Ohne Cristina do Regos kleine Schwester würde sich «Pastewka»-Quälgeist Kim wohl anders verhalten, wie die Schauspielerin im Interview verrät. Außerdem spricht sie über die Veränderungen an ihrer Rolle in der neuen Staffel und die Bedeutung von Social Media.
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In den vier Jahren seit der siebten Staffel waren wir alle in ständigem Kontakt miteinander und stets stand die Frage im Raum: "Wann geht's weiter?" Es gab Zeiten, da schien selbst Bastian nicht zu wissen, ob es überhaupt weitergeht, doch der Wille war bei uns allen stets gegeben.
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Cristina do Rego
Apropos Reaktion: Sind Sie froh, nicht mehr im Wochentakt die Quoten zu erfahren oder werden Sie es vermissen?
Ich habe früher ja nur ganz selten nach den Quoten geschaut. Allerdings wurden wir natürlich von der Produktion immer auf dem Laufenden gehalten, wie's lief. Erst, als ich etwas älter wurde, und verstärkt mitbekommen habe, welch enormer Druck hinter so einer Serienproduktion steckt, wurde ich neugieriger und habe ab und zu Mal von alleine die Zahlen nachgeschaut. Dennoch war es für mich viel spannender, wie die jeweiligen Folgen bei den Fans ankommen, die die Serie auch gezielt schauen. Da haben mir später ja die Kinotouren erst so wirklich die Augen geöffnet, wie sehr die Leute die Serie verinnerlichen und wie sehr sie sich die Zitate einprägen. Insofern bin ich jetzt auch am meisten gespannt, wie die neuen Folgen bei genau dieser Fangemeinde ankommen.
Ob ich die wöchentlichen Quoteninfos vermissen werde? Das weiß ich noch nicht. Das kann ich vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt verraten. Ich kann nur sagen, dass ich sehr hoffe, dass wir von Amazon auch mal einen Zwischenstand gesagt bekommen, damit wir nicht völlig ahnungslos dastehen.
Wann wurden Sie eigentlich gefragt, ob Sie für eine achte «Pastewka»-Staffel zurückkehren wollen?
Ich musste gar nicht gefragt werden. In den vier Jahren seit der siebten Staffel waren wir alle in ständigem Kontakt miteinander und stets stand die Frage im Raum: "Wann geht's weiter?" Es gab Zeiten, da schien selbst Bastian nicht zu wissen, ob es überhaupt weitergeht, doch der Wille war bei uns allen stets gegeben. Das waren vier Jahre des neugierigen Austauschs und gebannten Wartens, dass eine neue Staffel das Okay erhält.
In früheren Interviews sind mir Schauspieler begegnet, die sagen: Man muss in diesem Beruf dringend vermeiden, in eine Schublade zu gelangen. Andere meinen, die Schublade kann sogar eine Chance sein. Welcher der beiden Schulen würden Sie sich zuordnen?
Meine Schule ist mein Bauchgefühl. Es kommt bei jeder potentiellen Rolle neu darauf an, ob ich ein gutes Gefühl für sie entwickle oder nicht. Zumal ich nicht den Eindruck habe, dass wir als Schauspieler beeinflussen können, ob wir in eine Schublade gelangen oder nicht. Das liegt stärker an den Besetzern. Natürlich kann man kategorisch nur eine bestimmte Art von Figur annehmen beziehungsweise nach jeder Rolle gezielt etwas ganz anderes suchen, aber ob man mit der Taktik weiter kommt ...? Es kommt ja immer noch darauf an, welche Angebote man überhaupt erhält, und wenn man dann nicht nur schaut, was einem gefällt, sondern auch noch taktiert, kann das, glaube ich, schnell schiefgehen.
Ich habe mir jedenfalls nie Gedanken darum gemacht, ob ich in einer Schublade bin. Ich habe neben Kim noch einige weitere rotzige Töchter gespielt und hatte nie den Eindruck, deshalb darauf beschränkt zu werden. Allerdings hatte ich vielleicht auch das Glück, dass Kim früher so ganz anders aussah als ich selbst, was dazu führte, dass mich nie jemand wiedererkannt hat (lacht).
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Die Bedeutung von Social Media ist enorm gestiegen. Es ist ja nun mehr ein offenes Geheimnis, dass auch nach Reichweite besetzt wird. Ich habe mir noch immer kein konkretes Bild davon gemacht und bin da etwas unentschlossen. Ich finde es jedoch ärgerlich, wann immer es der künstlerischen Seite schadet: Ich habe auch schon mal eine Rolle nicht bekommen, weil jemand anderes unter den Bewerbern weit mehr Follower als ich hatte.
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Cristina do Rego
Achtung, Mordsüberleitung: Seit den ersten «Pastewka»-Folgen hat sich nicht nur Kim verändert, sondern auch unsere Medienwelt. Social Media spielte damals für Schauspieler auf Rollensuche praktisch gar keine Rolle, mittlerweile ist es dagegen nahezu unvermeidlich geworden …
Ja, die Bedeutung von Social Media ist enorm gestiegen. Es ist ja nun mehr ein offenes Geheimnis, dass auch nach Reichweite besetzt wird. Ich habe mir noch immer kein konkretes Bild davon gemacht und bin da etwas unentschlossen. Ich finde es jedoch ärgerlich, wann immer es der künstlerischen Seite schadet: Ich habe auch schon mal eine Rolle nicht bekommen, weil jemand anderes unter den Bewerbern weit mehr Follower als ich hatte.
Es liegt mir nicht, meine Kraft und Zeit alleinig in meine Reichweite zu investieren. Ich poste gerne auf meinen Accounts, wenn mir danach ist, und freue mich auch über die Reaktionen meiner Follower. Aber mein Beruf als Schauspielerin ist meine Priorität. Gleichzeitig ist ja nicht alles durch die "Social-Media-Hörigkeit" schlimmer geworden. Wenn jemand sehr gut schauspielern kann, dadurch viele Follower hat und damit der Produktion etwas Gratispromo verschafft – wieso nicht? Ein sehr schönes Beispiel, wie sich durch Social Media Dinge sogar gebessert haben, sind Kollegen, die wegen ihrer ethnischen Wurzeln Riesenprobleme hatten, besetzt zu werden, nun aber in den sozialen Netzwerken sehr beliebt sind, und dadurch für verschiedenste Rollen interessant wurden. Wenn Social Media beim Casting auch solche Folgen haben kann, freut mich das sehr.
Ich bin kürzlich bei einem anderem Magazin über folgendes Zitat über Sie gestolpert: "Cristina do Rego ist wandelbar wie kaum eine Zweite. Und sie ist wohl definitiv der hübscheste Grund, sich immer und immer wieder «Pastewka» anzuschauen." Freut es Sie als Schauspielerin eigentlich, in Artikeln Anmerkungen über Ihr Aussehen zu finden, oder fällt das unter die Kategorie: "Was soll das? Das tut doch nichts zur Sache!"
Das ist interessant! Denn das war das erste Mal, das mir so etwas passiert ist. Ich wüsste nicht, dass ich jemals zuvor in den Medien als hübsch bezeichnet wurde. Daher habe ich mich sehr geschmeichelt gefühlt, und nicht etwa gedacht, dass man mich da auf mein Aussehen reduziert – zumal ich ja zuvor als wandelbar gelobt werde. Darüber habe ich mich übrigens noch mehr gefreut. Denn das passiert selten, und ich finde, ein solches Kompliment zeugt von Aufmerksamkeit: da hat offenbar jemand genau hingeschaut – ich spiele ja oft Nebenrollen, also bin ich ja erstmal nicht so auffällig. Aber klar, wenn ab sofort in jedem Artikel mein Äußeres im Vordergrund stünde – wer weiß, vielleicht würde ich das irgendwann auch anders sehen.
Besten Dank für das Gespräch.
Die neuen Folgen von «Pastewka» sind ab sofort bei Amazon verfügbar.
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