier" (alias "The Return of the First Avenger") bekam 2014 bequem eine 12, aber ich glaube, selbst gegen Ende der 2000er hätte es da je nach Zusammensetzung des Gremiums eine 16 geregnet. Und in den frühen 90ern, wer weiß?
Noch lustiger ist natürlich die Vorstellung, Filme, die HEUTE wegen grafischer Gewaltdarstellung beschlagnahmt werden, in die 70er und 80er zu kippen, wo Filme auf dem Index landeten, die heute eine 16 bekommen.
(Königskategorie ist es wohl, den Prüfern, die "Manche mögen's heiß" ursprünglich mit einer FSK 18 belegt haben, direkt danach "Love 3D" vorzusetzen. Ja, hätte ich eine Zeitmaschine, ich würde nur Unsinn anstellen ... Ich frage mich nur, wie ich diese ganzen aktuellen Filme auf VHS/Filmrolle gepackt bekomme ... )
27.09.2019 17:28 Uhr 4
Wie hätten diese Menschen auf aktuelle Filme in Farbe, 3D und entsprechender Soundkulisse reagiert?