Die glorreichen 6 – Bemerkenswerte Regiedebüts (Teil III)
Es gibt zahlreiche denkwürdige Regiedebüts – Quotenmeter.de präsentiert einen bunten Querschnitt aus Filmen, mit denen Regisseure direkt zu Karrierebeginn eine Marke gesetzt haben. Wie Jonas Alexander Arnby mit «When Animals Dream».
Die Handlung
Filmfacts: «When Animals Dream»
Regie: Jonas Alexander Arnbry
Buch: Rasmus Birch
Darsteller: Sonia Suhl, Lars Mikkelsen, Sonja Richter, Jakob Oftebro, Stig Hoffmeyer
Musik: Mikkel Hess
Kamera: Niels Thastum
Schnitt: Peter Brandt
Veröffentlichungsjahr: 2014
Laufzeit: 84 Minuten
FSK: ab 16 Jahren
Wie in Wasserfarben gemalt bewegt sich die raue Kulisse der dänischen Küste über die Leinwand. Die Wellen peitschen gegen Felsen, bärtige, muskelbepackte Arbeiter zerlegen Unmengen an Fisch und zwischen alledem steht die 16-jährige Marie (in einer grandiosen Debütrolle: Sonja Suhl). Unter ihren grobmotorisch veranlagten Kollegen irgendwie fehl am Platz wirkend, versucht sie, nicht aufzufallen. Doch mit ihrem zarten Erscheinungsbild bettelt sie nahezu um Aufmerksamkeit. Zuhause erwartet sie ihre im Rollstuhl sitzende Mutter (Sonja Richter), die in der Lethargie ihres beschränkten Alltags jedwede Lebensfreude verloren hat, sowie ihr Vater («Sherlock»-Bösewicht Lars Mikkelsen) Thor.
In dieser grauen Tristesse vernimmt Marie alsbald Veränderungen an ihrem Körper. Hautausschlag und verstärkter Haarwuchs kündigen ein Unheil an, auf das nicht nur ihre eigene Familie seit jeher zu warten scheint…
Der Regisseur
Der Däne Jonas Alexander Arnbry hat vor seinem Langfilmregiedebüt zwei Kurzfilme inszeniert und sich hier in den Genres Drama und Kriegsfilm ausprobiert. Dass sein erstes abendfüllendes Werk direkt dem Genrekino angehört, ist beachtlich und konsequent zugleich - Arnbry macht sich somit früh einen Namen als experimentierfreudiger Künstler. Dabei ordnet er sich ganz der ihn inspirierenden Kulisse der dänischen Küste unter, die in ihrer rauen Schönheit den idealen Background für ein düsteres Schauerstück bietet. Entsprechend anerkennend wurde sein «When Animals Dream» - eine Abwandlung des klassischen Werwolf-Kinos, gepaart mit einer gehörigen Portion Coming-of-Age - von Kritikern aufgenommen.
Der 1974 in Kopenhagen geborene Arnbry inszeniert nicht nur, sondern schreibt auch Skripte (zu «When Animals Dream» konzipierte er die Grundidee, produziert oder ist hinter den Kulissen für die technische Aufbereitung zuständig. Für seinen umstrittenen Kollegen Lars von Trier arbeitete er beispielsweise als Set-Assistent für seinen Film «Dancer in the Dark». Seit seinem Debüt zog sich der Filmemacher allerdings erst einmal aus der Branche zurück. Zukunftsprojekte sind nicht angekündigt. Wir sind dennoch gespannt, wann wir dieses Regie-Wunderkind das nächste Mal bestaunen dürfen.
Die 6 glorreichen Aspekte von «When Animals Dream»
Wenn der dänische Regie-Neuling Jonas Alexander Arnby eines versteht, dann ist es das Ausnutzen einer bestimmten Atmosphäre, um anhand dieser eine elektrisierende Geschichte zu erzählen. «When Animals Dream» ist visuell von einer solchen Durchschlagskraft, dass das Storytelling schnell zur Nebensache wird. Schlussendlich schlägt der Filmemacher Kritikern gerade dadurch ein Schnippchen: Die Story seines neuen Projekts ist für sich allein stehend betrachtet nicht allzu außergewöhnlich, übt aufgrund ihrer Bildästhetik dennoch durchgehend eine enorme Faszination aus, sodass es fast scheint, als würde das Geschehen die Sinne benebeln. Sonja Suhl lässt in ihrer Verkörperung der Marie Faktoren einer Alltagsheldin mit der einer nicht einzuschätzenden Gefahr vermischen. Dabei entsteht eine Anziehungskraft, die Suhl sämtliche ihrer Schauspielkollegen an die Wand spielen lässt. Lars Mikkelsen, Sonja Richter («Erbarmen») sowie Jakob Oferbro («Kon-Tiki»), der als ihr potenzieller Love Interest die Faszination für Marie wiederspiegelt, wirken neben Suhl wie hypnotisiert.
Bedächtig, fast lethargisch und ohne viel Dialog wird das Publikum Zeuge, wie eine junge Frau nicht nur unheimliche Veränderungen an sich selbst, sondern auch ihr sexuelles Verlangen entdeckt. Die Symbiose beider Elemente versteht Arnby in mehreren Szenen perfekt und ohne aufdringlichen Symbolismus einzufangen und zieht durch die Unberechenbarkeit der Prämisse die Spannungsschraube weiter an. So folgt «When Animals Dream» zwar bewährten Horrortrends, gibt ihnen aufgrund von philosophischen Beiklängen allerdings eine vollkommen andere Bedeutung als andere Genrevertreter. Allzu viel sei dazu an dieser Stelle allerdings nicht verraten. Der beim Filmfestival in München einst seine Deutschlandpremiere feiernde Mystery-Horrorthriller ist aufgrund seiner auf den ersten Blick behäbig wirkenden Inszenierungsweise und der unkonventionellen Story gewiss kein Film für die breite Masse. Dabei ist «When Animals Dream» in seinem Auftreten so einzigartig, dass die Nische möglicherweise einen neuen Kultfilmanwärter für sich finden wird. Ähnlich des Edel-Thrillers «Only God Forgives», der mit Nicolas Winding Refn ebenfalls von einem experimentierfreudigen Dänen stammt, ist der Schlüssel zum Erfolg, sich voll und ganz auf das Szenario einzulassen.
«When Animals Dream» ist vor allem eines: ein Erlebnis. Während sich der Kulisse schon ab der ersten Szene kaum jemand entziehen kann, kommt das Storytelling des 40-jährigen Dänen durchaus gewöhnungsbedürftig daher. Für ein Langfilmdebüt ist die inszenatorische Fokussierung beachtlich. Schnörkellos manövriert Arnby seinen grandiosen Cast durch eine einzigartige Geschichte, die in ein eindringliches und konsequentes Finale mündet.
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