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«Aquaman»: Ein Fisch auf dem Trockenen

Nach dem weitestgehend geschundenen DC-Heldentreffen «Justice League» erlebt «Aquaman» nun ein Soloabenteuer. Der Hauptdarsteller überzeugt. So viel zum Positiven …

Filmfacts: «Aquaman»

  • Regie: James Wan
  • Produktion: Peter Safran, Rob Cowan
  • Drehbuch: David Leslie Johnson-McGoldrick, Will Beall; nach einer Story von Geoff Johns, James Wan, Will Beall; basierend auf dem Comichelden von Mort Weisinger, Paul Norris
  • Darsteller: Jason Momoa, Amber Heard, Willem Dafoe, Patrick Wilson, Dolph Lundgren, Yahya Abdul-Mateen II, Nicole Kidman
  • Musik: Rupert Gregson-Williams
  • Kamera: Don Burgess
  • Schnitt: Kirk Morn
  • Laufzeit: 143 Minuten
  • FSK: ab 12 Jahren
Obwohl die Handlung von «Aquaman» rund ein Jahr nach den Ereignissen von «Justice League» angesiedelt ist, muss man das DC-Crossover nicht gesehen (oder präsent in Erinnerung) haben. Denn von einem beiläufigen Kommentar abgesehen, kümmert sich James Wans Effektfilm um seinen eigenen Kram. Ganz so, wie sein Titelheld, der auch als Arthur Curry (Jason Momoa) bekannt ist. Dieser will nichts von dem Volk wissen, das im versunkenen Atlantis lebt und von dem er abstammt. Arthurs Mutter (fast ausschließlich in massiven Weichzeichner getaucht: Nicole Kidman), die damalige Königin von Atlantis, wurde 1985 bei einem Sturm an Land geschwemmt und verliebte sich in ihren Retter, einen menschlichen Leuchtturmwärter (blass: Temuera Morrison). Doch das Volk von Atlantis duldete diese Bindung nicht, was mutmaßlich in den Tod von Arthurs Mutter mündete.

Daher rettet er lieber Menschen, selbst wenn ihm das Feinde einbringt, sowohl in der Welt unter Wasser wie auch in der Menschenwelt. So schwört der Piratensohn David Kane (lasch: Yahya Abdul-Mateen II) Blutrache, weil Arthur seinen Vater tötete, als dieser die Besatzung eines U-Boots tyrannisierte. David macht zudem gemeinsame Sache mit Orm (profillos: Patrick Wilson), Arthurs Halbbruder und unrechtmäßig amtierender König von Atlantis. Gemeinsam orchestrieren sie eine Attacke auf Atlantis, die sie allein der Oberflächenbevölkerung in die Schuhe schieben, so dass Orm die Königreiche der Tiefsee davon überzeugen kann, gemeinsam gegen die Menschen in den Krieg zu ziehen. Daher bittet Kriegerin Mera (Amber Heard) Arthur alias Aquaman, endlich um den ihm gebührenden Thron von Atlantis zu kämpfen und so für Frieden zwischen den Völkern zu sorgen.

Das Drehbuch-Team David Leslie Johnson-McGoldrick & Will Beall erzählt die unter anderem von Regisseur James Wan erdachte Story mit anstrengender Holprigkeit. Ein comichaft-alberner, aber von James Wan mit überzeugender Ehrlichkeit inszenierter Prolog erklärt, weshalb Aquaman ein Held ist, der aus zwei Welten ist und wo seine Fähigkeiten herkommen. Statt es darauf beruhen zu lassen und daraufhin mit zielstrebiger Stringenz von dem Abenteuer zu erzählen, das Aquaman zwingt, sich mit seiner Herkunft zu befassen, ziehen die Autoren unentwegt die Notbremse. Mal, damit sich Haupt-, Neben- und sogar Randfiguren irgendwelche Anekdoten oder Legenden erzählen können, die jedoch weder Plot noch Charakterisierung bereichern, andere Male für Rückblenden, die jegliches Momentum aus der filmischen Dramaturgie saugen.

Die holpernde, polternde und unkonzentrierte Erzählweise nimmt damit kein Ende: Nachdem der erste Akt einen Plotfaden spinnt, der an ein um den brennenden soziopolitischen Kommentar erleichterten «Black Panther» erinnert (Ein Anwärter auf den Königsthron will Blutrache an einem Volk nehmen, ein anderer nicht), verliert «Aquaman» dies völlig aus den Augen, und widmet sich stattdessen einer «Das Vermächtnis der Tempelritter»-haften Schnitzeljagd. Erst im dritten Akt meldet sich der ursprüngliche Plot zurück.

Ohne erzählerische Stringenz erschwert es sich James Wan enorm, seinen tonalen Spagat überzeugend rüber zu bringen: Mit seiner mal ironisch kommentierten, mal völlig ernst vermittelten Herrenduft-Optik, wann immer Arthur das Wasser verlässt, seiner mit stolz geschwellter Brust umgesetzten Comichaftigkeit in den Unterwasserszenen, staubtrocken-ernsten Kriegsräten und dann auf einmal ausbrechender «Indiana Jones»-Abenteuerkomik sowie einem Rosamunde-Pilcher-Kitsch-Epilog tanzt «Aquaman» auf mehreren Stimmungshochzeiten. Was mit dem entsprechenden dramaturgischen Rückgrat plausibel sein könnte, wirkt bei dieser Umsetzung allerdings bloß fahrig und unentschlossen. Die aus Floskeln, Exposition und Wiederholungen bestehenden Dialoge helfen da auch kein Stück.

Der Einzige, der über diesen tonalen Unstimmigkeiten steht, ist «Game of Thrones»-Veteran Jason Momoa. Das Muskelpaket mit dem Lausbubengrinsen zwinkert sich schelmisch durch alle komödiantischen Einlagen, seien sie geradlinig, ironisch, gewollt-trashig oder unfreiwillig, bringt aber auch bei aller Spielfreude ausreichend Bodenhaftung mit, um in den Charaktermomenten und Actionpassagen glaubwürdig zu bleiben. Momoas Spiel erinnert an Chris Hemsworths Einsätze als Marvels Donnergott Thor, was wohl nicht nur darin begründet liegt, dass beide Schauspieler ähnliche mimische Ticks aufweisen. Denn Teile von «Aquaman» muten neben all den anderen Versatzstücken wie eine verwässerte Version des ersten «Thor»-Films an So oder so: Liebend gern würden wir Momoa mit Hemsworth in einer Buddy-Komödie sehen – und zumindest Momoa sorgt dafür, dass die sicherlich kommende «Aquaman»-Fortsetzung eher als zweite Chance anmutet und weniger wie eine filmische Bedrohung.

Vor allem aber hängt James Wan die Messlatte für übernächsten Dezember hübsch niedrig: Sofern es sich James Cameron nicht wieder anders überlegt, läuft dann nämlich «Avatar 2» an, der angeblich in die Unterwasserwelt Pandoras entführt. Und es dürfte Cameron leicht fallen, auf visueller Ebene Wans Unterwasserszenen zu überbieten: Der das Bild verwischende Filter, der die Illusion erzeugen soll, wir befänden uns unterhalb der Wasseroberfläche, gibt den Darstellern einen arg künstlichen Look, so dass sie teils völlig verfremdet werden – vor allem Patrick Wilson ist kaum zu erkennen. Darüber hinaus versäumt es Wan, eine kohärente Darstellung aufzubauen, wie sich die Unterwasservölker fortbewegen. Mal schwimmen die Bewohner von Atlantis auf eine ähnliche Weise, wie wir es von Film-Meerjungfrauen gewohnt sind, dann wieder wie menschliche Taucher, dann schweben sie von A nach B, als würde man sie in Photoshop durch das Bild ziehen und dann schwimmen sie auf eine ähnliche Weise wie Henry Cavills Superman fliegt.

Da verliert sich selbstredend jegliche filminterne Plausibilität, worunter die filmische Dramatik zu leiden hat: Wenn die Dialog- und Actionszenen unter dem Meer nicht an die inszenatorische Glaubwürdigkeit der weniger Fallhöhe mitbringenden Passagen an Land heranreichen, wie soll so die Spannungskurve anziehen? Wenigstens ist Wans Vision von Atlantis auf Designebene originell: Statt einfach alte Schwert-und-Sandalen-Filme zu kopieren, mischt sich Wan ein Sammelsurium aus griechisch-mythologischen Einflüssen, Fantasyprunk und "«Tron: Legacy» nach einem gewaltigen Wasserschaden" zusammen, der mit den Erwartungen des Publikums spielt. Und dass Komponist Rupert Gregson-Williams den sonst etwas rockig-dreckig angehauchten Score des Films immer dann, wenn «Tron: Legacy»-hafte Neonstreifen das Bild erfüllen, mit kühlen Keyboard-Spielereien auflockert, ist eine erfrischend ehrliche Umgehensweise mit den stilistischen Vorbildern.

Angesichts dessen, dass die Unterwasseraction unter dem Dreckwasserfilter mit Bildinformationen vollgestopft sind und Wan sich in und um Atlantis kaum Mühe gibt, für geografische Orientierung zu sorgen, ist es eine Actionpassage an Land, die als Glanzmoment in Erinnerung bleibt: Wenn Aquaman und Mera in Sizilien Verfolger abwehren, ist das ganze zwar so grell beleuchtet, dass man sich auf die griechische «Mamma Mia!»-Insel versetzt fühlt, doch Wan und Kameramann Don Burgess («Forrest Gump») fangen diesen Actionrummel in beeindruckenden Fahrten ein, die sehr dynamisch sind und dennoch ermöglichen, die Kampfchoreografie in Ruhe zu bestaunen.

Es ist auch diese Sequenz, in der Amber Heard überzeugt: Wenn die «Drive Angry»-Darstellerin austeilen darf, scheint sie in der Rolle aufzugehen. Wenn sie dagegen die schale Lovestory vorantreiben oder augenzwinkernde Scherzlein machen soll, ist Heard völlig hölzern. Wenigstens drosselt sie so ungewollt den Schmachtfaktor der bemüht nach großen Gefühlen greifenden, letzten Filmminuten.

Fazit: Wenn ausgerechnet «Aquaman» nur auf dem Trockenen überzeugt, muss vieles schief gelaufen sein. Nach dem Totalaussetzer «Justice League» ist «Aquaman» dennoch eine kleine Verbesserung, was hauptsächlich an Jason Momoa liegt, der nach seiner launigen Darbietung hoffentlich mit Rollenangeboten überhäuft wird.

«Aquaman» ist ab dem 20. Dezember 2018 in vielen deutschen Kinos zu sehen – in 2D und 3D.
18.12.2018 13:28 Uhr Kurz-URL: qmde.de/105972
Sidney Schering

super
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48 %
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Black Panther Aquaman Das Vermächtnis der Tempelritter Indiana Jones Thor Tron: Legacy Mamma Mia! Forrest Gump Drive Angry Justice League Game of Thrones Avatar 2 Kino-Dezember

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