Die glorreichen 6 – Bemerkenswerte Regiedebüts (Teil VI)
Es gibt zahlreiche denkwürdige Regiedebüts – Quotenmeter.de präsentiert einen bunten Querschnitt aus Filmen, mit denen Regisseure direkt zu Karrierebeginn eine Marke gesetzt haben. Wie Joseph Kosinski mit «Tron: Legacy».
Die Handlung
Filmfacts: «Tron: Legacy»
Regie: Joseph Kosinski
Produktion: Sean Bailey, Jeffrey Silver, Steven Lisberger
Drehbuch: Edward Kitsis, Adam Horowitz
Story: Edward Kitsis, Adam Horowitz, Brian Klugman, Lee Sternthal; basierend auf Figuren von Steven Lisberger, Bonnie MacBird
Darsteller: Jeff Bridges, Garrett Hedlund, Olivia Wilde, Bruce Boxleitner, Michael Sheen
Musik: Daft Punk
Kamera: Claudio Miranda
Schnitt: James Haygood
Veröffentlichungsjahr: 2010
Laufzeit: 125 Minuten
FSK: ab 12 Jahren
Sieben Jahre nach den Ereignissen aus «Tron» verschwindet Programmiergenie und ENCOM-Chef Kevin Flynn spurlos. Er hinterlässt einen Sohn, der denkbar wenig Interesse an der Software-Firma seines Vaters hegt und die Geschäftsführung mit jährlichen Streichen ärgert. So auch am Tag des 20-jährigen Jubiläums von Kevin Flynns Verschwinden.
Kevins alter Arbeitskollege, Alan Bradley, der half, Sam nach dem Verschwinden seines Vaters großzuziehen, mutmaßt, dass der durchtrainierte Rebell vielleicht gar nicht der abgebrühte Typ ist, für den er sich ausgibt. Als Alan erklärt, er hätte kürzlich ein mögliches Lebenszeichen von Kevin erhalten, lässt Sam ihn abblitzen – doch kurz darauf begibt er sich sehr wohl auf Spurensuche und durchstöbert die alte Videospiel-Arcade, die sein Vater einst betrieben hat.
Dort entdeckt er eine gigantische Gerätschaft, die ihn aufs Raster transportiert – eine virtuelle Realität, die dem Mikrokosmos innerhalb eines Computers ein eigenes Gesicht verleiht. Wie Sam feststellen muss, wird der Raster seit Jahrzehnten von einem diktatorischen Regime unterjocht. Und Sams Vater, der Schöpfer dieser Welt, gilt auch auf dem Raster als verschollen …
Der Regisseur
Den 1974 geborenen Joseph Kosinski verschlug es zunächst in ein ganz anderes Gebiet als ins Filmemachen: Nach seinem Schulabschluss begann er ein Maschinenbaustudium, wo ihm ein Professor allerdings erklärte, er erwecke den Anschein, eher für das Gebiet der Architektur geeignet zu sein. Kosinski folgte diesem Rat – und blühte in diesem Metier auf. Zu einem seiner Spezialgebiete gehört das 3D-Modelieren von Gebäuden. Kosinski, der es mittlerweile zum Assistenzprofessor gebracht hat, berät Studenten weiterhin in diesem Fach.
In den Medien fasste Kosinski als Regisseur von Werbeclips Fuß, was ihm die Aufmerksamkeit des Produzenten Sean Bailey einbrachte. Bailey und Kosinski, die beide große Fans des ungewöhnlichen Disney-Kultfilms «Tron» sind, machten es sich letztlich zur Aufgabe, den Konzern davon zu überzeugen, ihnen die Umsetzung einer Fortsetzung zu übertragen. Nach Produktion eines "Proof of Concept"-Kurzfilms erhielt Baileys und Kosinskis Vision für das Projekt grünes Licht. In Form von «Tron: Legacy» sollte Kosinski mit einem überaus stylischen Film sein Langfilmdebüt feiern – und gleichzeitig mit voller Macht seine Markenzeichen etablieren.
Kosinski tendiert zu einer kühlen, glasklaren Bildsprache mit akkurat geplanten Bewegungen. Außerdem hat er eine Schwäche für Sci-Fi-Stoffe, wie auch sein zweiter Film «Oblivion» zeigt, sowie die Tatsache, dass er Remakes von «Flucht ins 23. Jahrhundert» und «Das schwarze Loch» und einen weiteren Sci-Fi-Originalfilm plant. Seine dritte Kinoarbeit sollte dennoch das Feuerbekämpfungsdrama «No Way Out» werden.
Die 6 glorreichen Aspekte an «Tron: Legacy»
Mit einem Budget von 170 Millionen Dollar stellte «Tron: Legacy» im Jahr 2010 das kostspieligste Realfilm-Regiedebüt der Kinogeschichte dar – und die Souveränität, mit der Kosinski diese immense Last auf seinen Schultern getragen hat, ist erstaunlich. Abgesehen von der digitalen Verjüngung des Nebendarstellers Jeff Bridges, die in einigen Einstellungen unwirklich aussieht und im Vergleich zu aktuelleren Exempeln dieser Tricktechnik wie in «Ant-Man» oder «Pirates of the Caribbean – Salazars Rache» verblasst, sticht «Tron: Legacy» zahllose Blockbuster dieses Jahrzehnts hinsichtlich ihrer Effekte aus. Zu keinem Zeitpunkt sieht dieses visuelle Spektakel wie vor einem Greenscreen gedreht aus und die am Computer entstandenen Bildelemente gehorchen stimmigen, filmimmanenten physikalischen Gesetzen.
Und obwohl das «Tron»Franchise zu einem guten Teil von seiner Ästhetik getragen wird, verlässt sich Kosinski im Gegensatz zu anderen Big-Budget-Regiedebütanten (wie «Maleficent»-Macher Robert Stromberg oder «Snow White and the Huntsman»-Regisseur Rupert Sanders), nicht allein auf das Effektgewitter auf der Leinwand, sondern bemüht sich, eine stringente Bildsprache zu entwickeln und jeder einzelnen Filmsequenz ihren eigenen Spannungsbogen zu verleihen. Selbst wenn das schwarz-blaue Schimmern der Welt von «Tron: Legacy» im Zusammenspiel mit Kosinskis akkurater Regieführung und den distanzierten Dialogen aus der Feder von Edward Kitsis und Adam Horowitz dazu führt, dass sich dieser Film zuweilen sehr "kalt" anfühlt, ist er kein reines Trickspektakel, sondern erzählt eine Handlung mit emotionalem und thematischem Fundament: «Tron: Legacy» nimmt die Grundidee von «Tron» ("Was, wenn in Computern nicht nur Einsen und Nullen ablaufen, sondern eine eigene Welt steckt?"), und denkt sie konsequent weiter: Würden Programmierer somit als Götter gelten, und sie wiederum im Gegenzug selber die bisherigen Konzepte von Religion überdenken?
Vorangetrieben wird der diese Gedanken touchierende Plot von «Tron: Legacy» derweil von einer simplen, sich glücklicherweise nicht zu wichtig nehmenden "Ein Sohn sucht seinen verschollenen Vater"-Geschichte, die Jeff Bridges und Film-Sohn Garrett Hedlund solide umsetzen. Die darstellerischen Stars des Films sind allerdings Olivia Wilde als androgyne Freiheitskämpferin und Michael Sheen als glamouröser Clubbesitzer. Noch beeindruckender als die Performances von Wilde und Sheen ist allerdings die Verschmelzung von Bild und Ton: «Tron: Legacy» weißt ein umwerfendes Sounddesign auf, das markante Klangeffekte mit dem sensationellen, Elektronik mit orchestralen Elementen einenden Score des französischen Duos Daft Punk verbindet. Und eben dieser Gänsehaut erzeugende Spitzenscore fügt sich nahezu perfekt an das visuelle Geschehen – sowohl an die stilsicher gestaltete Filmwelt als auch an die Bewegungen in den Actionszenen. Hinzu kommt das gestochen scharfe, sowohl eine immense Bildtiefe als auch gelegentliche, prägnant eingesetzte Pop-up-Effekte aufweisende 3D. Und schon stellt sich die brennende Frage: Wo bleibt bitte die Fortsetzung, Disney?!
«Tron: Legacy» ist auf DVD und Blu-ray erhältlich. Außerdem ist «Tron: Legacy» bei Amazon, maxdome, iTunes, Google Play, Microsoft, Rakuten TV und Videoload verfügbar.
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