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«Die Puppenspieler»: Ein zügig erzähltes Mittelalterepos in zwei Teilen

Tanja Kinkels Bestseller wird im Ersten zum spannenden, flott erzählten Event-Zweiteiler mit sehenswerter Optik.

Cast und Crew

  • Regie: Rainer Kaufmann
  • Drehbuch: Kathrin Richter, Jürgen Schlagenhof; nach dem Roman von Tanja Kinkel
  • Darsteller: Samuel Schneider, Herbert Knaup, Helen Woigk, Sascha Alexander Gersak, Ulrich Matthes, Philipp Moog, Rainer Bock, Jan Messutat, Bernhard Schütz, Johannes Allmayer, Edin Hasanovic
  • Kamera: Klaus Eichhammer
  • Schnitt: Simon Blasi
  • Musik: Karim Sebastian Elias
  • Szenenbild: Petra C. Heim
  • Kostüme: Lucie Bates
  • Produktionsfirma: Ziegler Film – Barbara Thielen
Schließt man während «Die Puppenspieler» die Augen, weht ein Hauch von Hollywood durch den Raum: Wettert da etwa Ewan McGregor in der Rolle des erzkonservativen, übereifrigen Geistlichen Henricus Institoris gegen das gemeine Weibsbild, das Männer zu teuflischen Fehlern zu verführen versucht? Nicht ganz: Regisseur Rainer Kaufmann besetzte in einer der antagonistischen Rollen seines Zweiteilers Philipp Moog, die deutsche Stammstimme des beliebten Schauspielers Ewan McGregor. Doch es wäre ungerecht, Moogs Leistung auf sein bekanntes Sprechorgan zu beschränken: Moog geht in der Rolle des strengen Geistlichen, der in Frauen das Einfallstor des Teufels sieht, geradezu auf und gestaltet ihn nicht bloß als abscheuliche Person, sondern schafft es, dies so zurückhaltend darzubieten, dass aus dieser Figur kein überzeichnetes Monstrum wird.

Und Moog ist darstellerisch nur ein Rädchen im Getriebe dieses aufwändigen Zweiteilers: Eine zentralere Rolle nimmt Herbert Knaup als besonnener Kaufmann Jakob Fugger ein, der den Protagonisten dieses Mittelalterdramas (Klosterschüler Richard, gespielt von Samuel Schneider) unter seine Fittiche nimmt. Richard sinnt nach dem brutalen Mord an seiner der Hexerei beschuldigten Mutter nach blutiger, schneller Rache, doch Fugger lehrt Richard die wertvollen Lektionen von Ruhe, Vorausplanung und Diplomatie. Knaup legt den Mentor warmherzig, aber zielgesteuert an und stemmt den Zweiteiler mit seinem nuancierten Spiel über weite Strecken – gelingt es ihm doch, den gutmütigen Seiten seiner Rolle zum Trotz klar zu machen, das Fugger zumeist ein von materiellen Wünschen getriebener Mann ist.

Im weiteren Verlauf der Handlung erhält zudem Ulrich Matthes in der Rolle des schon oft in Film und Fernsehen behandelten, in der Romanvorlage von Tanja Kinkel nicht näher beleuchteten, Kardinal Borgia die Gelegenheit, als meisterhafter Puppenspieler sein Umfeld zu manipulieren und das TV-Publikum zu faszinieren.

Hauptdarsteller Samuel Schneider droht zeitweise, neben diesen großen Persönlichkeiten, vor den atemberaubenden Schauplätzen (gedreht wurde in Tschechien, der Toskana und in den Bayerischen Alpen) sowie angesichts der prunkhaften Ausstattung zu verblassen. Das ist allerdings weniger Schneiders Verschulden, als im Skript zu verorten: Das Drehbuch von Autoren Kathrin Richter und Jürgen Schlagenhof bemüht sich, den 1995 veröffentlichten Tanja-Kinkel-Roman unaufdringlich um kleinere Konflikte für Richard zu bereichern, so dass sich Spannungskurven ergeben und Schneider mehr Gelegenheiten erhält, mimisch aufzutrumpfen.

Dennoch bleibt der Stoff im Kern ein Roadmovie, das gegen Ende des 15. Jahrhunderts spielt und Richard von A nach B nach C nach D führt, wo er historische Augenblicke erlebt und sozusagen in die spannenden Geschichten anderer Personen stolpert. Schneider macht das Beste aus seinem Part des nachdenklichen Beobachters, und seine Lovestory mit Helen Woigk als Zigeunerin Saviya überzeugt selbst angesichts ihrer klischeehaften Dramaturgie. Dennoch bleibt Protagonist Richard, gemessen an seiner ihm innewohnenden Faszination, in der zweiten Reihe des «Die Puppenspieler»-Figurenpersonals.

Woigk hat in ihrer Rolle wiederum einen schweren Spagat zu begehen: Sie ist die einzige Frau in den drei Stunden Laufzeit, die mehr darstellt als nur schmückendes Beiwerk oder hilfloses Opfer. Sie erfüllt nebenher das positiv konnotierte, dennoch stereotype Rollenprofil der an das Schicksal glaubenden, kämpferischen und die Obrigkeit anklagenden Zigeunerin. Und zudem entspricht sie als Vordenkerin in einer frauenfeindlichen Zeit modernen Rollenbildern. Woigk bewältigt diesen Kraftakt leichter als das bei dieser Figur doch zuweilen ins Trudeln geratene Drehbuch – doch dafür meistert das Autorenteam eine andere Herausforderung.

Denn es ist ungerecht «Die Puppenspieler» auf Moogs Stimme zu reduzieren, will man es mit der medialen US-Konkurrenz vergleichen. Das narrative Pacing des Zweiteilers ist ausgezeichnet und hat weniger mit der Bedächtigkeit deutscher Historienfilme gemeinsam, sondern erinnert in seiner flotten Erzählweise eher an US-Ware – ohne dabei den Plot auf einen Schwertkampf nach dem nächsten zu reduzieren. Der Erzählfluss ist schlicht mitreißend, was einerseits an den zügigen, auf übermäßige Erklärungen, unnötige Wiederholungen und behäbige dramaturgische Pausen verzichtenden Dialogen liegt, andererseits an Rainer Kaufmanns bewegter, aber niemals hibbeliger Inszenierung. Die Kamera bleibt durchweg in einem unaufgeregten Tempo aktiv, zeigt dem Publikum somit die Drehorte und Sets in all ihrer Pracht und belebt ganz nebenher den hauptsächlich von Gesprächen getragenen Plot, da die Intrigen, Überlegungen und Absprachen nie statisch präsentiert werden.

Die Musikuntermalung des Komponisten Karim Sebastian Elias bemüht sich, durch Instrumente wie Theorbe, Laute und Viola da Gamba dem Mittelalter-Kostümfilmklischee zu entsprechen, gleichzeitig durch akzentuierte Stücke zeitgemäß zu wirken und eher den Hans-Zimmer-Eposklang zu imitieren als den verstaubten deutschen Historienfilmklang. Eingängige Melodien sind bei diesem Versuch zwar nicht entstanden, jedoch ist Elias' Score effektiv und fügt sich gut in das stattliche Gesamtbild dieses Zweiteilers, dem niemals anzumerken ist, dass das Budget zwischen der ersten Planungsphase und der endgültigen Umsetzung glatt halbiert wurde.

Fazit: «Die Puppenspieler» ist ein spannend und flott erzähltes Mittelalterepos, das mit zielstrebigem Auge ansehnlich ausgestattet wurde. Sehenswert!

«Die Puppenspieler» wird in zwei Teilen im Ersten ausgestrahlt. Zu sehen sind die beiden Parts jeweils am 27. und 29. Dezember 2017 um 20.15 Uhr.
26.12.2017 11:57 Uhr Kurz-URL: qmde.de/97992
Sidney Schering

super
schade

85 %
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Tags

Die Puppenspieler

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