Disney könnte mit «Descendants» einfach den «High School Musical»-Pfad beschreiten, Fans glücklich machen und sich ein Säckel Geld einstecken. Aber kleine Kinofilme sind halt nicht mehr der Stil des Konzerns ...
Der Disney-Konzern übt sich wieder in einer seiner Spezialitäten: Kürzlich gab die Walt Disney Company Kinostarttermine bekannt, die bis ins Jahr 2023 reichen. Dabei blieb der Mäusekonzern brav kryptisch – so wird in den USA am 23. Februar 2023 ein Realfilm anlaufen, der unter dem Disney-Markennamen firmiert. Das reicht Disney vorerst an öffentlichen Details zu diesem Projekt. Darüber hinaus wurde ein ganzer Haufen an weiteren 'geheimen' Marvel-Realfilmen angekündigt sowie ein paar noch zu betitelnde Pixar- und Disney-Animationsfilme.
Was sich Disney indes nicht gesichert hat? Einen Kinostart für das Musical «Descendants 3» – was ziemlich bedauerlich ist. Gewiss, bei dieser Produktion mit Dove Cameron, Sofia Carson, Booboo Stewart, Cameron Boyce, Mitchell Hope und China Anne McClain in den tragenden Rollen handelt es sich um die zweite Fortsetzung des Disney-Channel-Films «Descendants – Die Nachkommen». In diesem Film, der in «Once Upon a Time»-Logik einen ganz eigenen Märchenkanon verfolgt, gehen die jugendlichen Nachfahren einiger Disney-Schurken auf dieselbe Schule wie die Kinder zahlreicher Disney-Helden – verpönte, klassenübergreifende Liebeleien und Zankereien inklusive. Eine kleine, skurrile Verrücktheit von einem Disney-Film ...
Nun ist die «Descendants»-Reihe für das heutige Disney-Channel-Kernpublikum ungefähr das, was die «High School Musical»-Filme Ende der 2000er-Jahre für die damaligen Tweens und Teens waren. Bunte, von Kenny Ortega inszenierte, campige Musicalfilmvergnügen mit eifriger Fanbase. Umso mehr verwundert es, dass Disney nicht das «High School Musical»-Modell wiederholt und nach zwei Fernsehfilmen den dritten Part der Reihe auf die große Leinwand hievt. «High School Musical 3: Senior Year» spielte bei einem Budget von elf Millionen Dollar immerhin über 250 Millionen Dollar in die Kinokassen.
Wenn «High School Musical 3: Senior Year» solch einen Erfolg landen kann, dann hat «Descendants 3» ebenfalls das Potential dazu. Schließlich hat die Musicalreihe über die punkigen Schurkennachfahren als zusätzliches Verkaufsargument ihren ganzen Schub an Disney-Anspielungen zu bieten – und ein deutlich exzentrischeres, viel intensiver nach der großen Leinwand schreiendes Produktionsdesign als die «High School Musical»-Reihe. Obendrein erleben Musicals aktuell so etwas wie eine wirtschaftliche Renaissance: Startete die «High School Musical»-Saga in einer popkulturellen Phase, als Musicals als uncool galten (weshalb im ersten Teil der Reihe viele Gesangseinlagen als Bühnenauftritte "entschuldigt" werden), generiert nun ein «La La Land» 446,1 Millionen Dollar und ein «Greatest Showman» (bislang) 376 Millionen Dollar.
Es spricht so viel dafür, «Descendants 3» als Kinofilm zu planen – doch es wird wohl nicht dazu kommen. Der für Sommer 2019 angekündigte Film wird sehr wahrscheinlich ein Fernsehfilm bleiben, denn seit «High School Musical 3: Senior Year» 2008 anlief, stiegen im Disney-Konzern die Ansprüche an den Bombast der eigenen Kinofilme. Nun muss alles ein Riesenevent sein. Da ist es auch ganz egal, dass «High School Musical 3: Senior Year» mehr Reingewinn einfuhr als 2016 etwa «Alice im Wunderland: Hinter den Spiegeln» mit seinen 299,5 Millionen Dollar bei einem Budget von 170 Millionen Dollar.
Dazu passt leider auch, dass Disney einige kleinere, als Kinofilm geplante Projekte nun als Streamingpremieren für seine Video-on-Demand-Plattform markiert. Um aber im Disney-Duktus zu bleiben: Nie aufhören, zu träumen – und seien es auch so kleine Träume wie "Möge Disney auch so kleine Projekte wie «Descendants 3» auf die Leinwand bringen". Vielleicht wird doch noch wer vernünftig und kommt vom "Alles muss Pomp sein"-Pfad ab …
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