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«Molly's Game»: Nenn' sie nicht Pokerprinzessin

Spannend und kurzweilig: Jessica Chastain baut als Molly Bloom ein millionenschweres Pokerspiel auf und gerät ins Visier des FBI.

Filmfacts: «Molly's Game»

  • Regie: Aaron Sorkin
  • Produktion: Mark Gordon, Amy Pascal, Matt Jackson
  • Drehbuch: Aaron Sorkin; basierend auf Molly Blooms gleichnamigen Sachbuch
  • Darsteller: Jessica Chastain, Idris Elba, Kevin Costner, Michael Cera, Jeremy Strong, Chris O'Dowd, Bill Camp
  • Musik: Daniel Pemberton
  • Kamera: Charlotte Bruus Christensen
  • Schnitt: Alan Baumgarten, Elliot Graham, Josh Schaeffer
  • Laufzeit: 140 Minuten
  • FSK: ab 12 Jahren
Aaron Sorkin gilt als einer der besten derzeit aktiven Drehbuchautoren. Dennoch muss sich auch der Mann hinter den Skripts solcher Serien wie «The West Wing» und «The Newsroom» sowie Filmen wie «The Social Network» und «Die Kunst zu gewinnen – Moneyball» Kritik gefallen lassen: Wiederholt wurde in der Vergangenheit bemängelt, dass Sorkin kein gutes Händchen dabei hätte, spannende, vielschichtige Frauenfiguren zu erschaffen. «Molly's Game», eine auf wahren Begebenheiten basierende Mischung aus Komödie, Justizdrama und Kriminalthriller, ist nun so etwas wie Sorkins Wiedergutmachung.

Denn Sorkins Regiedebüt nimmt sich der Geschichte einer komplexen, faszinierenden Frau an: Molly Bloom, von den US-Medien "Pokerprinzessin" getauft und damit weit unter ihrem Wert verkauft. Die mittlerweile 39-jährige Beinaheolympionikin im Skifahren baute im Alter von 26 Jahren die wohl exklusivste, edelste und für die Spieler finanziell riskanteste Pokerrunde der Welt auf, zu der sich Promis, Sportikonen und schwerreiche Unternehmer magnetisch angezogen fühlten. All dies mit Willenskraft, Gerissenheit und kühlem Charme, wie sie in ihren Memoiren festhielt.

2013 wurde sie vom FBI verhaftet und der Geldwäsche sowie der Verbindung zu Verbrechersyndikaten angeklagt – und Sorkins Adaption von Blooms Memoiren nimmt sich die wichtigsten Punkte heraus, um sie durch Ereignisse zu ergänzen, die darin nicht vorkommen. Womit vor allem Blooms ungewöhnliche, redlich sture Herangehensweise an ihre Justizschwierigkeiten gemeint ist.



Erzählt wird all dies in einer unchronologischen Reihenfolge. Statt mit Blooms kühlem, erfolgsorientiertem Elternhaus zu beginnen, ihren Ausflug in die Welt des Sports zu beleuchten und daraufhin den euphorischen Aufstieg sowie ihren harschen Absturz als Meisterdirigentin des Underground-Pokers zu skizzieren, bevor «Molly's Game» zum Justizfilm wird, springt Sorkins Narrative herum. Der rote Faden hangelt sich an Blooms Gesprächen mit ihrem Anwalt (spitzfindig und mit Schalk im Nacken: Idris Elba) sowie den Vorbereitungen für ihre Verhandlung entlang, so dass die Filmhandlung noch immer eine klare Zielrichtung aufweist. Verschränkt wird dies mit Rückblicken auf verschiedene Lebensabschnitte Blooms, wobei durch ihre kecken, teils selbstironischen Erzählkommentare nicht nur ein ständiger Unterhaltungsfaktor geboten wird, sondern auch ein mal befangen-positives mal kritisches einordnendes Element.

Damit führt die unchronologische Struktur des Films nicht etwa zu Verwirrung, sondern sorgt dafür, dass er trotz Überlänge zügig voranschreitet. Sorkin erspart seinem Publikum das schleichende Auf und rapide Ab in Blooms Biografie, sondern mischt die Fortschritte und Rückschläge der gewieften Geschäftsfrau so ineinander, dass «Molly's Game» nahezu durchweg genau auf der Grenze zu all seinen Genreeinschlägen steht. Genau dadurch generiert sich ein Gros des Thrills und Spaßes dieses, typisch für Sorkin, sehr dialog- und monologlastigen Films.

Es besteht guter Grund zur Annahme, dass dieser narrative Ansatz und die gebotene Erzählhaltung gehörig schief gehen würden, wäre da nicht das einnehmende Wesen der Titelfigur, das durch die Stimmung des Films gespiegelt wird. Von Jessica Chastain mit glühender Begeisterung verkörpert, zeigt sich Molly Bloom in diesem temporeichen Pokerstoff als plausibel-widersprüchliche Persönlichkeit: Sie ist ebenso grundehrlich wie gerissen; ihre persönliche Bescheidenheit steht im krassen Gegensatz zu ihren verbissenen geschäftlichen Ambitionen und ihrem unfassbaren Stolz auf ihre Errungenschaften. Und allem Stolz zum Trotz ist sie von einem steten Drang getrieben, noch einen draufzusetzen.

Chastain gelingt es, diese so grundverschiedenen Facetten Blooms zusammenzuführen: Mit glänzenden Augen und bestimmter Stimmlage erzählt Molly Bloom ihrem Anwalt, wie sie den Pokerring aufgebaut hat, der sie letztlich in sein Büro brachte – und doch schafft es Chastain, nie einen Hauch von Selbstgefälligkeit in diese Monologe rutschen zu lassen. Und die abrupten dramatischen Einbrüche in Molly Blooms Leben lassen sie nie als Opfer dastehen – Chastain schaut in den entsprechenden Rückblicken eher enttäuscht und frustriert, als gebrochen herein, womit Molly Bloom zu einer Figur wird, die sympathisch ist und dennoch in ihrer unnachahmlichen Toughness berechtigte Zweifel weckt: Lässt diese Molly Bloom überhaupt irgendetwas an sich heran?

Die Antwort darauf erfolgt in einer ausgedehnten Dialogszene, die den letzten Akt des Films einläutet und haarscharf am Klischee vorbeischlittert (Stichwort: Eislauf). Sorkins eloquente, aber auch Selbstironie gestattende Feder lassen diesen Schlüsselmoment allerdings ohne größeren Kitsch davonziehen. Elementar für den Tonfall-Balanceakt in «Molly's Game» ist auch die Musik des Komponisten Daniel Pemberton, der den Film mit einer «King Arthur – Legend of the Sword»-artigen, hektisch-launigen Nummer eröffnet und auch die restliche Laufzeit über den Glamour, die Ruhelosigkeit und den Selbststolz Blooms musikalisch formidabel einfängt. Während Pemberton in den Montagesequenzen und den komödiantischen Passagen mehr als nur glänzt, droht er bei den inspirierend angelegten Monologen derweil, leicht übers Ziel hinauszuschießen – letztlich fängt er die Klangästhetik aber durch Kunstgriffe wie eine die Stimmung erdende Gegenmelodie wieder ein.

Fazit: Ein Film wie seine Hauptfigur: Beeindruckend, facettenreich und immens unterhaltsam.

«Molly's Game» ist ab sofort in vielen deutschen Kinos zu sehen.

08.03.2018 17:37 Uhr Kurz-URL: qmde.de/99534
Sidney Schering

super
schade


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Die Kunst zu gewinnen Die Kunst zu gewinnen – Moneyball King Arthur King Arthur – Legend of the Sword Legend of the Sword Molly's Game Moneyball The Newsroom The Social Network The West Wing

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