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DAZN-Fußballchef Jörg Zwacka: ‚Wir wollen und müssen unseren Stil ab 2018 ein bisschen verändern‘

Die Boxing-Day-Konferenz der Premier League ist nur der Anfang. Ab Sommer 2018 hat DAZN Rechte an Champions- und Europa-League. Im Gespräch mit DAZN-Fußballchef Jörg Zwacka, der einst Sky Sport News HD mit aus der Taufe hob, wird deutlich, wie sich DAZN künftig von Sky abgrenzen möchte. Zudem verrät der Fernsehmacher weitere Ideen für den noch jungen Streaming-Dienst.

Zur Person: Jörg Zwacka

Viel rumgekommen ist Jörg Zwacka, der seit Juli 2016 für den Streaming-Dienst DAZN als stv. Chefredakteur und Head of Football arbeitet. In den Jahren davor war er (seit 2011) Redaktionsleiter von Sky Sport News HD. Vor seiner Sky-Zeit war Zwacka schon für die Champions League in Sat.1 zuständig, arbeitete für die Bundesliga-Sendungen von Arena und Premiere, für die Sportnachrichten von ProSiebenSat.1 und für Sport1.
Herr Zwacka, ein Fußballjahr geht zu Ende. Wie haben sich aus Ihrer Sicht die Fußball-Übertragungen von DAZN entwickelt?
Sie müssen sehen: Wir sind vor rund 16 Monaten gestartet. 2017 war also unser erstes volles Jahr. Für viele war DAZN Neuland und auch für Teile unserer Crew waren die Aufgaben, die anstanden, Neuland – besonders auch was die Fülle an Live-Produktionen angeht. An manchen Sonntagen haben wir bis zu 50 Live-Spiele abgewickelt. Insofern war vieles wirklich sehr spannend. Wir sind von Monat zu Monat besser geworden. Wenn ich mir Übertragungen von Spitzenspielen wie dem Manchester-Derby in England zuletzt anschaue, bin ich richtig zufrieden. Wir haben auch immer mehr probiert. Wir haben in Formate investiert, die nicht live sind, wenn ich an verschiedene Bundesliga-Features denke. Wir haben nicht nur Einzelspiele angeboten, sondern auch erste Konferenzen. Und so werden wir auch 2018 immer einen Schritt weiter gehen. Wir haben viele tolle Ideen. Wir denken gerade über eine Art Sport-Konferenz nach.

Das heißt, sie wollen zum Beispiel Football und Fußball mischen?
Ja, warum nicht? Es finden oftmals viele spannende Sportarten parallel statt – so könnten unsere Zuschauer die parallel schauen. Wir überlegen gerade in welchem Stil wir so etwas aufziehen könnten. Aber das ist aktuell noch Zukunftsmusik und nur eines der Themen, die wir gerade beraten. Sie wissen ja, dass wir ab Sommer Rechte an Champions- und Europa League haben.

Dazu kommen wir noch. Sie haben, vielleicht auch ein bisschen aus der Not heraus, zu Beginn auf viele junge Redakteure und Kommentatoren gesetzt. Diese Jungen haben jetzt auch 16 Monate auf dem Buckel und viel dazugelernt?
Das stimmt. Jeder hat sich positiv entwickelt. Genau das wollten wir. Wir wollten auch neue und unbekannte Stimmen fördern. Aber wir haben auch viele erfahrene Kollegen, wenn ich an Marco Hagemann, Oli Forster oder Uwe Morawe denke.

Gearbeitet wird aber von Ihrer Zentrale aus – direkt aus Ismaning. DAZN hatte im Frühjahr mal angekündigt, auch mehr in die Stadien zu wollen.
Da gab es im August einen Versuchs-Ballon. Wir haben ein Freundschaftsspiel des FC St. Pauli als Produktion vor Ort getestet. Mit Ü-Wagen, mit komplett eigener Produktion. Das war alles live auf der Plattform zu sehen und ich war mit dem Ergebnis zufrieden. Auch das können wir. Es wird sicher passieren, dass wir künftig öfter auch direkt draußen in den Stadien sind. In welchem Ausmaß, das kann ich jetzt noch nicht sagen.

Ich bin aber auch der Meinung, dass man ein Champions-League-Finale ohne Wenn und Aber in jedem Fall direkt vor Ort kommentieren muss.
Jörg Zwacka, Head of Football bei DAZN
«ran» hat es ja mit der NFL ein bisschen salonfähig gemacht, dass Kommentatoren aus Studios kommentieren und auch nur die TV-Bilder sehen. Früher war so etwas bei den Fans nicht so sehr akzeptiert. Es bestand immer die Angst, dass die journalistische Freiheit angesichts der cleanen Bilder, die zur Verfügung gestellt werden, leidet. Hat sich da die Wahrnehmung geändert?
Das mit Sicherheit. Aber man darf das gerne zwiespältig sehen. Ich glaube, DAZN hat bewiesen, dass die Kommentatoren die Spielatmosphäre auch gut ins Wohnzimmer bringen können, wenn sie aus der Box in Ismaning kommentieren. Ich bin aber auch der Meinung, dass man ein Champions-League-Finale ohne Wenn und Aber in jedem Fall direkt vor Ort kommentieren muss. Ich wünsche mir für DAZN eine gesunde Mischung. Dass wir beim El Classico vor Ort sind, vielleicht beim Manchester-Derby. Die bunte Masse an Fußballspielen kann man auch von München aus begleiten.

#merrymatchdays

  • 26. Dezember - 13.30 Uhr Tottenham gg. Southampton mit Lukas Schönmüller & Jonas Hummels
  • Ab 16 Uhr die Boxing Day Konferenz mit Alex Schlüter und Ralph Gunesch in den Pausen. Kommentatoren: Uli Hebel (ManUtd - Burnley), Jan Platte (Chelsea - Brighton), Oliver Forster (Huddersfield - Stoke), Uwe Morawe (Watford - Leicester), Guido Hüsgen (West Brom - Everton)
  • Ab 18.30 Uhr Liverpool - Swansea mit Tino Ploster & Max Nicu
Am Boxing Day, also am 26. Dezember, machen Sie die größte Konferenz, die es ja bei DAZN gab. Fünf Spiele laufen parallel.
Das war zunächst mal echte Überzeugungsarbeit. Wir hatten im Mai schon eine Premier League Konferenz, damals war die Meisterschaft aber schon entschieden. Jetzt bieten wir fünf der sechs 16-Uhr-Spiele als Konferenzschaltung an. Wir mussten dazu das "Okay" der Premier League einholen, weil es in England ja üblicherweise keine TV-Konferenzen gibt. Die Live-Übertragungen von den 16-Uhr-Partien sind in England immer Einzelspiele. Also haben wir der Liga unsere Konferenz aus dem Mai geschickt und haben dann erfreulicherweise das Go bekommen. In der Konferenz spielen bei uns also unter anderem ManUtd, Chelsea und Huddersfield.

Dazu um halb zwei noch Tottenham sowie abends Liverpool. Insgesamt zeigen wir neun von zehn Spielen live und somit so viele wie nie zuvor an einem Spieltag. Wir werden auch eine Kollegin vor Ort haben, die die besondere Stimmung dieses Boxing Days einfangen soll.

Sie haben einst für Sat.1 die Champions League gemacht, waren beim Start von Sky Sport News HD Redaktionsleiter und jetzt sind Sie bei DAZN. Wie anpassungsfähig müssen Sie sein?
Ich muss vor allem mit meinen 46 Jahren noch viel Neues lernen. Ich gehöre ja inzwischen eher zur ARD/ZDF-Zielgruppe. (lacht) Nein, ich musste genauso wie die Zuschauer lernen, was OTT ist, wie verschiedene Systeme und die neue Technik funktioniert. Aber das ist unglaublich spannend.

Bei DAZN zum Beispiel stehen jetzt nicht Moderatoren und Kommentatoren im Mittelpunkt. Der Fokus liegt auf dem Spiel, weil ich überzeugt bin, dass es das Spiel ist, das die Zuschauer interessiert.
Jörg Zwacka, Head of Football bei DAZN
Aber die Produkte von Sat.1, Sky und DAZN entschieden sich ja in Sachen Strategie und inhaltlicher Ansprache deutlich. Sie stehen für die Inhalte: Müssen da eigene Überzeugungen über Bord geworfen werden?
Nein, da bleibe ich mir treu. Auch weil ich Fernsehen noch nie für Journalisten, sondern immer für Fans gemacht habe. Das sollte immer im Vordergrund stehen. Man entwickelt mit dem Lauf der Zeit ein Gefühl dafür, was klappen könnte. Bei DAZN zum Beispiel stehen jetzt nicht Moderatoren und Kommentatoren im Mittelpunkt. Der Fokus liegt auf dem Spiel, weil ich überzeugt bin, dass es das Spiel ist, das die Zuschauer interessiert. Wir debattieren daher sehr genau, wie lang eine Vorberichterstattung zu einem Sport-Ereignis sein muss. Ich bin überzeugt: Man muss davor nicht 90 Minuten diskutieren. Wert legen wir bei DAZN vor allem auf die Gestaltung der Halbzeitpause. Weil es bei uns keine Werbung gibt, haben wir da eine Fläche von rund 13 Minuten, die wir so sinnvoll gestalten wollen, damit der Zuschauer eben nicht wegschaltet.

Sie zeigen da aktuell noch mal Spielhighlights vom aktuellen oder früheren Spielen, Analysen oder auch mal nur Ergebnistafeln. Weil Sie es aber angesprochen haben. Sie besitzen ab Sommer Rechte an Champions- und Europa League. Genau dort ist der aktuelle Übertragungsstandard aber, dass es umfangreiche Rahmenberichte gibt.
Ich hatte das ja vorhin angedeutet. Ich denke, dass DAZN bei ausgewählten Spielen auch im Stadion sein wird. Es ist da noch nicht das letzte Wort gesprochen, wir sind in der Planungsphase. Ich bin ein Freund davon, dass die Reporter den Duft von Bratwurst in der Nase haben und den feuchten Rasen riechen können. Ich finde es auch wichtig, dass sie bei großen Spielen nicht nur das klinische Weltbild sehen, sondern direkt auf den Rasen schauen können. Wir wollen und müssen daher ab 2018 unseren Stil ein bisschen verändern.

Herzlichen Dank für die Infos.
25.12.2017 10:00 Uhr Kurz-URL: qmde.de/97920
Manuel Weis

super
schade

89 %
11 %

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ran

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